IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2001, Seite 34 ff.


TELEKOMMUNIKATION


Wenn das Haus mitdenkt

Kirsten Schmidt

Drahtlose Übertragungstechniken und moderne Verkabelungskonzepte ermöglichen die zentrale Steuerung unterschiedlicher Hausgeräte und ebnen bereits heute den Weg in Richtung "intelligentes Haus". Mit ihren Kernkompetenzen in den Bereichen Internet-Zugang, drahtlose Kommunikation und Umgang mit multimedialen Daten will die Aachener ELSA AG gemeinsam mit Unternehmen der Heizungs-, Sicherheits- und Haustechnik den zukunftsträchtigen Markt "Home-Networking" erobern.

Der Umsatz im Bereich der privaten Haus-Vernetzung wird laut des britischen Marktforschungsinstituts Datamonitor von 20 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 37 Milliarden im Jahr 2003 hochschnellen. Dann - so die Prognose - werde jeder Haushalt in Europa durchschnittlich 730 Euro für so genannte "E-Home-Services" ausgeben. Alleine in Europa soll der Anteil der vernetzten Haushalte von 0,5 Prozent im Jahr 2000 auf rund 20 Prozent im Jahr 2005 zunehmen. Kein Wunder, steht doch mit dem Siegeszug der Internet-Technologie auch im privaten Haushalt das Ende der jahrelangen Grabenkämpfe bevor, in denen sich Haustechnik und Elektrobranche, Unterhaltungselektronik und Hausgerätehersteller sowie die Computer- und Netzwerkindustrie über die Federführung im "intelligenten Haus" streiten. Inzwischen zeichnet sich ab, dass das aus den Unternehmen bereits gut bekannte Fast-Ethernet samt Internet-Protokoll und Funklösungen wie Wireless LAN (WLAN) und Bluetooth das Rückgrat des künftigen Heimnetzwerkes bilden wird und alle beteiligten Branchen ihre Anwendungen darüber betreiben können.

Das Logboard dient nicht nur als Surfstation, sondern fungiert auch als Kontroll- und Ausgabe-Display für andere Anwendungen. Etwa für die Heizungssteuerung, die Überwachungskamera an der Haustür oder als Fernbedienung für die Stereoanlage
(Foto: ELSA).

Den Markterfolg "intelligenter Zukunftshäuser", wie das 75 Mio. Dollar teure Anwesen von Microsoft-Boss Bill Gates am Lake Washington bei Seattle im Nordwesten der USA oder das von verschiedenen Forschungseinrichtungen und Unternehmen kürzlich eröffnete Demonstrationsgebäude in Duisburg-Neudorf, betrachtet Theo Beisch, Vorstandsvorsitzender der Aachener ELSA AG, in puncto Markterfolg allerdings eher reserviert. Das am Frankfurter Neuen Markt notierte Unternehmen - Anbieter von Analogmodems und ISDN-Equipment - hat Anfang dieses Jahres das Themenfeld "Home-Networking" in seinen Geschäftsbereich Consumer Communication einbezogen und will damit frühzeitig in diesem Zukunftsmarkt an vorderster Front mitmischen. ELSA konzentriert sich auf praktische und erschwingliche Lösungen für die breite Masse der Haus- und Wohnungsbesitzer. Dabei verfolgen die Aachener eine Evolutionsstrategie, die zunächst mit der Einrichtung eines Kommunikations-Backbone für die Computer im Haus beginnt und später auch die Integration weiterer Komponenten aus den Bereichen Unterhaltungselektronik oder Gebäude- und Elektrotechnik sowie von Hausgeräten vorsieht. "Vorstellbar ist es durchaus, dass in Zukunft zum Beispiel Heizung, Licht- und Alarmanlage, Telefon, PC, Fernsehgerät und Stereoanlage über das Internet intelligent miteinander verbunden sind und mit einer Art Bordcomputer gesteuert werden", blickt Heiko Harbers, Geschäftsbereichsleiter Consumer Communication bei der ELSA AG, in die Zukunft.

Datensteckdose wird zum Standard

Neben drahtlosen Übertragungstechniken, wie der nach dem mittelalterlichen Dänenkönig Harald Blauzahn benannten Bluetooth-Technologie oder der auf der Industrie-Norm IEEE 802.11 basierenden Wireless Fidelity (WiFi)-Technik, sind auch herkömmliche Verkabelungen auf Basis des Fast-Ethernet Bestandteile der Home-Networking-Strategie von ELSA. "Welche Technologie eingesetzt wird, hängt immer von den Bedingungen in dem Gebäude und den zu übertragenden Datenmengen ab", erläutert Produktmanager Ludger Böggering. Soll zum Beispiel in Zukunft auch das digitale Fernsehgerät in das Heimnetzwerk eingebunden und als Abspielstation für Videofilme aus dem Internet genutzt werden, empfehle sich heute ein traditionelles Fast-Ethernet mit einem Kabel der gehobenen Güteklasse (Kategorie 5 oder 6). Denn mit einer Übertragungsbandbreite von 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s) hat diese bewährte Technologie gegenüber WiFi mit 11 MBit/s oder Bluetooth mit derzeit nur 721 Kilobit pro Sekunde eindeutig die Nase vorn. Außerdem sind die notwendigen Komponenten gegenwärtig noch um den Faktor 10 günstiger als bei einer Drahtlos-Lösung, auch wenn sich die Kosten in den nächsten Jahren immer weiter annähern werden. Beim Neubau eines Wohnhauses ist deshalb auf jeden Fall zu einer Unter-Putz-Ethernet-Verkabelung des gesamten Hauses zu raten. "Das verursacht heute relativ geringe Mehrkosten und der Hausbesitzer befindet sich mit diesem Heimnetz in den nächsten Jahren auf der sicheren Seite", betont Böggering. Er setzt dabei auch auf die Fachleute des Elektro- und Heizungsinstallationshandwerks, die den Bauherren vom Nutzen einer solchen Verkabelung überzeugen und diese dann auch durchführen sollen. Böggering: "So wie heute die Elektro- oder Heizungsinstallation eine Selbstverständlichkeit in einem Haus ist und sich in jedem Zimmer Strom-Steckdosen und Heizkörper befinden, sollte in Zukunft die Datensteckdose zum normalen Standard gehören."

Anders sieht es dagegen unter Umständen in einem Altbau oder gar in einer Mietwohnung aus. Hier ist eine komplette Verkabelung in der Regel sehr aufwendig und teuer. Außerdem will oder kann nicht jeder Haus- oder Wohnungsbesitzer die Wände und Decken für die Datenkabel durchbohren, für einen Mieter kommt eine solche Vorgehensweise meist sowieso nicht in Frage. "Hier können dann WiFi- oder Bluetooth-Komponenten eingesetzt werden", empfiehlt der Produktmanager. Diese sind zwar im Einzelnen heute noch teurer als die handelsüblichen Fast-Ethernet-Bauteile, aber unter Berücksichtigung des Installationsaufwandes für ein drahtgebundenes Netz kann die Wireless-Variante trotzdem unter dem Strich erheblich kostengünstiger sein. Hinzu kommt das sehr viel höhere Maß an Flexibilität. Einziger Nachteil: Die geringeren Übertragungsbandbreiten im Vergleich zu Fast-Ethernet. Allerdings liegen diese immer noch deutlich über heutigen Modem- oder ISDN-Geschwindigkeiten und reichen für das Surfen im World Wide Web oder das Verschicken von E-Mails selbst bei mehreren Nutzern im Haus allemal aus. Das Nadelöhr dürfte ohnehin die Internet-Anbindung nach außen sein - erfolgt diese nicht über ein DSL-Modem oder einen Kabel-Anschluss, werden die Daten bereits an diesem Punkt deutlich abgebremst.

Nach einer Prognose des britischen Marktforschungsinstituts Datamonitor soll allein in Europa der Anteil der vernetzten Haushalte von 0,5 Prozent im Jahr 2000 auf rund 20 Prozent im Jahr 2005 zunehmen
(Foto: RWE).

Zentrales Kontroll- und Ausgabe-Display

"In der Praxis wird es auch häufig Mischformen aus Fast-Ethernet, WiFi und Bluetooth im Heimnetzwerk geben", vermutet Harbers. So sind die einzelnen Räume zwar per Kabel angeschlossen, doch innerhalb der Zimmer erfolgt die Anbindung über eine Drahtlos-Lösung. Denn nur so lässt sich der gefürchtete Kabelsalat vermeiden und eine Erweiterung des Netzes ist ohne Probleme möglich. "Dadurch wird der Einsatz von digitaler Technik in ganz neuen Bereichen möglich", ist Böggering überzeugt. Bisher benötigten etwa moderne Haussteuerungsanlagen, die deutlich zur Energieeinsparung und zum Umweltschutz beitragen, eine aufwendige Verkabelung. Bluetooth verbinde dagegen die Sensoren für die Temperatur-, Luftfeuchtigkeits- und Helligkeits-Messung drahtlos mit der Heizung, den Rollladensteuerungen oder den Licht- und anderen Schaltern im Haus.

Eine besondere Rolle soll dabei in Zukunft das auf der diesjährigen CeBIT bereits vorgestellte "ELSA Logboard" spielen, ein mobiler digitaler Assistent mit Flachbildschirm für das Wohnzimmer. Das rund 2000 DM teure Gerät empfängt seine Daten drahtlos und dient nicht nur als Surfstation, sondern fungiert auch als Kontroll- und Ausgabe-Display für andere Anwendungen. Etwa für die Heizungssteuerung, die Überwachungskamera an der Haustür oder als Fernbedienung für die Stereoanlage.

Der Markt für solche "Internet Appliances", die bei anderen Herstellern zum Beispiel "Webpad" genannt werden, soll laut einer Studie des US-Marktforschungsinstituts IDC von derzeit 11 Millionen Stück auf über 25 Millionen im Jahr 2002 anwachsen. Damit würden in diesem Jahr bereits mehr solcher neuen Zugangsgeräte als klassische PCs verkauft. Schon für 2004 rechnen Fachleute sogar mit einem Absatz von rund 89 Millionen dieser Internet-Konsolen und einem Gesamtumsatz in Höhe von 17,8 Milliarden Dollar. ELSA will mit seinem "Logboard" eine auf den üblichen Internet-Standards basierende Plattform für den "Haus-Bordcomputer" liefern, die von anderen Firmen - seien es Heizungsbauer, Unterhaltungselektronikhersteller oder Sicherheitstechnik-Produzenten - für deren eigene Anwendungen mitgenutzt werden kann. Ähnlich wie bei den Websites kann der Nutzer dann über ein Menü zwischen den verschiedenen Applikationen hin- und herspringen.

Sinnvolle Anwendungen mit Zukunft

Ob sich allerdings der Kühlschrank mit Internet-Anschluss, der bei Bedarf die Tiefkühl-Pizza nachbestellt, die per Handy ferngesteuerte Mikrowelle oder die Waschmaschine mit eigener Homepage durchsetzen werden, erscheint den Experten eher fraglich. Eine sinnvolle Anwendung sei dagegen die Regelung der Heizkörper in den einzelnen Räumen über eine einfache grafische Benutzerschnittstelle, die zum Beispiel den Grundriss des Hauses abbildet. Auch das automatische Schließen der Jalousien beim Verlassen des Hauses oder bei Einbruch der Dunkelheit erleichtere den Alltag für die Bewohner, ebenso die Einbindung einer Schließanlage und einer Kamera am Hauseingang. "Da es sich bei unserem Heimnetzwerk um eine offene Infrastruktur auf Basis des Internet-Protokolls handelt, können beliebige Anwendungen darüber betrieben werden", unterstreicht Harbers. Voraussetzung ist freilich, dass sich diese Komponenten an den Internet-Standard halten. Damit dies möglichst reibungslos funktioniert, will der Aachener Netzwerkspezialist schon frühzeitig mit Unternehmen aus Bereichen wie Heizungs-, Sicherheits- und Haustechnik oder Unterhaltungselektronik kooperieren und diesen sein Know-how zur Verfügung stellen.

WLAN (Wireless LAN)
Wireless LANs sind lokale Netzwerke, die ohne Kabelverbindungen arbeiten. Die Kommunikation wird entweder mittels Funkfrequenzen im Mikrowellenbereich oder mittels Infrarottechnik durchgeführt.

Bluetooth
Bluetooth ist ein Standard für die Funk-Kommunikation mit geringen Reichweiten, die bei etwa zehn Metern liegen. Durch Einsatz von Verstärkern kann die Entfernung auf 100 Meter erhöht werden. Bluetooth wurde ursprünglich entwickelt, um mit Hilfe der Funktechnik die vielen Kabelverbindungen zwischen Geräten abzuschaffen. Die Bluetooth-Komponenten können dabei ohne Sichtkontakt miteinander kommunizieren. Neben Daten kann auch Sprache übertragen werden. Der Standard hat das Ziel, die Kurzstrecken-Kommunikation zwischen bis zu acht Endgeräten wie Notebooks, Organizer, PDAs und Handys zu unterstützen. Aber auch die Fernsteuerung von Druckern, Fernsehern, Radios oder anderen elektronischen Geräten ist vorgesehen. Mittels Bluetooth können kleine Wireless LANs aufgebaut werden.

Fast Ethernet
Ethernet stellt die gebräuchlichste Technik für die Verbindung lokaler Netzwerke dar. Standard ist dabei eine Übertragungsrate von zehn Megabit pro Sekunde (Mbps). "Fast Ethernet" wird üblicherweise in Backbone-Systemen benutzt und gewährleistet Übertragungsraten bis zu 100 Mbps.

IEEE 802.11
Das Institute of Electrical and Electronical Engineers (IEEE) ist ein Verband amerikanischer Ingenieure, der sich auch Normungsaufgaben widmet und z.B. in der Arbeitsgruppe 802 die Standardisierung von lokalen Netzen vorantreibt. IEEE kennt nur individuelle Mitglieder aus der Industrie oder Forschung, die jedoch von Zeit zu Zeit durch industrielle Organisationen in ihren Bemühungen um die Standardisierung unterstützt werden. Bekannt geworden ist IEEE durch das 802-Komitee, das wertvolle Beiträge zur Normung der Zugangsverfahren und Sicherungsprotokolle für lokale Netzwerke leistete.

Backbone
Bei Vernetzungen mit mehreren gleichen oder unterschiedlichen Netzwerkstrukturen ist unter Umständen eine gesonderte Infrastruktur zum Informationsaustausch zwischen den Netzen und Systemen zu schaffen. Das Backbone (Rückgrat) bildet eine solche Infrastruktur. Es ist ein Hochleistungsnetz, das den Anschluss einer Vielzahl von verteilten Endgeräten oder lokalen Subnetzen erlaubt und diese Netze und Systeme untereinander verbindet.

WiFi
Wi-Fi ist eine Wireless LAN-Technologie für den Transfer permanenter Datenströme von Breitbandapplikationen im Internet- und Netzwerkumfeld. Der Standard garantiert zum einen die Kompatibilität der Produkte untereinander sowie zum anderen eine einfache Installation. Mittlerweile gibt es die ersten Wifi-zertifizierten Produkte.

 

Internetinformationen:
www.elsa.de


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