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Ableitbedingungen von Schornsteinen könnten sich verschärfen

Branchenverbände sprechen sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen die vom Bundesrat angestrebten BImSchV-Änderungen aus

Es geht um den Schornstein. Branchenverbände warnen vor unausgereiften Regelungen. Bild: Pixelio

Welche Entwicklung wird die Ableitung von Emissionen aus Holzfeuerungen und ihren Schornsteinhöhen weiter nehmen? Das Bild links zeigt die gesetzliche Anforderung, die noch bis Mitte 2019 gilt. Bild rechts zeigt die künftige Anforderung gemäß Bundesrats-Beschluss. Bei der geforderten Differenzhöhe ist ggf. eine Abspannung erforderlich. Bilder: ZIV

Halle und Standnummern der im Beitrag genannten Branchenverbände auf der ISH.

 

Der BDH, der ZIV, der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband DEPV, der HKI und der ZVSHK warnen, dass im Rahmen der EU-rechtlich geforderten Überführung einiger Feuerungsanlagen der Leistungsklassen 1 bis 50 MW aus der 1. BImSchV in die 44. BImSchV durch die Hintertür auch neue Kleinfeuerungen der 1. BImSchV Verschärfungen unterzogen werden könnten. Es geht um die Ableitbedingungen.

Im Bundesratsbeschluss zur 1. BImSchV aus dem Jahr 2009 heißt es: „Nach Auffassung des Bundesrates bleibt die in § 19 Abs. 1 der Verordnung enthaltene Regelung zu den Ableitungsbedingungen für Abgase bei Feuerungsanlagen mit ­einer Feuerungswärmeleistung mit weniger als 1 MW im Hinblick auf den Schutz der Nachbarschaft hinter der geltenden Rechtslage zurück, da die dort vorgesehenen Abstandsregelungen lediglich brandschutztechnischen Anforderungen Rechnung tragen, aber nicht in jedem Fall eine ausreichende Verdünnung der Abgase und einen ungestörten Abtransport mit der freien Luftströmung gewährleis­ten. Der Bundesrat hält eine Überarbeitung der Verordnung in diesem Punkt für dringend geboten.“
Eine Änderung wie vom Bundesrat gefordert der 1. BImSchV hat es in der Sache seit 2010 jedoch nicht gegeben. Jetzt aber könnte sie kommen, und zwar durch die Hintertür.

Bundesrat will durch die Hintertür
Der Bundesrat will nämlich im Zuge der EU-rechtlich geforderten Überführung nicht genehmigungspflichtiger Öl- und Gas-Feuerungsanlagen der Leistungsklassen 1 bis 50 MW aus der 1. BImSchV in die 44. BImSchV auch die Ableitbedingungen für Feuerungsanlagen kleiner
1 MW, die in der 1. BImSchV geregelt sind, verändert wissen. Der Bundesrat will erreichen, dass Schornsteine bei neu eingebauten oder wesentlich geänderten Anlagen zukünftig firstnah angeordnet sein und den First um 40 cm überragen müssen. Andernfalls, oder wenn trotz Einhaltung dieser Vorgaben erhebliche Belästigungen entstehen, soll der Schornstein nach dem Stand der Technik ausgeführt werden. Der Stand der Technik ist in der aktualisierten VDI 3781 Blatt 4 „Ableitbedingungen für Kleinfeuerungsanlagen“ festlegt.
Eine Regelung für Altanlagen, die nicht wesentlich geändert werden, sieht der Bundesrat nicht vor.

Höhere Anforderungen an Holz
Viele Gebäude werden laut Ansicht der Verbände diese geänderten Anforderungen einhalten. Für einen aber nicht unerheblichen Teil der Gebäude könnte der Vorstoß des Bundesrates dazu führen, dass es im Wortsinn höhere Anforderungen an Kaminzüge gibt, wenn Hausherren eine Holzfeuerung austauschen. Nach einer ersten Abschätzung des Schornsteinfegerhandwerks sind von dieser Anforderung ca. 30 % der Schornsteine betroffen, an die Kaminöfen, Pelletöfen und Herde angeschlossen sind.
„Das Problem ist aus unserer Sicht, dass die verschärften Ableitbedingungen nicht nur bei Neubauten, sondern auch beim Austausch einer Anlage im Bestand greifen, während alte Anlagen, die höhere Emissionen erzeugen als die Neuanlage, unverändert bestehen bleiben dürfen“, kritisiert Jens Dörschel, Fachreferent beim DEPV. „Wenn die erforderliche Schornsteinhöhe nach der neuen VDI 3781 bestimmt werden muss, dann wird das bei Schornsteinen in Traufnähe dazu führen, dass sie deutlich erhöht werden müssen – und zwar dann meist um mehrere Meter“, sagt er. Dabei solle es, wenn es nach dem Bundesrat geht, Ausnahmemöglichkeiten nur für Einzelraumfeuerungsanlagen geben, nicht aber für Heizkessel.

Lupenrein unproduktiv
Die unterzeichnenden Verbände sehen durch solche Vorgaben die Anlagenmodernisierung in Teilen als gefährdet an. „Betroffene Anlagenbetreiber könnten dann, so steht zu befürchten, lieber auf die Anlagenmodernisierung verzichten, statt neben der neuen Anlage auch noch in die Verlängerung des Schornsteins zu inves­tieren oder womöglich lieber von einer Holzheizung auf eine Öl- oder Gasheizung wechseln“, resümiert Dörschel. „In dieser Form wäre diese Regelung daher für die Wärmewende kontraproduktiv. Sie bringt aber auch für den Immissionsschutz kaum Fortschritte, da moderne Feuerungsanlagen in aller Regel keine Emissionen mehr aufweisen, die bei Schornsteinen in Traufnähe zu Problemen und Nachbarschaftsbeschwerden führen werden.“
Wie die Politik sich entscheiden wird, muss nun abgewartet werden. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat müssen dazu in den nächsten Wochen entscheiden und sich einigen.

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien

 


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