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Aus der betrieblichen Beratungspraxis

Teil 6: Lieferantenregress – 5 Jahre Gewährleistung ohne Wenn und Aber

Komplexe Arbeiten bedeuten häufig fünf Jahre Gewährleistung – auch für Lieferanten. Bild: ZVSHK

 

Mängel sorgen in der SHK-Branche häufig für Diskussionen. Das gilt umso mehr, je anspruchsvoller die Technik und ausgefeilter die verwendeten Komponenten sind. Gibt es Probleme mit einem installierten Bauteil oder verwendetem Material, stellt sich dann nicht nur die Frage, ob überhaupt ein Gewährleistungsfall vorliegt und wer von wem was verlangen kann. Nicht selten streiten die Beteiligten auch darüber, wie lange Handwerk, Handel und Hersteller für Mängel einstehen müssen. Vor allem, wenn es um den Rückgriff des Installationsbetriebs gegenüber seinem Lieferanten geht, tauchen erfahrungsgemäß Missverständnisse und Mutmaßungen auf. Und das, obwohl der Gesetzgeber bereits 2002 eine Benachteiligung weitgehend beseitigt hatte, die gerade von den Ausbaugewerken lange Zeit als ungerecht empfunden wurde: Die unterschiedlich langen Verjährungsfristen für Mängelansprüche bei vorproduzierten Anlagenteilen in der Lieferkette.

Was hat die Schuldrechtsreform gebracht?
Jahrzehntelang galt: Während der Bauhandwerker fünf Jahre für die Fehlerfreiheit des gesamten Werkes – einschließlich der von anderen zugelieferten Bauteile – haftete, konnte er selbst wegen Mängeln an diesen Zulieferteilen seinen Verkäufer nur sechs Monate lang in Anspruch nehmen. Dann kam die sogenannte Schuldrechtsreform – und mit ihr sollte diese Gewährleistungsfalle durch eine Synchronisierung der Fristen nahezu beseitigt werden.
Allerdings scheint dies im Jahr 15 seit dieser Vereinheitlichung der Fristen immer noch nicht bei allen angekommen zu sein. Ob bewusst oder unbewusst, tun einige Händler und (direkt liefernde) Hersteller so, als habe es die beschriebene Neuregelung des Jahres 2002 nicht gegeben. Darauf deuten Erfahrungen aus der Beratungspraxis und Aussagen von Lieferanten, die das nicht umsetzen (wollen) oder versuchen, zum Beispiel die seitdem für Sie geltende gesetzliche Frist von fünf Jahren in ihren AGB abzukürzen.

Wer haftet wie lang für Mängel?
Ansprechpartner des Handwerks bei Mängeln ist in erster Linie der Verkäufer des Materials, der aufgrund des Kaufvertrages im Rahmen der gesetzlichen Gewährleis­tung für Fehler der von ihm gelieferten Sachen haftet. Seine Gewährleistung orientiert sich zeitlich daran, was im Verhältnis von Endkunde zum ausführenden Fachbetrieb mit den gelieferten Sachen passiert. Entscheidend etwa für den fünfjährigen Rückgriff nach § 438 BGB ist, dass die gelieferte Kaufsache „entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat“. Wurde zum Beispiel eine komplette Heizungs- oder Lüftungsanlage installiert oder eine Badsanierung umgesetzt, muss der SHK-Betrieb fünf Jahre für Mängel geradestehen. Und er hat nach dem Gesetz auch fünf Jahre Zeit für den Rückgriff wegen Mängeln an den Sachen, die ihm dafür von seinem Verkäufer geliefert wurden (unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Großhändler oder direkt vertreibenden Hersteller handelt).
Ähnliches gilt bei „kurzer Gewährleis­tung“: Hat der ausführende Betrieb bei seinem Kunden lediglich repariert, gewartet oder eine Anlage instandgesetzt und Zulieferteile nur im Rahmen eines sogenannten „kleinen Werkvertrages“ eingebaut (Arbeiten, die keine wesentliche Bedeutung für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Nutzbarkeit von Gebäuden haben), haften Handwerk wie Lieferant lediglich zwei Jahre. Hat der Endkunde zwei Jahre Gewährleistung, haftet so lange auch der Lieferant des Handwerks für die Mangelfreiheit der von ihm verkauften Bauteile.
Über die Dauer seiner Haftung entscheidet also nicht die Art und Weise des vom Lieferanten verkauften Bauteils, sondern nur die Art und Weise, wie dieses letztlich „am Ende der Lieferkette“ verwendet bzw. installiert wurde.
Mit der Synchronisierung der Gewährleistungsfristen wurde damit das zeitliche Risiko, die Zulieferer des Handwerks bei Produktmängeln nicht mehr in Regress nehmen zu können, weitgehend minimiert. Denn konkret erhöht es sich, je länger das gelieferte Anlagenteil beim Werkunternehmer lagert, bevor auch dafür nach dem Einbau bzw. der Abnahme durch den Kunden die entsprechende Gewährleistungsfrist läuft.

Mangelrückgriff vor Gericht: Fristverkürzung durch AGB?
Nachdem sich diese Erkenntnis in den letzten Jahren auch auf Lieferantenseite zunehmend durchgesetzt hat, wird hier und da versucht, die drohende Fünf-Jahres-Frist über das „Kleingedruckte“ abzukürzen. Dass man es sich so einfach nicht machen kann, hat das Landgericht Köln als eines der ersten schon im Jahre 2007 entschieden und dazu festgestellt:

  1. Beim Kauf von Bauteilen und Komponenten für eine in ein Gebäude zu installierende Klimaanlage verjähren Mängelansprüche des Käufers in fünf Jahren.
  2.  Die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche des Käufers von Bauteilen kann auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen des Lieferanten verkürzt werden.

In dem entschiedenen Fall stritten die Kontrahenten über die Frage, wann Mängelansprüche des Käufers für Bauteile einer größeren Klimaanlage verjähren. Dabei ging es um tonnenschwere sogenannte Schraubenverdichter, die vom Hersteller an einen Klimaanlagenbauer verkauft und von diesem beim Endkunden eingebaut worden waren. Aufgrund von Mängeln an einem der Bauteile, die als Element der Klimatechnik fest mit der Produktionsanlage verbunden waren, forderte der Kältetechniker von seinem Lieferanten Mängelbeseitigung. Das lehnte der Verkäufer unter Hinweis auf seine Lieferbedingungen ab. Darin hieß es: „Die Gewährleistungsfrist beträgt 12 Monate nach Ablieferung der gelieferten Gegenstände“.
Das Gericht entschied, dass sich der Lieferant nicht auf Verjährung berufen könne. Dazu stellten die Richter ausdrücklich fest: „Die Neuregelung (Anm.: 5 Jahres-Mängelhaftung für Verkäufer durch BGB-Novelle in 2002) trägt den Interessen von Bauhandwerkern Rechnung, die gegenüber ihren Vertragspartnern nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB einer fünfjährigen Verjährungsfrist ausgesetzt sind und nicht in den Regressmöglichkeiten gegenüber ihren Lieferanten beschränkt sein sollen.“ Das betreffe nicht nur die Verwendung im Neubau, sondern gelte auch für „Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für die Konstruktion, den Bestand, die Erhaltung oder die Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden“.
Die in den AGB vorgesehene Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf nur noch ein Jahr war nach Feststellung des Landgerichts Köln auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr schlicht unwirksam. Denn die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche könne durch Lieferbedingungen nicht verkürzt werden, weil diese im BGB fixierte Verjährungsfrist nach § 309 Nr. 8 b) ff) BGB nicht dispositiv ist – also auch durch AGB nicht abgeändert werden kann.
Andere Gerichte haben diese Auffassung mittlerweile bestätigt. Das Oberlandesgericht Naumburg entschied 2010 im Einklang mit der Vorinstanz (Urteil vom 26.05.2010, Az.: 10 U 60/08), dass AGB-Klauseln generell unwirksam sind, die die gesetzliche Verjährungsfrist für Mängelansprüche von fünf Jahren nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist, auf sechs Monate bzw. zwei Jahre verkürzen. Im Kern argumentierten beide Instanzen mit dem Zweck des Verbotes der Verjährungsverkürzung: Den Bauhandwerkern solle der Rückgriff auf den Lieferanten mangelhaften Baumaterials nicht versperrt werden; eine AGB-mäßige Fristverkürzung sei eben nicht mit dem Grundgedanken des BGB zu vereinbaren und würde einseitig zulasten des Käufers das Interesse des Lieferanten an einem möglichst frühzeitigen Haftungsausschluss bevorzugen.

Gewährleistung, Garantie – und HÜV
Sollten also Lieferanten versuchen, die ihnen in solchen Fällen vom Gesetz vorgeschriebene Verjährungsfrist für Mängelansprüche von fünf Jahren über AGB zu reduzieren, können alle diejenigen, die die gekauften Produkte im genannten Sinne bestimmungsgemäß für ein Bauwerk verwendet haben, darauf verweisen, dass eine solche Fristverkürzung unwirksam ist. Und der nicht unübliche Hinweis darauf, dass der Vorlieferant leider keine längere Haftungszusage gebe, hilft dem Lieferanten ebenso wenig aus der Haftung wie der Hinweis auf ­abgelaufene Garantien. Deren zeitlichen und inhaltlichen Umfang kann der Hersteller zwar selbst bestimmen. Sie haben aber mit der hier besprochenen gesetzlich geregelten Gewährleistung und ihrer Verjährung nach dem BGB nichts zu tun.
Als Mitglied der SHK-Verbandsorganisation kann sich der Fachbetrieb übrigens viele Diskussionen ersparen, wenn es Probleme mit Bauteilen von Herstellern gibt, die mit dem ZVSHK eine sogenannte Haftungsübernahmevereinbarung abgeschlossen haben. Auf Basis dieser besonderen Haftungszusagen kann der Innungsbetrieb seine Mängelansprüche direkt beim Gewährleistungspartner der Industrie, der für die Mängel verantwortlich ist, geltend machen. Und das genau so lang, wie er selbst in der Haftung steht. Dieser Vorteil für Verbandsmitglieder kann im Gewährleistungsfall Gold wert sein.

Autor: RA Peter Schlüter

 

In der sechsteiligen Artikelserie „Aus der Beratungspraxis“ beantworten technische, betriebswirtschaftliche und juristische Berater des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima NRW Fragen aus der betrieblichen Praxis, die ihnen wiederkehrend gestellt werden. Der letzte Artikel dieser Serie beleuchtet das Thema „Lieferantenregress“ und wurde verfasst von Peter Schlüter, Rechtsanwalt und Geschäftsführer Recht des Fachverbandes SHK NRW. Neben arbeits- und tarifrechtlichen Fragen berät der Jurist Innungsbetriebe vor allem im Werkvertrags-, Bau- und Kaufrecht, zur VOB und in Vergabesachen.
Teil 1: Heizungsfülleinrichtung nach aktueller Norm – auch für den Bestand (Heft 22/2016).
Teil 2: Aufklärungs-, Prüfungs-, Beratungspflichten des Installateurs (Heft 23/24/2016).
Teil 3: Mindestlohn – Entspannt sich die Lage? (Heft 1/2/2017).
Teil 4: Big Brother im Kundendienstfahrzeug? Tipps im Umgang mit GPS-Systemen (Heft 4/2017).
Teil 5: GoBD oder warum der korrekte Umgang mit Rechnungen so wichtig ist (Heft 6/2017).

 


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