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Kursschwenk in Windrichtung

Seit Wochen versuchen Ingenieure, Techniker, Arbeiter und Soldaten im japanischen Kernkraftwerk Fukushima die dramatischen Folgen des Reaktorunglücks zumindest zu begrenzen.

 

Weltweit überdenken inzwischen viele Staaten ihre Energiepolitik. Auch hierzulande hat es einen regelrechten Kursschwenk in Windrichtung gegeben. Politiker von Regierung und Opposition werben gleichermaßen für einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie.
Wir erinnern uns: Noch vor gar nicht allzu langer Zeit galten Deutschlands Meiler als ausreichend betriebssicher. Sie bekamen viele Jahre Extralaufzeit auf die Kuppel geschrieben. Das freute die vier großen Energiekonzerne, fährt doch ein altgedientes AKW rund 1 Mio. Euro Gewinn am Tag ein. Sicherheitsbedenken wurden ausgeblendet. Experten haben errechnet, dass es bei der derzeitigen Zahl der Atomkraftwerke alle 25 Jahre irgendwo auf der Welt einen Supergau geben müsse. Eine beängstigende Vorstellung.
Und nun die Kehrtwende – parteiübergreifend – weg vom Atomstrom. Windstrom und PV als realistische Optionen. Wer hätte das gedacht. Und während die AKW-Betreiber sorgenvoll in die Zukunft blicken, weil sie sich auf Stresstests, Mio.-teure Nachrüs­tungen oder gar die Abschaltung einiger Meiler einstellen müssen, stellt sich den Energiefachleuten von Bund und Ländern die Frage: Wie lässt sich der Energiehunger der rund 40 Mio. Haushalte und der energieintensiven Industrie hierzulande stillen – und zwar ohne Fremdbezug von Atomstrom aus Frankreich oder anderswo?
Den Anteil an fossilen Energieträgern ausbauen, sprich in Großkraftwerke investieren? Nicht unbedingt die sicherste Lösung. Abgesehen von der Endlichkeit von Öl und Gas stammt laut Agentur für Erneuerbare Energien etwa die Hälfte der deutschen Erd­ölimporte aus krisenanfälligen Staaten: Russland, Nigeria, Libyen. 97 % des deutschen Erdölverbrauchs werden importiert. Kohlekraftwerke dürften aufgrund ihrer Umweltbelastung kaum Akzeptanz in der Bevölkerung finden.
Erneuerbare Energien bieten sich geradezu an. Ihr Anteil am gesamten Strom-, Wärme- und Kraftstoffverbrauch liegt aktuell bei etwa 10,5 % und bietet noch viel Potenzial. Das solare Heizen und die Trinkwassererwärmung mit Sonnenenergie haben sich bereits etabliert. Die regenerative Stromversorgung durch Photovoltaikanlagen oder Windenergie als Ersatz für die Atomkraft dagegen erfordert noch kräftige staatliche Zuschüsse und macht zudem eine kontinuierliche Anpassung der Netzinfrastruktur erforderlich. Das heimische Stromnetz – optimiert für den konventionellen Kraftwerkspark – muss erst noch fit gemacht werden für die regenerative Energiezukunft. Mittelfristig wird sie kommen.
Stellt sich die Frage, welchen Einfluss die SHK-Branche auf den Energiemarkt hat. Einen unterschätzten, meine ich. Moderne Blockheizkraftwerke und die in jüngster Zeit zur Praxisreife gelangten Mikro-KWK-Anlagen – sogenannte stromerzeugende Heizungen – können Gewerbebetriebe, Hotels oder Wohnhäuser bedarfsgerecht und dezentral mit Strom und Wärme versorgen. Die Aggregate werden zwar auf Basis fossiler Energieträger betrieben, nutzen den Brennstoff aber weitaus besser, als dies herkömmliche Kraftwerke schaffen.
Die beste Energie ist allerdings die, die nicht gebraucht wird – Stichwort Energieeffizienz. Gerade in diesem Segment hat unser Handwerk alle Trümpfe in der Hand: Mittels moderner Wärmerückgewinnung in RLT-Anlagen oder bei Industrieprozessen ließen sich erhebliche Energiemengen einsparen. Gleiches gilt für den Einsatz von Hocheffizienzpumpen oder -ventilatoren. Allein die hydraulische Optimierung eines Kälte- oder Heizungskreislaufs birgt ein hohes energetisches Potenzial. Es gibt viele weitere Stellschrauben, die unser SHK-Handwerk drehen kann. Hier liegen Aufgabe und Chance zugleich. Die Energiewende, sie fängt im Kleinen an.

Markus Sironi

Chefredakteur
IKZ-HAUSTECHNIK
m.sironi@strobel-verlag.de

 


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