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Bausteine für die Zukunft - Speichertechnologie im Gebäude – zum Stand der Dinge

Bereits seit Jahren kreisen die Diskussionen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft um das Thema Stromspeicherung. Von den einen wird es als die große Zukunftshoffnung hochgehalten, die anderen sehen die Speicherung nur als kleinen Baustein im Gesamtkontext der angestrebten Energiewende. Volatilität, Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit – das sind die wiederkehrenden Aspekte, an denen sich die Expertenmeinungen reiben.

Neuer Batteriespeicher 13,2 kWh. Bild: Fraunhofer IBP / Huf Haus

Übersichtskarte Modellvorhaben „Netzwerk Effizienzhaus Plus“. Bild: Fraunhofer IBP

Eigennutzung, Einspeisung und Eigennutzungsgrad des PV-Stroms für das Jahr 2014 für Projekte mit elektrischem Speicher 15).

Eigennutzung, Einspeisung und Autarkiegrad des PV-Stroms für das Jahr 2014 für Projekte mit elektrischem Stromspeicher 16).

 

Im Gebäudebereich werden zunehmend Speichertechnologien eingesetzt, um den am Gebäude regenerativ erzeugten Strom zu einem möglichst hohen Anteil selbst nutzen zu können. Im „Netzwerk Effizienzhaus Plus“ werden im Rahmen der Forschungsinitiative ZukunftBau des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) zahlreiche Modellvorhaben erforscht. Das Fraunhofer Institut für Bauphysik (Fraunhofer IBP) wertet gemeinsam mit Forschungspartnern diverse Leistungsdaten aus – u.a. zum Eigennutzungsgrad der am Gebäude generierten Erneuerbaren Energie – und liefert Aussagen über die Potenziale der Stromspeicherung in Gebäuden.

Bedeutung der Speicherung für den Netzausbau

Der kürzlich bestätigte Netzentwicklungsplan für das Zieljahr 2024 der Bundesnetzagentur zeigt, dass die künftige Entwicklung der Energiespeicherung nach wie vor kaum einschätzbar ist. Eine Speicherung in großem Stil berücksichtigt die aktuelle Netzplanung nämlich nicht. Die konsequente Umsetzung einer dezentralen Energieerzeugung in Kombination mit Speichersystemen würde sich laut Bundesnetzagentur nicht signifikant auf den Stromtransportbedarf auswirken. Als eindrückliches Beispiel wird die Metropolregion Nürnberg genannt: Um den Jahresenergiebedarf der 3,5 Mio Einwohner regenerativ zu decken, beispielsweise mit 3000 Windkraftanlagen, wäre zur Überbrückung einer 3-wöchigen Wind­flaute im Jahresmittel ein Speicher mit der Kapazität von über 58 Mio. Elektroautos vom Typ BMW i3 erforderlich1).  

In kleinen Gemeinden oder verbrauchsschwachen Regionen mit einem hohen Potenzial an regenerativer Energieerzeugung und lokalen Speichermöglichkeiten scheint eine dezentrale Energieversorgung unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit vor Ort allerdings denkbar2). Es wird sogar ein Ausbau der Energiespeicher im Bereich der Eigenversorgung und -speicherung mittels Photovoltaik erwartet. Dessen Relevanz für die Netzplanung hängt von den technischen Fortschritten oder einer massiven Förderung von Speichertechnologien ab3).  

Die VDE-Studie „Der Zellulare Ansatz“ bestärkt sogar den Zusammenhang zwischen einer dezentralen Stromversorgungsstruktur und einem reduzierten Netzausbaubedarf und schlägt hierzu die Einführung kleinteiliger „Energiezellen“ vor: Energie wird erzeugt und direkt in einem lokalen Versorgungsnetz wieder verbraucht, ohne in das Gesamtnetz eingespeist zu werden4). 

Förderung

Sowohl die Fördergeber als auch die Hersteller von Speichersystemen versuchen, genau diesen Strukturwandel langfristig zu erreichen.

Privathaushalte können seit 2013 das KfW-Programm zur Förderung von unterstützenden Energiespeichern in Anspruch nehmen. Seitdem wurden über 12000 Batteriespeicher installiert, Tendenz zunehmend. Bereits in den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden 35% mehr Solarstromspeicher gefördert als im Vorjahreszeitraum5).

Ergänzend wird die KfW ab April 2016 das Förderprogramm „KfW-Effizienzhaus 40 Plus“ anbieten. Hier wird mit einem höheren Kreditbetrag als bisher der Mehraufwand gefördert, in Ergänzung zu einem hohen Gebäudestandard einen wesentlichen Teil des Energiebedarfs unmittelbar am Gebäude zu erzeugen und zu speichern. Um die Markteinführung des Effizienzhaus Plus-Standards auf weitere Gebäudenutzungen aufzuweiten, läuft momentan der Aufruf des BMUB zur Förderung von Bildungsbauten als Modellprojekt6).  

Wirtschaftlichkeit

Zusätzlich zu den Förderangeboten ergibt sich für den Privathaushalt unter dem Blick der reinen Verbrauchskosten ein weiterer Anreiz zum Einbau eines Speichers: Durch die Einbindung eines Speichers ist es möglich, den selbst erzeugten Solarstrom zu einem höheren Anteil auch selbst zu nutzen und damit weniger ins öffentliche Netz einzuspeisen. Derzeit liegt der Strompreis durchschnittlich bei rund 29 Ct/kWh7) und damit häufig über den Gestehungskosten des selbsterzeugten PV-Stroms und der Einspeisevergütung von etwa 12 Ct/kWh.

Sollte die Einspeisevergütung für Solarstrom in Zukunft komplett entfallen und sich die Stromspeicherkosten aufgrund der zunehmenden Marktreife deutlich reduzieren, würde es laut Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, betriebswirtschaftlich optimal sein, rund 70 % des auf dem Dach erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen. Das bedeutet: Die Anlagen würden tendenziell kleiner; dafür käme im Regelfall ein Stromspeicher im Keller hinzu8).

Stromspeicher – die Qual der Wahl?

Derzeit gibt es etwa 50 Hersteller, die elektro-chemische Speicher für den Gebäudebereich anbieten. Momentan konkurrieren am Markt vor allem zwei Batterietypen: Blei-Gel-Akkus und Lithiumbatterien (siehe Tabelle).

Die Lebensdauer einer Batterie lässt sich mit zwei Kennzahlen angeben: Die Zyklenanzahl gibt an, wie oft eine Batterie be- und entladen werden kann, bevor ihre Kapazität auf 80% des Ausgangswerts gesunken ist. Die Entladetiefe entspricht der Differenz zwischen minimal und maximal zulässigem Ladezustand der Batterie10).  

Neben dem Systemwirkungsgrad des Speichersystems – abhängig von den Wirkungsgraden der Einzelkomponenten und deren Zusammenspiel – ist die Einbindung des Speichers in das Gesamtsystem der technischen Gebäudeausrüstung für die Wirtschaftlichkeit der PV-Speicher-Anlage von entscheidender Bedeutung.

Modellvorhaben im „Netzwerk Effizienzhaus Plus“

Um u.a. das Zusammenspiel der Systemkomponenten im Gebäudebetrieb zu untersuchen und griffige Entscheidungs- und Planungsgrundlagen zu generieren, werden im „Netzwerk Effizienzhaus Plus“ 36 Modellvorhaben mit unterschiedlichen Technologien realisiert und einem zweijährigen Monitoring unterzogen. 34 Gebäude sind bereits fertiggestellt. Hiervon haben 25 Projekte eine Monitoringperiode von über einem Jahr durchlaufen, 13 sogar vollständig beide Jahre. Bei 4 Gebäuden läuft der Monitoring-Prozess im ersten Messjahr11).  

Bereits seit 2012 wird am „Effizienzhaus Plus“ mit Elektromobilität in Berlin die Wiederverwendung von gebrauchten Lithium-Ionen-Akkus als Hausspeicher erprobt12). Zu diesem Zweck hat die Firma BMW gebrauchte Zellen aus deren Versuchen mit der Elektromobilität zur Verfügung gestellt. Während Batterien ab einer Restkapazität unterhalb von 80% in Elektrofahrzeugen ausgetauscht werden müssen, können diese in einem Hausspeichersystem weiterhin eingesetzt werden. Nachdem der Prototyp in Berlin drei Jahre lang im Einsatz war, wird er zum Ende des Jahres abgebaut und die einzelnen Zellen werden erneut auf ihre Restkapazität hin untersucht.

18 der „Effizienzhäuser Plus“ sind mit einem Stromspeicher ausgestattet, wie z.B. das Modellprojekt in Berlin. Die Batteriekapazitäten liegen zwischen 3,5 und 40 kWh im Ein- und Zweifamilienhausbereich und bis zu 250 kWh für Mehrfamilienhäuser13).   

Durch die Einbindung von Stromspeichern in die Gebäudetechnik lassen sich theoretisch Eigennutzungsgrade zwischen 60% und 70% erzielen. Diese Planungs- und Zielgröße wurde im Modellprojekt „Effizienzhaus Plus“ mit Elektromobilität in Berlin im Jahr 2013 sogar erreicht. Ohne die Nutzung von Batterien ist es kaum möglich, mehr als 30% des durch Photovoltaik erzeugten Stroms im Gebäude selbst zu nutzen14).

Die im Jahr 2014 durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik evaluierten „Effizienzhäuser Plus“ mit Speicher erreichten im Schnitt einen Eigennutzungsgrad des Solarstroms von 34%, die ohne Speicher lediglich einen Eigennutzungsgrad von 23%.

Der durch die Eigennutzung des PV-Stroms erreichte Autarkiegrad lag bei Effizienzhäusern mit Stromspeicher im Mittel bei 52% – mit maximalem Autarkiegrad von 87% –, bei Gebäuden ohne Speicher bei 32%.

Bei vielen der eingesetzten Speicher handelt es sich um Prototypen, die derzeit erforscht werden. Die unter Realbedingungen erreichten Messgrößen weichen teilweise deutlich von den Zielwerten ab. Allerdings waren bei mehreren Stromspeichern Messausfälle zu verzeichnen, sodass weiterer Untersuchungsbedarf besteht und keine allgemeingültigen Dimensionierungsparameter gegeben werden können. 

Informationsstelle „Effizienzhaus Plus“

Um die Ergebnisse aus dem Netzwerk an fachlich Interessierte weiterzugeben, Kontakt zu Forschungseinrichtungen herzustellen und eine umfassende Beratung und Information bei allen Fragen zum energieeffizienten Bauen anbieten zu können, hat das BMUB die Informationsstelle Effizienzhaus Plus eingerichtet. Bei Fragen rund um die Modellvorhaben aus dem Netzwerk Effizienzhaus Plus sowie zu Fragen zur Förderung ist die ZEBAU – Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt GmbH seit September 2015 als Informationsstelle aktiv. Weitere monatsaktuelle Informationen, u.a. auch die Mess­ergebnisse aus dem Monitoring der Modellprojekte, sind auf der Projekthomepage der Forschungsinitiative ZukunftBau zu finden17).

Ausblick

Modellprojekte, technologieoffene Förderprogramme, technische Entwicklung, Austausch von Expertenwissen – all dies sind wichtige Bausteine auf dem Weg des Bauens für die Zukunft. Die Speichertechnologie als branchenübergreifendes Entwicklungsfeld spornt viele Hersteller an, wirtschaftlich interessante Produkte zu präsentieren. Neue Technologien wie Nickel-Mangan-Kobald-Batterien könnten schon bald auch am Markt für Hausspeicher eine größere Rolle spielen. Werden diese Produktneuheiten in zahlreichen Modellprojekten eingesetzt und die Forschungen im Bereich der Zellchemie und der Batteriesystemtechnik vorangetrieben, können Speichersysteme in naher Zukunft marktgängige Preise erreichen und als aktiver Bestandteil im Bereich des energieeffizienten Bauens zur angestrebten Energiewende beitragen.Legenden:

1) Siehe data.netzausbau.de/2024/NEP/NEP2024_Bestaetigung.pdf, S. 91

2) Siehe data.netzausbau.de/2024/NEP/NEP2024_Bestaetigung.pdf, S. 91

3) Siehe data.netzausbau.de/2024/NEP/NEP2024_Bestaetigung.pdf, S. 25

4) Siehe www.vde.com

5) Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kfw.de

6) Weitere Informationen unter http://www.forschungsinitiative.de/effizienzhaus-plus/foerderprogramm/

7) www.strompreise.de/strompreis-kwh/

8) http://www.detail.de/artikel/stromspeicher-fuers-haus-zukunftstechnologie-oder-geldverschwendung-10718

9) Siehe www.bw-energy.de und www.energie-experten.org

10) Siehe EKF – Energie- und Klimafonds 2013: Markübersicht Hausbatterien, S. 46

11) Fraunhofer IBP, Stand September 2015

12) Siehe http://www.forschungsinitiative.de/effizienzhaus-plus/forschung/begleitforschung-bmub-haus/evaluation-stromspeichersystem

13) Siehe Fraunhofer IBP: Energieeffizienter Neubau von Wohngebäuden – Begleitforschung und Querauswertung von Modellvorhaben (Phase 2). Stuttgart 2015, S. 35

14) Siehe BMUB (Hrsg.): Wege zum Effizienzhaus Plus. Berlin 2014, S. 41

15) Fraunhofer IBP: Energieeffizienter Neubau von Wohngebäuden – Begleitforschung und Querauswertung von Modellvorhaben (Phase 2). Stuttgart 2015, S. 49

16) Fraunhofer IBP: Energieeffizienter Neubau von Wohngebäuden – Begleitforschung und Querauswertung von Modellvorhaben (Phase 2). Stuttgart 2015, S. 50

17) http://www.forschungsinitiative.de/effizienzhaus-plus

Begrifflichkeiten

• Eigenverbrauchsanteil = Eigenverbrauch PV-Strom / PV-Ertrag
• Der Eigenverbrauchsanteil (auch Eigennutzungsgrad) bezieht sich auf den durch die PV-Anlage generierten Strom und sagt aus, wieviel des selbst generierten Stroms im Gebäude verbraucht wird.
• Autarkiegrad = Eigenverbrauch PV-Strom / Gesamtstromverbrauch
• Der Autarkiegrad bezieht sich auf den Gesamtstromverbrauch des Haushalts und benennt, wieviel des Strombedarfs durch das PV-Speicher-System erzeugt werden kann.

 


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