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BEE: EU-Projekt prognostiziert Verfehlung der Erneuerbare-Energien-Ziele

Ein von der Europäischen Kommission finanziertes Projekt prognostiziert für Deutschland eine Verfehlung der Erneuerbare-Energien-Ziele bis 2020.

 

Unter Beibehaltung der aktuellen Förderpolitiken werden die sauberen Energiequellen in Deutschland höchstens einen Anteil von 17,3 Prozent am Endenergieverbrauch erreichen, so das Ergebnis der Szenarien-Berechnung aus Keep on Track!. Damit bestätigt das EU-Projektkonsortium die kürzlich vom BEE vorgestellte Kurzexpertise von Dr. Joachim Nitsch, die je nach Szenario zu einem Ergebnis von 17 bzw. 17,2 Prozent kommt.
Sowohl die Nitsch-Kurzexpertise als auch das Keep-on-Track!-Szenario gehen davon aus, dass sich der Erneuerbare Stromsektor in Deutschland weiterhin positiv entwickeln, allerdings die Zuwächse nicht für einen Ausgleich des mangelnden Wachstums im Wärme- und Mobilitätssektor ausreichen. „Eine weitere Begrenzung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien würde deswegen zu einer noch größeren Verletzung unserer internationalen Verpflichtungen führen. Deutschland erreicht dann weder die 18 Prozent Erneuerbaren-Anteil noch die Reduktion der Klimagase um 40 Prozent im Vergleich zu 1990“, sagt Dr. Hermann Falk, BEE-Geschäftsführer.

Für Gesamteuropa prognostizieren die Projektpartner, neben Wissenschaftlern und nationalen Verbänden auch der BEE, lediglich einen Anteil von höchstens 18,4 Prozent bis 2020 – anstelle der avisierten 20 Prozent. Auch wenn 25 Mitgliedsstaaten derzeit ihre Zwischenziele noch erfüllen konnten, wie die Europäische Kommission kürzlich mitteilte: In den nächsten Jahren wird der Zielpfad deutlich steiler und nur mit zusätzlichen Anstrengungen möglich. Die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten sind deshalb jetzt gefordert, über verbindliche nationale Verpflichtungen für 2030 und ein neues flexibles Marktdesign die Voraussetzungen zu schaffen für mehr Erneuerbare Energien. Das wäre zugleich die Grundlage für Investitionssicherheit, regionale und europäische Wertschöpfung und die Einhaltung der Erneuerbaren- und Klimaschutzziele. Falk appelliert an die Bundesregierung,  mit konkreten Maßnahmen den Erneuerbaren-Ausbau zu stützen. Dazu zählt, die Märkte für Photovoltaik, Bioenergie und Wasserkraft im Stromsektor wiederzubeleben sowie die Erneuerbare Wärme und klimafreundliche Mobilität zu stärken.

Keep on Track! Zusammenfassung der Szenarioberechnung 2020 (Stand: Juni 2015)
Die Europäische Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (2009/28/EG) legt fest, welchen Anteil Erneuerbare Energien am Endenergieverbrauch die einzelnen Mitgliedsstaaten im Jahr 2020 erreichen sollen. Für Deutschland gilt ein verbindliches nationales Ziel von 18%. Im Nationalen Aktionsplan für Erneuerbare Energie gemäß der Richtlinie hat die Bundesregierung im Jahr 2010 nach Brüssel gemeldet, dass sie davon ausgeht, dass im Jahr 2020 sogar 19,6% erreicht werden. Erreicht wurden 13%. Im Rahmen des von der Europäischen Union finanzierten Projektes „Keep on Track!“ überprüfen mehrere wissenschaftliche Partner (Fraunhofer ISI, Eclareon, Energy Economics Group der TU Wien) und nationale Verbände (siehe: http://www.keepontrack.eu/about-us/) sowie der BEE seit 2012 die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in mehreren Ländern, darunter auch Deutschland. „Keep on Track!“ überprüft die Erreichung der 2020-Ziele und steht Mitgliedsstaaten mit gesetzlicher, politischer und Marktberatung sowie mit Empfehlungen zur Seite, um auf dem Zielpfad zu bleiben oder die Erneuerbaren-Entwicklung zu korrigieren.
Zusätzlich zur jährlichen Überprüfung des Erneuerbaren-Anteils und der Hindernisse in allen drei Bereichen – Strom, Wärme und Mobilität, werden im Rahmen des Projektes auch Szenarien erarbeitet, die die Entwicklung der Erneuerbaren bis zum Jahr 2020 abbilden sollen.
Der Bericht, der am Montag, 22. Juni, veröffentlicht wurde, vergleicht zwei Szenarien miteinander:

· Das sogenannte BAU-Szenario1, in dem die aktuellen Förderpolitiken ohne weitere Änderungen bis 2020 fortgeführt werden, kommt für Deutschland zu einem Ergebnis on 17,3% EE-Anteil am Endenergieverbrauch in 2020. (1Business-as-usual-Szenario; entspricht einer Trendfortschreibung

· Das Policy-Recommendations-Szenario, das davon ausgeht, dass die Empfehlungen des Projektkonsortiums umgesetzt werden, darunter den Abbau der identifizierten Hindernisse in allen drei Sektoren, kommt für Deutschland zu einem Ergebnis von 21,7% EE-Anteil am Endenergieverbrauch in 2020 (also mehr als 19,6% wie von der Bundesregierung im Jahr 2010 der Kommission gemeldet)
Mit einem Anteil von 17,3% entspricht das BAU-Szenario einer jüngst vom BEE veröffentlichten Kurzexpertise, die zu einem Ergebnis von jeweils 17,0% und 17,2% für 2020 kommt.

Somit ist klar, dass bei Fortsetzung des jetzigen Trends die verpflichtenden nationalen EE-Ziele nicht erreicht werden. Sowohl die BEE-Kurzexpertise als auch das Keep-on-Track-Szenario gehen davon aus, dass sich der Stromsektor weiterhin entwickelt, allerdings die Zuwächse nicht für einen Ausgleich des mangelnden Wachstums im Wärme- und Mobilitätssektor ausreichen. Eine weitere Begrenzung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien würde deswegen zu einer noch größeren Verfehlung des nationalen 18%-EE-Ausbauziels und auch zu der Verfehlung des 40%-Minderungsziel für Klimagase bis 2020 führen.
Auch auf europäischer Ebene kommt das BAU-Szenario zu einem ernüchternden Ergebnis: Die jetzigen Förderpolitiken schaffen es gerade, den EE-Anteil im Jahr 2020 auf 18,4% am Endenergieverbrauch zu steigern. Das steht in keinem Gegensatz zu dem jüngst von der Europäischen Kommission veröffentlichten Fortschrittsbericht zur EE-Richtlinie, nach dem 25 Mitgliedsstaaten ihre Zwischenziele für 2013/2014 erreichen werden. Obwohl sie heute noch
auf dem Weg sind, die Ziele zu erfüllen, wird der Zielpfad gegen Ende des Jahrzehnts steiler und die Erreichung nur mit zusätzlichen Anstrengungen möglich.
Der am Dienstag (16.06.2015) vorgestellte Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission fokussiert die Zielerreichung der vergangenen Jahre. Die Kommission hatte die Entwicklung der ersten Jahre mit zunächst niedrigen Zwischenzielen angesetzt (siehe Graphik) und kam jetzt beim Blick in den Rückspiegel auf eine Übererfüllung Deutschlands. Für die nächsten Jahre hatte die Kommission in ihrer Anfangsprojektion einen sehr starken Anstieg angenommen.
In Deutschland verlief die Entwicklung gegenläufig: Nach einem starken Anstieg in den ersten Jahren hat der Ausbau an Dynamik verloren, so dass bei einer Trendfortschreibung das Ausbauziel verfehlt wird.
Die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten sind deshalb aufgefordert, schon jetzt Weichen für einen verbindlichen und ambitionierten europäischen und nationalen Rahmen für die Entwicklung der Erneuerbaren hin zu 2030 zu stellen. Nur durch klare und verbindliche nationale Verpflichtungen und ein neues Design der Marktvoraussetzungen mit einem erhöhten Anteil fluktuierenden Erneuerbaren im Mittelpunkt können Investitionssicherheit und Projekte angereizt und die EE- und Klimaschutzziele für 2020 erreicht werden.

 


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