IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2001, Seite 3


EDITORIAL


Wenig Zeit für viel Wandel

Wer die aktuelle Situation der realen deutschen Sanitärwelt treffend beschreiben will, orientiert sich am besten an dem amerikanischen Schriftsteller Thornton Wilder. Der nämlich sagte einmal: "Auch die beunruhigendste Gegenwart wird bald Vergangenheit sein. Das ist immerhin tröstlich." In der Tat sieht sich die Badbranche im Inland mit einer anhaltenden Absatzflaute und außerdem mit wohl unumkehrbaren Strukturveränderungen konfrontiert. Beides entspricht so gar nicht den Vorstellungen vieler "Traditionalisten". Oder wäre die Bezeichnung "Hardliner" genauer?

Egal: Kein Marktpartner kommt um die Erkenntnis herum, dass sich die Sanitärbranche nicht in einem unangreifbaren Reservat befindet. Das bestätigt u.a. der immer intensivere Wettbewerb mit qualifizierten Anbietern etwa des Baustoff-, Möbel-, Küchen- und Fliesenhandels. Schutzzäune - so es sie denn jemals gab - fallen daher ganz oder werden an zentralen Punkten derart brüchig, dass Reparaturversuche zwecklos erscheinen.

Dafür sorgt die Globalisierung, die Warenströme zusehends vielfältiger und unkontrollierbarer macht. Dafür sorgt außerdem die grenzenlose Internet-Welt, die - auf den Kern reduziert - letztlich den gleichen Effekt hat. Dafür sorgt schließlich ein Verbraucher- und Kaufverhalten, das Vertriebsformen (zu Recht) nur noch danach beurteilt bzw. auswählt, ob und wie sie das erwartete Leistungsprofil erfüllen.

Das gemeinsame Ziel, am Ende gestärkt aus dem "Umwandlungsprozess" hervorzugehen, nimmt Industrie, Großhandel und Handwerk gleichermaßen in die Pflicht. Dabei gibt’s durchaus gute Gründe zum Selbstbewusstsein: Ausgezeichnete Produktqualität, lückenloses Angebot, fachgerechter Einbau sowie umfassender Service bilden gerade in der Kombination ein Fundament, das den "Schutzzaun-Verlust" im Prinzip leicht verschmerzen lässt.

Trotzdem: Weil der Markt sich rasant ändert, muss sich auch der professionelle Vertriebsweg zügig weiter entwickeln. Dabei geht es u.a. um eine dauerhaft wirksame Differenzierung. Hier spielt die Kraft der Marke eine Hauptrolle.

Eine auch im Handwerk wachsende Zahl von "Schlaumeiern" glaubt aber, ihr Profil am besten durch buchstäblich markenlose Sortimente zu schärfen. Die Kombination aus den Kriterien "rabattträchtig" und "unbekannt" scheint ihnen schon strategisch genug zu sein.

In Wahrheit aber gilt: Wer sein Heil im Abschied von der Marke sucht, ignoriert die Verbraucherbedürfnisse und schadet damit dem eigenen Geschäft. Das folgende Zitat aus einem Fachartikel spricht für sich: "Die Marke steht für etwas. Deshalb hat in Deutschland der Markentrend seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht." Das bedeutet im Klartext: Differenzierung ohne Marke kann nicht funktionieren, weil der nach Sicherheit, Orientierung und zugleich nach Erlebnis strebende Verbraucher die Profi-Kompetenz wesentlich am Markenangebot festmacht.

Hinzu kommt das gerade für das Handwerk zu Recht unverzichtbare Leistungsargument im umfassenden Sinne: Bekannte und attraktive Marke mit klarem Qualitätsprofil; ausgeprägte Sortimentsbreite und -tiefe mit hoher Problemlösungskompetenz; systematische Innovationsstärke mit voller Marktdurchdringung; große Außen- und Kundendienstmannschaft; offensives Dienstleistungs-, Service- und Vorverkaufs-Marketing.

Fazit: Mehr Marke ist das Gebot der Stunde. Speziell in einer Phase, in der der Badbranche nur wenig Zeit bleibt, um viel Wandel zu meistern.

Dr. Michael Pankow
Geschäftsführer
Grohe Deutschland


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