IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2004, Seite 124 ff.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Firmenübertragung optimieren

Nachfolge-Planung - ein Muss angesichts Basel II

Karl-Heinz Badura

Fakt ist, dass mittelständische Unternehmer sich verstärkt nach einem möglichen Nachfolger umsehen müssen. Denn spätere Firmenübertragungen - etwa auf die Kinder - können nur noch teurer werden. Vor diesem Hintergrund gilt es, Fehler bei der Übertragung des eigenen Lebenswerks zu vermeiden und die Nachfolge optimal zu gestalten. Hinzu kommt ein ganz wichtiger Aspekt: Angesichts des Basel II-Bezuges mit Blick auf die Finanzierung mittelständischer Unternehmen hat die Nachfolgeplanung einen völlig neuen Stellenwert erhalten.

"Viele Firmenchefs müssten angesichts des neuen Zwangs dankbar sein", interpretiert der Koblenzer Steuerberater Dr. Rüdiger Fromm das Erfordernis, sich intensiver mit der eigenen Nachfolgelösung zu beschäftigen. Liegt erfahrungsgemäß vielen Firmenchefs doch nichts ferner als der Gedanke an das, was nach der Stunde X einmal sein könnte. "Kein Wunder", so Fromm, "dass schätzungsweise nicht einmal zehn Prozent der deutschen Mittelständler eine halbwegs vernünftige Vorsorge-Regelung für ihren Betrieb getroffen haben".

Wenn keine Kinder da sind

Etwas Besonderes einfallen lassen müssen sich vor allem Firmeninhaber ohne Kinder: Soll das mit viel Fleiß und Sorgfalt aufgebaute Lebenswerk nicht einfach veräußert oder zur Sicherung verpachtet werden, bietet sich alternativ die Möglichkeit, es auf einen leitenden Angestellten oder Geschäftsführer zu übertragen. Allerdings muss dies keineswegs im Stil des so genannten management-buy-out (MBO) geschehen.

"Eine harmonischere Lösung bietet sich bisweilen eben in kinderlosen Familienbetrieben an. So kann ein Nachfolger wie ein Kind adoptiert werden mit der Folge, dass es damit auch in alle rechtlichen Belange eines Nachfolgers eintritt", gibt Fromm zu bedenken. Eine derartige Lösung setzt selbstverständlich ein besonders enges Verhältnis zwischen dem Firmenchef und seinem späteren Nachfolger voraus. Fromm: "Wo dieses Verhältnis stimmt, weil es über Jahre gewachsen ist, kommt es meist zur besten Lösung dieses speziellen Nachfolgeproblems."

Und das auch aus steuerlicher Sicht: Schließlich stehen dem "leiblich" gewordenen Erben auch deutlich höhere Freibeträge bei der Schenkung- oder Erbschaftsteuer zu als wenn die Firma auf eine nach den Steuervorschriften fremde Person übertragen würde.

Erfreulicher Nebeneffekt: Wo das Geld nicht an den Fiskus abwandert, bleibt auch dem Firmenchef ein sehr viel großzügigerer Spielraum, um eine möglicherweise mit dem Übertrag verbundene eigene Altersversorgung zu kalkulieren.

Individuelle Lösung gefragt

Tatsächlich gleicht keine Nachfolgelösung der nächsten. Stets müssen die individuellen Besonderheiten der Familie, ihre finanzielle Basis, die Art und Teilbarkeit eines vorhandenen Betriebes, die Zahl der Kinder, das Interesse des einzelnen Kindes am Betrieb sowie die sonstige Vermögenssituation mit den jeweils geltenden Steuer- und Rechtsvorschriften in Einklang gebracht werden.

Finanziell belastend wird es, wenn sich plötzlich potenzielle Erben einfinden, von denen niemand etwas wusste - beispielsweise nicht eheliche Kinder des Unternehmers. Dann kann ein scheinbar endgültiges Nachfolgekonzept wieder völlig aus den Angeln gehoben werden. In diesem Fall hilft möglicherweise nur eine großzügige Erbausgleichsregelung. Sie hilft, die sonst später bedrohlichen "Pflichtteilszahlungen" zu begrenzen. Steuerliches Problem dabei: Kommt es tatsächlich zu einer Absprache über einen vorzeitigen Erbausgleich, so kann der davon finanziell betroffene Vater sich zwar endgültig von weiteren Ansprüchen des Kindes befreien. Doch stellen derartige Vermögensauseinandersetzungen, so teuer sie sein mögen, aus steuerlicher Sicht keine außergewöhnliche Belastung dar. Denn nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (Az.: IIIR11/93) handelt es sich bei derartigen Ausgleichszahlungen regelmäßig nur um eine spezielle Art der Vermögensumschichtung. Ob dabei indes Schenkungsteuer fällig wird, hängt von der Höhe des übertragenen Vermögens ab. Diese Steuer wäre aber in der Regel vom Kind selbst zu tragen, kann aber auch steuergünstig vom Schenker übernommen werden.

Unternehmensnachfolge

12 Fragen, die mit dem Steuerberater durchzusprechen sind

  1. Wer soll das Unternehmen weiterführen? Zu prüfen sind Wille, Fähigkeit und unternehmerische Einstellung.
  2. Wer soll das übrige Vermögen erhalten? Richtige Wertansätze inklusive latenter Steuern.
  3. Wie kann sich die abgebende Generation wirtschaftlich und rechtlich absichern? Dingliche Sicherheiten.
  4. Wie kann der Familienfriede gesichert werden? Materielle Gerechtigkeit und richtiger Wertansatz sind wichtig. Bewertung nicht den Empfängern überlassen. Gegebenenfalls Familienkonferenz einberufen.
  5. Wie kann die Unternehmensnachfolge geplant und organisiert werden? Aufbau des Nachfolgers, Familienvermögen streuen.
  6. Kann Altersversorgung über Betriebsausgaben aufgebaut werden? Verpachtung in Betracht ziehen.
  7. Welche Rechtsform sollte gewählt werden? Wichtig zum Beispiel bei mehreren Erben und keiner Möglichkeit zur Auszahlung.
  8. Soll bei Minderjährigen die Testamentsvollstreckung zumindest teilweise bestimmt werden?
  9. Wie hoch ist der mögliche Finanzbedarf der Erb- und Nachfolgeregelung? Belastungsgrenze prüfen.
  10. Soll zu Lebzeiten oder von Todes wegen übertragen werden? Betrieb besser zu Lebzeiten übertragen, Grundvermögen durch Vererbung weitergeben.
  11. Wann soll Regelung erfolgen? Sofort oder flexibel?
  12. Wie kann die abgebende Generation von den Erben unabhängig bleiben und umgekehrt? Schriftliche Verträge schließen.

Wenn Kinder vorhanden sind

Sind Kinder vorhanden empfiehlt es sich, diese schrittweise an die betriebliche Praxis heranzuführen. "Je früher eine Berührung mit dem Betrieb erfolgt, umso schneller lässt sich beurteilen, ob ein Kind überhaupt Neigung zeigt, das Werk des Vaters oder der Mutter mit Interesse fortzuführen", weiß Fromm. Denn auch das ist seine Erfahrung: "Manches Kind mag sich nicht unbedingt mit dem identifizieren, was die Eltern aufgebaut haben." Am besten verdeutlicht dies ein Blick quer durch die deutsche Wirtschaft. Kinder, gerade mit bester Universitätsausbildung, machen sich bewusst mit einem eigenen Unternehmen selbstständig. Oft dann, wenn ihnen das Regiment innerhalb der Familie nicht passt. Oder es bestehen persönliche Spannungen, die dann zu völlig unerwarteten Ergebnissen führen. Schlimmstenfalls steht eine Machtprobe zwischen Jung und Alt ins Haus.

"In solchen Fällen muss der langjährige Familienberater sich oftmals erst als feinfühliger Psychologe erweisen, bevor er beginnen kann, sich mit Zahlen und Verträgen zu befassen", urteilt Fromm.

Indes: Aus seiner mehr als 30-jährigen Erfahrung orientiert sich Fromm bei seinen Nachfolgeberatungen an den folgenden bewährten Grundregeln, wenn es darum geht, das passende Nachfolge-Konzept zurechtzuschneidern:

  1. Nachfolge-Überlegungen können niemals zu früh einsetzen. Unvorhersehbare Ereignisse (beispielsweise der vorzeitige Tod des Firmeninhabers) müssen in einer Vorsorge-Alternative zumindest angedacht sein. Ein damit verbundenes Testament muss kurz und klar sein. Es muss einfach abgewickelt werden können.
  2. Ein Testament muss den Erben gewisse Freiräume lassen. Sind mehrere Erben vorhanden und geht es um größere oder kompliziertere Nachlässe, sollte unbedingt ein Notar bei der Abfassung eingeschaltet werden.
  3. Niemals davon ausgehen, dass das einmal erarbeitete Nachfolge-Konzept - ebenso wie ein notarielles Testament - endgültigen Bestand hat. Entscheidende Ereignisse familiärer Art (Scheidung, Tod) aber auch wirtschaftliche oder (steuer-)rechtliche Fakten (höhere Steuerwerte) müssen zu einer Überprüfung des Konzeptes führen.
  4. Niemals ein Kind zwingen, den Betrieb auf Gedeih und Verderb zu übernehmen. Damit wird der Fortbestand nicht garantiert. Besser ist es dann, einen fähigen Geschäftsführer an die Führungsspitze des Unternehmens aufsteigen zu lassen.
  5. Niemals den ältesten Sohn zwingend zum Firmenchef und gegebenenfalls zum Haupterben machen. Sind weitere Kinder da, die sich als geeigneter herausstellen, ist das die bessere Garantie. Es reicht dann gegebenenfalls, wenn der Erstgeborene als bloßer Teilhaber agiert. Erfahrungsgemäß ist jedoch ein völliges Ausscheiden in diesen Fällen für das Unternehmen vorteilhafter.
  6. Sinnvoll bei Vorhandensein eines Gewerbebetriebs ist es, diesen schon zu Lebzeiten zu übertragen, am besten bei gleichzeitiger Übernahme bestehender Schulden oder bei Vereinbarung einer Rente. Bei einer Gesamtbetrachtung sollte unbedingt die Auswirkung des erhöhten Freibetrags für Betriebsvermögen berücksichtigt werden. Bei Immobilien hingegen ist es besser, eine Übertragung erst für den Todesfall auf die Kinder vorzusehen. Das Immobilienvermögen sichert die Altersversorgung und lässt sich in der Regel auch trotz angekündigter Bewertungserhöhungen steuergünstiger übertragen.
  7. Gegenüber Kindern, die ihren Pflichtteil vorab fordern könnten, hat sich folgende Klausel als segensreich bewährt: Abkömmlinge, die aus dem Nachlass des Erstversterbenden den Pflichtteil nicht fordern, werden dadurch belohnt, dass ihnen ein Geldvermächtnis gewährt wird (zum Beispiel in voller Höhe des gesetzlichen Erbteils oder des gesamten verbleibenden Nachlasses des Erstversterbenden). Dieses Vermächtnis ist jedoch erst nach Eintritt des zweiten Erbfalls fällig und wird bis dahin zinslos gestundet.
  8. Mehrere Erben, insbesondere mehrere Kinder, sollten wirtschaftlich nicht auf lange Zeit zusammen gebunden werden. Statt dessen empfiehlt es sich, dass jeder Erblasser jedem Erben möglichst einen selbstständigen Vermögensteil zur Alleinberechtigung zuweist. Dadurch wird Streit unter den Erben vermieden. Grundbesitz kann beispielsweise nach den Vorschriften des Wohnungseigentumgesetzes (WEG) geteilt werden.
  9. Eheleute schließen vielfach aus Kostengründen einen Ehe- und Erbvertrag. Die mögliche Folge: Der überlebende Ehegatte kann durch ein so genanntes Berliner Testament oder einen Erbvertrag in seiner Testierfreiheit gebunden sein. Damit würde er bestimmte erbrechtliche Verfügungen später nicht mehr treffen können. Von daher sollte eine derartige Vereinbarung zwischen Eheleuten stets sehr kritisch überdacht sein und mindestens das Recht für den Längerlebenden statuiert werden, unter den gemeinsamen Kindern das Vermögen auch beliebig verteilen zu dürfen.
  10. Als mögliche Testamentsvollstrecker sollten nur Personen eingesetzt werden, in die der Firmenchef auch im Todesfall sein Vertrauen setzt. Dabei sollte gleich berücksichtigt werden, dass der Testamentsvollstrecker auch die Aufgabe erhält, den Nachlass oder Teile davon auf längere Dauer zu verwalten.
  11. Jedes Testament sollte frei von Emotionen sein. Es sollte weder Sterbefallanordnungen beinhalten, noch sollte es dazu benutzt werden, Überraschungseffekte erzielen zu wollen. Außerdem darf es nicht allein unter dem Gesichtspunkt abgefasst sein, ausschließlich Erbschaftsteuer zu sparen. Besonders bei Unternehmensnachfolgeregelungen können die Einkommensteuer und unter Umständen die Umsatzsteuer sehr viel höher sein als die Erbschaftsteuer.


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