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Thema: Kundengespräch „Heizkostenrechnung beurteilen“

Die Heizkosten für ein Gebäude oder eine Wohnung unterliegen vielfältigen Rahmen­bedingungen, die in einem Beratungsgespräch ermittelt werden können.

 

Die Betriebskosten von Wohngebäuden haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Viele Hauseigentümer oder Mieter von Wohnungen fragen ihren Heizungsfachmann, ob die Heizkosten realistisch sind und ob sie bei den Betriebs- bzw. Heizkosten einsparen können. Eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Liegt es an falschen Abrechnungsdaten, der veralteten Anlagentechnik, ist der Einbau einer Solaranlage sinnvoll, kann bei der Wartung eingespart werden, wie könnte energetisch saniert werden oder welche Einspareffekte sind durch richtiges Heizen erzielbar? Um auf solche Fragen antworten zu können, ist vielfältiges Wissen über die unterschiedlichsten Zusammenhänge des Gesamtkomplexes Gebäudebeheizung erforderlich. Vieles kann man sich durch Zuhören, Nachlesen und durch selbst Nachfragen mit der Zeit aneignen.

 

Bevor man einem Kunden antworten und Ratschläge geben kann, muss man sich die Frage zunächst selbst beantworten. Dies in einem Kundengespräch dann noch sach- und fachgerecht zu formulieren, kann eine weitere Schwierigkeit sein, die durch Übung überwunden wird. Hierbei hilft oft ein Rollenspiel mit einem Kollegen, wobei jeder eine bestimmte Rolle (Kunde/Fachmann) übernehmen kann.

Wie ist auf die Frage des Kunden einzugehen?
Zunächst ist es wichtig, den Kunden ernst zu nehmen und ihn ausreden zu lassen. „Die Gasrechnung ist erheblich gestiegen, habe ich wirklich so viel verbraucht?“ Nach der Frage erfolgt eine kurze Pause. Der Fachmann überlegt: Habe ich...

  • die Situation erfasst?
  • muss ich nachfragen?
  • die Frage richtig verstanden?
  • eine mögliche Antwort dafür?

Oder er stellt selbst weitere Fragen: „Wie hoch ist Ihr festgestellter Verbrauch? Ist er im Vergleich zu den letzten Jahren gestiegen?“ Der Fachmann überlegt: Wie kann ich den tatsächlichen Verbrauch bzw. die Kosten genauer erfahren? „Zur Beurteilung müsste ich Ihre Energieabrechnung kennen.“ Zeigt der Kunde dem Fachmann die Rechnung des Energielieferanten (Heizöl), Versorgungsunternehmens (Gas/Strom) oder die Heizkostenabrechnung des Vermieters, kann er den abgerechneten Verbrauch für das Gebäude oder die Wohnung ablesen bzw. erkennen.
Nun beginnt die Analyse zur ursprünglichen Frage, dem hohen Verbrauch. Der Fachmann überlegt: Kann ich mit nur einer Abrechnung eine qualifizierte Bewertung durchführen? „Haben Sie noch weitere Abrechnungen der zurückliegenden zwei bis drei Jahre?“ Liegen diese vor, können sie als weitere Beurteilungskriterien dienen. Liegen sie nicht vor, kann die Einschätzung nur für den vorliegenden Abrechnungszeitraum erfolgen.

Einflussgröße zur Beurteilung klären
Der Fachmann macht sich in einem Dialog mit dem Kunden mit den Gegebenheiten vertraut:

  • „Wie groß ist Ihr Gebäude/Ihre Wohnung?“
  • „Wie viel m² Wohnraum nutzen Sie?“
  • „Beheizen Sie weitere Nutzflächen?“
  • „Wie wird das Warmwasser erzeugt?“
  • „Welches Heizsystem ist eingebaut?“

Nun kann mit einer groben Beurteilung zum Verbrauch begonnen werden.

Allgemeine Kundeninformation
Die Energiekosten für Warmwasser und Heizungswärme sind abhängig von der Bausubstanz (Alter, Sanierungszustand), aber auch von den Nutzergewohnheiten. Mitunter liegen sie bei über 1 Euro/m² monatlich. Diese Info hilft dem Kunden evtl., seine eigenen Verbrauchskosten grob einzuschätzen.
Der Fachmann wird aufgrund des Verhältnisses „Kosten/m²“ dem Kunden dessen wirklichen Aufwand für Energie aufzeigen. Hierbei ist die Auffassungsgabe und das technische Wissen sowie Verständnis des Kunden zu berücksichtigen.
Der Fachmann weiter: „Vergleichen wir Ihre Kostenrechnung mit der beheizten und/oder bewirtschafteten Wohn- und Nutzfläche.“
Beispiel: Die Abrechnungsdaten des Ener­gielieferanten lauten: Rechnungssumme 2000 Euro bzw. ca. 20.000 kWh für den Zeitraum vom 21.3.2012 bis 17.3.2013 – für 12 Monate. „Dies entspricht ca. 2000 m³ Gas bzw. 2000 l leichtem Heizöl. Damit beheizen Sie ca. 200 m² Wohnfläche und erzeugen Ihr Warmwasser. Will man die überschlägigen Kosten je m² bestimmen, ist die Rechnungssumme durch die Wohnfläche zu teilen. Daraus ergibt sich, dass Sie ca. 10 Euro pro m² und Jahr bzw. 1/12, das sind 0,83 Euro/m², im Monat aufbringen.“ Mit dieser Vorgehensweise kann zunächst jeder Kunde einfach selbst seine Kos­ten je m² bzw. die Gesamtwohnfläche bestimmen.
Hat der Kunde Informationen über die neue Energieeinsparverordnung und das Energielabel gelesen, wird dieser vielleicht nachfragen: „In welchem Bereich des neuen Energielabels befindet sich mein Gebäude – meine Wohnung – meine Energiekos­ten?“ Der Fachmann: „Ab Mai 2014 ist zur Beurteilung des Energiebedarfs eines Gebäudes ein neues Label der EnEV 2013 anzuwenden.“ Nach Möglichkeit wird dieses gezeigt.
„Sehen Sie hier. Der farbige Bandtacho mit seinen Energieeffizienzklassen von A bis H und der Zahlenskala 30 bis 250 wird zur Beurteilung des Energiebedarfes in kWh je m² und Jahr eines Gebäudes verwendet. In Ihrem Falle müssen wir die gelieferte Energie (20.000 kWh) durch Ihre Wohnfläche (200 m²) teilen. Rechnerisch ergibt dies, dass Sie einen Energieverbrauch von ca. 100 kWh/(m² · a) für Ihr Gebäude bzw. Ihre Wohnung hatten. Diesen Verbrauch tragen wir als Pfeil in den Bandtacho ein. Aus dem berechneten Wert wird der Primärenergiebedarf – dies sind Zuschläge für die Förderung, den Transport und weitere Hilfsenergie – mithilfe eines Faktors, z.B. 1,2, ermittelt. Anhand der Gebäude-Energieeffizienzklassen von A bis H – Niedrigenergiehaus bis energetisch zu sanierender Altbau – werden Gebäude bzw. deren technischer Stand beurteilt. Die erreichte Klasse D liegt hierbei im Standardbereich.“
Sicherlich wird es nach dieser Feststellung zu weiteren spezifischen Fragen kommen, z.B. nach der Kostenaufteilung für Heizung und Trinkwassererwärmung: „Welcher Kostenanteil ist für das Heizen bzw. die Warmwassererzeugung anzusetzen?“ In Abhängigkeit des Wärmeerzeugungssystems liegen die Kosten für die Trinkwassererwärmung zwischen 30% und 40% der Energiekosten. „Nach dieser Information müssten Sie ca. 600 bis 800 Euro für die Warmwassererzeugung ansetzen.“ Möchte der Kunde für sich genauere Angaben, so sind zunächst weitere Rahmenbedingungen zu klären.
Der Fachmann macht sich in einem weiteren Dialog mit dem Heiz-, Bade- bzw. Duschverhalten des Kunden vertraut:

  • „Welche Temperaturen bzw. Einstellungen am Thermostaten haben Sie in den einzelnen Räumen eingestellt?“
  • „Ist in der Regelung eine Nachtabsenkung einprogrammiert? Zu welchen Zeiten heizen Sie?“
  • „Welche Warmwassertemperatur ist am Speicher eingestellt? Ist ein Zirkulationssystem vorhanden?“
  • „Wie viele Personen leben in Ihrem Haushalt? Können Sie etwas über das Bade- und Duschverhalten sagen?
  • „Sind Verbrauchsmessgeräte wie Wärmezähler oder Warmwasserzähler eingebaut?“

Durch Erfragen und Besichtigung der Anlage hat der Fachmann viele Informationen, die er nutzen kann. „In Ihrem Fall wird das Warmwasser über einen Heizkessel mit unten liegendem Speicher von 400 l Inhalt erzeugt. Für jede Person können wir nach deren Bade- und Duschverhalten von 30-50 l Warmwasserverbrauch täglich ausgehen. Bei Ihrem 6-Personenhaushalt sind dies ca. 250 bis 300 l Warmwasser täglich mit einer Temperatur von 60°C. Auf das Jahr gerechnet sind dies ca. 110 m³ (300 l x 365 Tage). Das kalte Wasser tritt im Schnitt mit ca. 12°C in den Trinkwassererwärmer ein und muss um 48 K auf ca. 60°C erwärmt werden.“

Allgemeine Information
Um 1 kg (l) Wasser um 1°C (K) zu erwärmen, sind 1,163 W Energie erforderlich. Der Einfachheit halber umgerechnet auf 1 m³ bedeutet dies 1,163 kWh pro 1°C (K) Erwärmung. „In Ihrem Falle ergibt sich für 110 m³ Wasser ein Energieaufwand für die Erwärmung von
1,163 kWh/(m³ · K) · 110 m³ · 48 K = 6140,64 kWh.
Bezogen auf Ihre Rechnung sind dies ca. 30%. Darin sind jedoch keinerlei Verluste für die Abgase, die Stillstände, die Leitungsisolation und das Zirkulations­system enthalten.“
Während der Ausführung sollte dem Kunden die Möglichkeit für Zwischenfragen gegeben werden. Vor Ende des Gespräches ist eine Zusammenfassung sinnvoll. Der Kunde kann eventuell seine Frage nun selbst beantworten. „Wie beurteilen Sie nun Ihre Heizkosten selbst?“ Aus den Äußerungen ergibt sich, ob und wie der Kunde die Aussagen verstanden hat.
„Meine Ausführungen ersetzen jedoch keinen Energieberatungsbericht bzw. Energiepass, der für vermietete oder zum Verkauf stehende Wohnungen bzw. Immobilien gesetzlich vorgeschrieben ist.“ Heizungsanlagen sind sehr komplexe Systeme, bei denen sich durch unterschiedliche Methoden Energie und damit oft erhebliche Heizkosten einsparen lassen: Kessel, Pumpen, Regelung, Rohrleitungen, Heizkörper, Dämmungen und Thermostatventile können zum Teil für sehr wenig Geld dahingehend optimiert werden. Dies erfordert eine fundierte Aufnahme der verschiedensten Parameter, auch der Gebäudehülle und Beurteilung der Machbarkeit unterschiedlichster Maßnahmen. Dies wird mithilfe eines Energieberatungsberichtes erfasst und dokumentiert.

 


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