IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/2001, Seite 43 ff.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Strategien für Ihren Erfolg

Teil 4: Vom Geschäftsfeld zur Zielgruppe

W. Neise

Im letzten Teil ging es um die Suche nach dem erfolgversprechendsten Geschäftsfeld. In der Regel ist dieses jedoch viel zu groß und man muss sich spezialisieren. Sinnvoll ist dann, in einem weiteren Schritt die Auswahl nach der erfolgversprechendsten Zielgruppe zu treffen.

Nach der Ermittlung eines Geschäftsfeldes wird der Kontakt zur Umwelt und den Realitäten, zu den tatsächlichen Aufgaben, Bedürfnissen beziehungsweise Problemen hergestellt: Welche Aufgaben/Bedürfnisse hat die Umwelt, welche sind besonders erfolgversprechend und für welche davon ist das Unternehmen durch seine speziellen Stärken besonders geeignet?

Konzentration auf eine Zielgruppe

Ich möchte an dieser Stelle mit dem Beispiel der Firma SL-Herrenmoden beginnen, da es anschaulich verdeutlicht, dass jede auch noch so kleine Zielgruppe ein großes Umsatzpotenzial birgt. Ihr Initiator, Herr Truernit, besaß ursprünglich ein Geschäft für Herrenoberbekleidung und versuchte sich mit Hilfe der EKS-Strategie zu konzentrieren und zu spezialisieren. Weit und breit war aber keine Marktlücke in Sicht. Es gab bereits Spezialanbieter für sportliche und elegante, teure und billige Bekleidung, Fachgeschäfte für Socken, Krawatten, Hemden, Hosen... - es war auf den ersten Blick keine Zielgruppe zu erkennen, deren Probleme noch nicht gelöst waren.

Mit einer Ausnahme: Schlanke, modebewusste Männer zwischen 1,95 und 2,30 Meter Körpergröße.

Zwar fallen nur ein Prozent aller Männer in diese Kategorie, doch der Geschäftsmann konnte sich ausrechnen, dass er damit eine hochmotivierte und zahlungskräftige Zielgruppe im Visier hatte. Für Männer dieser Größe gab es auf dem Markt außer teurer Maßanfertigung praktisch kein Angebot. Die wenigen bereits bestehenden Übergrößenanbieter hatten es auf eher konservative, beleibte Herren abgesehen. Das war eine Chance, aber zugleich auch ein Engpass. Truernit musste erst eine ganze Reihe von Herstellern davon überzeugen, solche Sondergrößen zu produzieren - und musste dadurch die gesamte Kollektion vorfinanzieren. (Die Risiken solcher Investitionen lassen sich jedoch durch einen Zielgruppentest bis auf Null begrenzen). Wie geplant, wurde das Konzept von der Zielgruppe begeistert angenommen. Die Kunden nahmen zum Teil Anfahrtswege von 150 Kilometern in Kauf. Angenehmer Nebeneffekt: Die Geschäfte von SL-Herrenmoden liegen in günstiger Stadtrandlage und die Ausgaben pro Kunde und Kauf liegen im Schnitt dreimal höher als im Branchendurchschnitt. Mittlerweile betreibt der findige Geschäftsmann bundesweit fünf Filialen - ein Beweis dafür, dass es besser ist, für eine sehr kleine Zielgruppe der beste Anbieter zu sein, als es allen möglichen Kunden recht zu machen.

Ermittlung der erfolgversprechendsten Zielgruppe?

Wie aus den vorherigen Schritten geht auch hier nichts ohne die Arbeitsblätter (Tafel 1 bis 3).

Gehen Sie anhand Ihrer selektierten Geschäftsfelder vor. Welche Zielgruppen lassen sich daraus ableiten. Folgende Fragen helfen Ihnen bei der Bearbeitung:

 Welche Zielgruppe entspricht der Stärke Ihres Unternehmens?

 Welche Zielgruppe hatte Ihr Unternehmen früher?

 Welche Zielgruppe hat Ihr Unternehmen jetzt?

 Welche Zielgruppen sind für Sie die angenehmsten und lohnendsten?

 Bei welchen Zielgruppen könnten Sie ein besonders brennendes Problem lösen?

 Welche Zielgruppe hat den dringendsten Bedarf nach Ihrer Leistung oder könnte ihn haben?

 Auf welche Zielgruppe übt Ihre Firma die größte Anziehungskraft aus?

 Wie sieht die für Ihr Geschäftsfeld theoretisch optimale Zielgruppe aus?

Die erfolgversprechendste Zielgruppe soll:

 den speziellen Stärken des Unternehmens weitgehend entsprechen;

 ein möglichst dringendes Bedürfnis nach Ihrer Leistung haben;

 ausreichend klein und eng sein, damit die Kräfte des Unternehmens ausreichen, um schnell zur deutlichen Marktführerschaft durchzubrechen;

 aus mindestens fünf voneinander unabhängigen Nachfragern bestehen, damit man nicht von einem Monopolisten abhängig wird.

Es geht zunächst darum, die erfolgversprechendste Einstiegs-Zielgruppe zu finden. Hier sind die ersten Erfolge am schnellsten und größten. Jede Zielgruppe lässt sich dann mit wachsendem Erfolg vergrößern.

Zielgruppentest (Echolotung)

Trotz aller Selektion enden die Überlegungen oft bei mehreren Zielgruppen, die gleich erfolgreich erscheinen. Die Möglichkeiten der theoretischen Analysen sind begrenzt. Ursache für die zunehmende Entscheidungs-Unfähigkeit vieler Handwerksunternehmer ist der Umstand, dass vielfach versucht wird, alle Chancen vorher genau berechnen zu wollen.

Spätestens hier ist ein Zielgruppentest vorzunehmen. Diese Tests sind eine Art von "Echolotung". Sie testen, möglichst billig und risikolos, wie die ins Auge gefasste Zielgruppe tatsächlich reagiert. Schwankt man zwischen mehreren Zielgruppen, kann man das Echo zwischen ihnen entscheiden lassen. Wichtig ist, dass nicht nur einzelne aus der Zielgruppe angesprochen werden, sondern möglichst alle.

Viele Handwerksunternehmer neigen dazu, nur die größten aus der Zielgruppenselektion anzusprechen. Aber das tun auch viele andere Mitbewerber. Sie haben oft ein Überangebot, während bei kleineren Zielgruppen "Lücken" bestehen. Durch die Echolotung erfahren Sie, ob und welche Chancen Ihre angebotene Leistung bei der Zielgruppe hat.

Vom produkt- zum bedarfsorientierten Heizungs- und Sanitärhandwerker

Gehen Sie gedanklich bei der Kundenansprache weg von den Herstellern und deren Produkten. Im Vordergrund muss ein Denken aus der Sicht der Zielgruppen stehen. Die Zielgruppe kennt meistens nicht deren Produkte, schon gar nicht die jeweiligen Hersteller. Ihre Zielgruppe möchte von Ihnen den Nutzen, der sich aus der Anwendung bestimmter Produkte für sie ergibt, erläutert bekommen. Wichtig ist, dass Sie als Fachmann alle Sinne der Zielgruppe für die Informationsaufnahme aktivieren.

Das Herstellerprospekt alleine mit Ihrem Firmenstempel versehen, ist wenig hilfreich. Erklären Sie der Zielgruppe den speziellen Nutzen einfach und unkompliziert. Benutzen Sie dabei auch Bilder oder Erfahrungswerte der Zielgruppen, die diese gut versteht. Zeigen Sie Mustertafeln oder Musteranlagen. Nehmen Sie die Angst vor der neuen Technik. Wenn möglich, aktivieren Sie alle Sinne der Zielgruppe, das festigt den Wunsch nach Ihrem Angebot und befreit Sie von Preisgesprächen und Wettbewerbsdruck.

Zielgruppen für das Heizungs- und Sanitärhandwerk

Grundsätzlich haben Sie als Heizungs- und Sanitärhandwerker die gleichen Zielgruppen wie der Wettbewerb.

Wichtig! Zielgruppen sind nicht: Einfamilienhäuser, Hausverwaltungen, Behörden, Industriebetriebe, sondern die Menschen, die darin leben und arbeiten.

Erforschen Sie die Wünsche und Probleme der Menschen im Privatleben und als Arbeitnehmer und Verantwortliche in Unternehmen. Grundsätzlich unterscheidet man in Privatkunden und Gewerbekunden. Privatkunden und deren Bedarf treten in verschiedensten Formen auf. Hier einige Beispiele:

 Hausbauer, 30 Jahre, beide berufstätig ohne Kinder (Kinderwunsch vorhanden);

 Hausbesitzer, Altbau, Renovierungsbedürftig, 50er-Jahre-Generation, kapitalkräftig, Sicherheit und Komfort stehen an erster Stelle, Haus mit Garage;

 Hausbauer oder Besitzer, 30-plus-Generation, Ehemann hohes Einkommen, kleine Kinder;

 Hausbesitzer, die keinen Schmutz und Neuverlegung von Leitungen wünschen;

 Hausbesitzer, Hausbauer, jung oder alt mit einer Körperbehinderung.

Überlegen Sie auf Grundlage Ihrer Geschäftsfelder, welche Zielgruppen sich weiter differenzieren lassen. Bringen Sie ihre Stärken und Neigungen zu deren Nutzen voll zur Geltung. Die Zielgruppe Gewerbekunden lässt sich ebenso in verschiedene Teilzeitgruppen auflösen. Suchen Sie sich eine kleine, homogene Gruppe heraus und machen Sie Ihre ersten Feldversuche.

Fortsetzung folgt


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