IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2000, Seite 44 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Guss und Stahl

Kesselwerkstoffe im Blickpunkt

Dipl.-Ing. Frank Sprenger*

Bei der Auswahl des geeigneten Wärmeerzeugers bietet sich ein vielfältiges Angebot. Neben dem zum Einsatz kommenden Brennstoff, der Technik sowie anderen Funktions- und Leistungsmerkmalen unterscheiden sich Heizkessel durch den verwendeten Werkstoff. Im Bereich bodenstehender Wärmeerzeuger sind das üblicherweise Grauguss und Stahl. Diese besitzen spezifische Eigenschaften, die sich maßgeblich auf die Konstruktion und Formgebung des Heizkessels auswirken.

Einleitung

Die oft vorherrschende Meinung, Stahlheizkessel würden gegenüber Gussheizkesseln eine geringere Haltbarkeit und Nutzungsdauer aufweisen, trifft nicht zu. Durch den Einsatz hochwertiger Materialien und automatisierte Fertigungsverfahren mit hoher Verarbeitungsqualität sind heute diesbezüglich keine Unterschiede mehr festzustellen.

Auch das Anwendungsgebiet der Kesseltypen ist nicht mehr so klar abgegrenzt wie früher. Während Gussheizkessel vornehmlich in kleinen und mittleren Heizungsanlagen Verwendung fanden, wurden Stahlheizkessel meist bei größeren Leistungen im gewerblichen Bereich eingesetzt. Heute sind beide Kesseltypen im fast gesamten Leistungsspektrum vertreten. Grund dafür sind die spezifischen Eigenschaften der Werkstoffe, die bei den individuellen Anlagengegebenheiten Vorteile bieten.

Gussheizkessel

Der Werkstoff Grauguss bietet bei der Herstellung des Kessels praktisch unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten. Durch das Vergießen der Guss-Schmelze sind selbst hochkomplexe Formen realisierbar. Auf diese Weise können Gusskonstruktionen optimal an die Strömungen von Heizgasen und Heizwasser angepasst werden. Querschnitte mit möglichst großer Oberfläche für die Wärmeübertragung und gleichzeitig geringen Strömungswiderständen spielen besonders für atmosphärische Heizkessel, die ohne Gebläse arbeiten, eine Rolle. Deshalb werden diese fast ausschließlich als Gusskessel ausgeführt.

Aber auch in Kesseln mit Gebläsebrennern wirken sich diese Eigenschaften günstig aus. Die Gestaltung hat zudem noch einen Einfluss auf die späteren Geräuschemissionen. Querschnitte in Röhren-, Wellen- oder Wabenform sind von hoher Steifigkeit und wirken so geräuschdämpfend. Vor allem im Bereich des Brennraumes kommen diese Formen deshalb zur Anwendung. Beim Gießprozess bildet sich außerdem auf der Gussoberfläche eine siliziumhaltige Schicht. Diese sogenannte Gusshaut ist besonders korrosionsbeständig. Zur Erhaltung der widerstandsfähigen Struktur bleiben die Gussoberflächen daher im weiteren Fertigungsablauf weitgehend unbearbeitet (Bild 1).

Bild 1: Schnitt durch einen Gussheizkessel. Deutlich ist die komplexe Formgebung und die siliziumhaltige Gussoberfläche zu erkennen.

Nicht nur auf Form und Eigenschaften, sondern auch auf die grundsätzliche Bauweise hat der Werkstoff einen erheblichen Einfluss. Gusskesselkonstruktionen bestehen deshalb herstellungsbedingt nicht aus einer Einheit, sondern sind aus verschiedenen Kesselgliedern aufgebaut. Diese besitzen Hohlräume zur Aufnahme des Heizungswassers und Öffnungen, die im zusammengesetzten Zustand den Feuerraum und die Heizgaszüge darstellen. Vorder- und Hinterglied unterscheiden sich dabei von den anderen Kesselgliedern, da dort im allgemeinen Abgas- und Heizmittelanschlüsse (hinten) sowie Brennertür und Reinigungsöffnungen (vorn) angeordnet sind.

Die Verbindung der einzelnen Kesselglieder wird wasserseitig über konische Kesselnippel geschaffen; gasseitig werden sie mit Dichtschnüren sowie wärme- und alterungsbeständiger Dichtmasse abgedichtet. Der Zusammenhalt wird über Zuganker sichergestellt (Bild 2). Die Bauweise gestattet durch die Anzahl der Glieder eine gute Leistungsanpassung und lässt nachträglich noch Erweiterungen oder Verkleinerungen zu. Gussheizkessel werden derzeit mit Leistungen bis zum MW-Bereich angeboten. Die Kessel können je nach Bedarf in zusammengebautem Zustand, in Teilblöcken oder Einzelgliedern angeliefert werden. Die Montage des Kessels erst am Standort erleichtert Transport und Einbringung bzw. macht diese ggf. in schwer zugängliche Heizungsräume erst möglich.

Bild 2: Aufbau der Gliederbauweise bei Gussheizkesseln. Die Zuganker sichern den Zusammenhalt.

Stahlheizkessel

Für die Herstellung von Stahlheizkesseln wird hochwertiger Baustahl verwendet. Stahl lässt sich durch schneiden, biegen, ziehen und schweißen bearbeiten. Die Verarbeitungsgüte hat dabei einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität des Heizkessels. Dies gilt insbesondere für Schweißverbindungen. Deshalb werden heute bei der Herstellung sorgfältige Fertigungsmethoden und entsprechende Kontrollen eingesetzt. Vollautomatisierte Prozesse führen zu einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis. Die Schweißbarkeit des Stahls bietet die Möglichkeit, später ggf. Reparaturen durchzuführen.

Für eine gute Wärmeübertragung kommen zur Oberflächenvergrößerung im Brennraum und den Heizgaszügen von Stahlheizkesseln Profile und Wellrohre sowie Rippen und Stege zum Einsatz. Spezielle Techniken erlauben es, auch die Wärmeübertragung auf die unterschiedlichen Betriebsverhältnisse im Kessel abzustimmen und damit eine korrosionsfördernde Kondenswasserbildung zu vermeiden. Dazu wird bei Guss- und Stahlheizkesseln eine besondere Strömungsführung, z.B. die Thermostream-Technik, eingesetzt. Sie bewirkt eine schnelle Durchmischung von Vor- und Rücklaufwasser und so zu einem gleichmäßig niedrigen Temperaturniveau. Spezifisch bei Stahlheizkessenl ist der Einsatz von Composit-Rohren (Buderus). Diese bestehen aus einem Außenrohr, in dem ein mit Metallband umwickeltes Innenrohr liegt (Bild 3). Dabei stellt das Metallband die wärmeleitende Verbindung zwischen den beiden Rohren dar. Durch unterschiedliche Windungssteigungen des Metallbandes wird so der Wärmedurchgang vom Heizgas zum Kesselwasser entsprechend angepasst.

Bild 3: Aufbau des Composit-Heizgasrohres:
(1) Kernrohr mit Wärmeleitband
(2) Komplettes Composit-Heizgasrohr bestehend aus Kern- und Mantelrohr.

Charakteristisch für Stahlkesselkonstruktionen ist die Komplettbauweise in einem Block. Die einzelnen Kessel sind dadurch auf eine spezifische Leistungsgröße beschränkt. Es werden aber verschiedene Varianten mit Wärmeleistungen bis weit in den Megawattbereich hinein angeboten. Beim Transport und der Einbringung ist die Blockbauweise entsprechend zu berücksichtigen. Das Gewicht der Stahlheizkessel ist dabei jedoch relativ gering.

Auch auf die Montagezeit und die damit zusammenhängenden Kosten wirken sich die fertig vormontierten Stahlkonstruktionen günstig aus. Außerdem sind durch die aus einer Einheit bestehenden Konstruktionen spezielle Hochdruckausführungen möglich. Diese kommen besonders bei Heißwasserheizungen in Hochhäusern zur Anwendung (Bild 4).

Bild 4: Schnitt durch einen Niedertemperatur-Stahlheizkessel. Unten ist der Feuerraum, oben sind die Composit-Heizgasrohre angeordnet.

Sonstige Kesselwerkstoffe

Für bestimmte Anwendungen lassen sich in Heizkesseln noch andere Werkstoffe finden. So kommen für Wandheizkessel meist spezielle Aluminiumlegierungen zum Einsatz. Für wandhängende Brennwertkessel werden ebenfalls Aluminiumlegierungen, bei bodenstehenden Brennwertkesseln üblicherweise Edelstahl verwendet (Bild 5).

Bild 5: Blick in einen kompakten Brennwertkessel aus Edelstahl. Zur besseren Ableitung des anfallenden Kondenswasseers, sind hier die Heizgasrohre im unteren Bereich des Kessels angeordnet.

In Brennwertkesseln werden die Heizgase so weit abgekühlt, dass Wasserdampf kondensiert. Mit der Technik wird zusätzliche Kondensationswärme nutzbar gemacht, allerdings fällt dabei korrosionsförderndes Kondenswasser an. Deshalb wird dieser Vorgang in Wärmetauschern durchgeführt, die aus entsprechend beständigen Werkstoffen hergestellt sind (Edelstahl, Keramik, Aluminiumlegierung).

Diese Brennwert-Wärmetauscher können bei bodenstehenden Kesseln innerhalb oder außerhalb des Kessels angeordnet sein. Die externe Anordnung ist bei Guss- und Stahlkesseln möglich und vereint die Brennwertnutzung mit den Vorteilen des jeweiligen Kesseltyps. Auch eine Nachrüstung ist möglich. Die kesselinterne Anordnung des Brennwert-Wärmetauschers beschränkt sich z.Z. ausschließlich auf Stahlheizkessel. Solche kompakten Konstruktionen zeichnen sich vor allem durch geringe Abmessungen aus.


* B i l d e r :   Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar


* Dipl.-Ing. Frank Sprenger, Technische Public Relations bei Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar


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