IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/1996, Seite 78 ff.


EDV


Wie mobil ist der Mobilfunk?

Wolfgang Kratz

Steht man einmal vor der Entscheidung, mobil seine Geschäftspartner von jedem Standort Deutschlands oder sogar von jedem x-beliebigen Ort in Europa erreichen zu wollen, ergibt sich gleich die Frage, welches System das effektivste ist. Die Zeiten der analogen Telefondienste, wie wir sie aus der Steckdose der Bundespost kennen, liegen in den letzten Zügen und sind nur noch Übergang zu einer Technologie, die mit dem Mobilfunk begonnen hat. Seit in Deutschland 1992 der einheitliche Standard GSM "Global System for Mobile Communications" Premiere feierte, funktionierten die bis dahin national begrenzten D-Netze auch im Ausland. Heute ist der Mobilfunk ein High-Tech-Bereich, in dem die Europäer Maßstäbe gesetzt haben.

Inzwischen ist der ursprünglich europäische GSM-Standard auf dem besten Wege, sich in allen fünf Kontinenten zu etablieren. Mehr als 80 Netzbetreiber in über 60 Ländern planen, errichten oder betreiben bereits ein GSM-Netz. Zwischen Island und Neuseeland haben heute schon 50 Netze ihren Betrieb aufgenommen. Sogar in den USA, wo sich eigene Standards durchsetzen, werden die ersten Funktelefonnetze nach dem Euro-Standard getestet. Mit D1 von DeTeMobil und dem Wettbewerb D2 von Mannesmann verfügt Deutschland über das größte Mobilnetz nach dem GSM-Standard weltweit.

Zauberformel "International Roaming"

Durch Roaming-Abkommen werden die Netze im Mobilfunk grenzüberschreitend. Roaming heißt zu Deutsch "umherwandern", genauer gesagt das Umherwandern eines Mobilfunknutzers in ausländische Netze, beispielsweise eines Autofahrers von Straßburg über Freiburg nach Basel.

Telefonieren heißt nicht mehr nur miteinander sprechen. Kommunikation in der heutigen Welt hat viele Gesichter. Die Technik bietet verschiedene Möglichkeiten (Bild: Samsung).

Im GSM-Standard kann der D-Netz-Kunde z.B. in Deutschland, der Schweiz und in Frankreich telefonieren und genauso unter seiner D-Netz Rufnummer angerufen werden. Ein Geschäftsmann, der von Berlin nach London fliegt und dort ein Auto mit einem Funktelefon oder Handy mietet, kann wie gewohnt seine heimische Telefonkarte einsetzen.

Werden Sie aus Ihrer Heimat angerufen, sollten Sie jedoch nicht verwundert sein, daß in diesem Fall nicht nur dem Anrufer Anschlußgebühren entstehen, sondern Ihnen ebenfalls. Dabei geht die Telekom davon aus, daß der Anrufer nicht unbedingt wissen kann, wo Sie sich gerade mit Ihrem Telefon befinden. Die erhöhten Anteile für Auslandstarife gehen also auf Ihr Konto.

Welches System ist das richtige?

Es werden so viele Möglichkeiten auf dem Markt angeboten, daß es selbst für einen Insider nicht mehr ganz einfach ist, die absolut richtige Entscheidung zu treffen. Kämpfen die Netzbetreiber D1 DeTeMobil und D2 Mannesmann schon lange um den heißbegehrten Markt der Mobilfunker, ist vor zwei Jahren mit dem System E Plus von der Thyssen AG und VEBA AG (auf der deutschen Seite) ein drittes hinzugekommen und im ganzen Gerangel um diesen Markt funkt auch noch das alte C-Netz mit.

Damit aber noch längst nicht am Ende, bieten der Bündelfunk und der Cityruf ebenfalls interessante Möglichkeiten, und die gerade für das Handwerk. Für den Benutzer beweglicher Telekommunikation liegen daher drei wichtige Fragen offen, die er sich zunächst, ganz unabhängig von dem System, beantworten muß.

Welche Handys für welches System?

Die Endgeräte, sprich Handys, sind von dem Netz unabhängig. Sie können sich ein Handy nach individuellen Wünschen und Geschmack aussuchen. Auch hier gibt es eine ganze Reihe von Auswahlmöglichkeiten, die vom Komfort, den Funktionen, dem Gewicht, der Größe bis zur Farbgestaltung reichen.

Fragen, die jeder an sich selbst stellen sollte

Jeder Teilnehmer, der sich in diese Kommunikationsstruktur einbinden läßt, wird von den Betreibern dieser Netze in eine gewisse Verhaltensstruktur eingeordnet. Die Kategorien gliedern sich wie folgt auf: Benutzer, die ihr Handy lediglich dazu anwenden sich anrufen zu lassen, fallen unter die "Weniganrufer". Der andere Typ benutzt sein Mobiltelefon grundsätzlich während der Billigtarifzeiten und ein dritter, der weder Rücksicht auf Tarife noch Taktraten nimmt, rangiert unter den sogenannten "Vielanrufern". Aus diesen Kategorien resultieren auch die Antworten für uns selbst zur Auswahl eines Mobilfunk-Anschlusses, da hiermit die Kosten verknüpft sind.

Des weiteren ist die Frage nach dem bevorzugten Gebiet bzw. der Reichweite der Kommunikation zu stellen.

Telefonieren weltweit. In über 30 Ländern können D-Netz-Kunden mit "International Roaming" problemlos mit Deutschland Kontakt aufnehmen. Das Netz wird immer größer.

Verträge mit wem?

Telekommunikationssysteme sind an Verträge mit Laufzeiten gebunden, die unterschiedlich von den Netzbetreibern und den Providern (Vertreiber von Produkten und Dienstleistungen) gehandhabt werden. Hier ist mitunter Vorsicht geboten und grundsätzlich das "Kleingedruckte" zu lesen. Es gibt zum Beispiel Preislisten von Providern, in denen keine Taktzeiten angegeben sind. Wer bei einem solchen Provider einen Vertrag abschließt, der sollte auf jeden Fall die Tarife der Netzwerkbetreiber gut kennen.

Nichts ist umsonst

Inlandsgespräche unter 10 s zum Nulltarif versprechen die Vertreiber der Mobilfunksysteme mitunter in ihrer Werbung. Die Richtigkeit dieser Aussage ist nicht zu bestreiten, nur versuchen Sie einmal eine Standleitung zu erhalten, die Wortmeldung des Partners auf der anderen Seite der Leitung abzuwarten und dann noch Ihre Botschaft, beispielsweise "Ich stecke im Stau und komme später", los zu werden. Wohl gemerkt unter 10 s. Es funktioniert nicht. Also kann man diesen angeblichen Vorteil schon einmal vergessen. Er rangiert unter dem Begriff "Bauernfängerei".

Ein anderes Thema zum Kauf eines Handys sind die Preise. Wer ein solches Telefongerät zu einem Preis von nur einer Mark ersteht, fühlt sich glücklich und glaubt ein Schnäppchen gemacht zu haben. Immer wieder fallen Kunden auf solche Tricks herein. Selbst wenn ein Handy für 99,- DM angeboten wird, gibt es genügend Gründe mißtrauisch zu sein, bedenkt man, daß ein durchschnittliches Handy immerhin 600,- DM kostet.

Zu verschenken gibt es jedenfalls nichts. Die Netz-Anbieter verkaufen ihre Leistung von Provider zu Provider zu unterschiedlichen Konditionen. Wer mehr Leistungspakete, sprich Verträge, abnimmt, bekommt auch die größte Gewinnspanne. Somit ist es möglich, daß einige Provider neben dem fast geschenkten Handy es sich sogar noch leisten können, die Tarife der Telekom zu unterbieten. Auch ein Trick.

Bei der Deutschen Telekom kann der Kunde Verträge von einem Monat abschließen, genauso wie er es von dem herkömmlichen Telefon gewohnt war. Provider bieten Verträge von einem bis zu drei Jahren an. Wenn man Ihnen dazu noch die Leistung der Telekom um einige Pfennige billiger anbietet als der Netzbetreiber selbst, kann Ihnen das ja nur recht sein.

Aber was bewegt sich in technischer und preislicher Sicht in drei Jahren? Zum 1. April 1996 hat die Telekom beispielsweise in dem Privat-Tarif die Preise zwischen 17.00 und 20.00 Uhr um die Hälfte gesenkt, und das Telefonieren ins Ausland wird auch billiger. Mannesmann steht dem in nichts nach und hat ebenfalls eine kräftige Preissenkung eingeführt. Und was machen Sie jetzt mit Ihren Verträgen?

Taktzeit taktlos unterschlagen

Wer nach den Tarifen der Netzbetreiber abschließt, zahlt für die erste Minute den vollen Preis des Tarifs je nach Tageszeit. Jede weitere Minute wird mit dem Kunden nach Takten abgerechnet. DeTeMobil D1 macht noch nach der Tageszeit Unterschiede von 8 s, 16 s und 40,7 s, während bei Mannesmann grundsätzlich dann ein 15 s-Takt eintritt. Schwarze Schafe unter den Providern unterschlagen mitunter diese Regelung einfach und verkaufen die Leistung taktlos. Dort werden dann nur volle Minuten erkannt. Rechnet sich ja auch einfacher - für den Provider.

Kosten nach dem Nutzen gestalten

Gerade für den Handwerksbetrieb lassen sich die Kosten dank, oder sollte man besser sagen, "aufgrund der verteufelt vielen" Möglichkeiten sehr individuell gestalten. Vergleicht man die Kosten zwischen dem D1- und D2-Netz, wird man immer irgendwie auf das gleiche Preisgefüge kommen. Vorausgesetzt, man wendet die Tarife der Netzwerkbetreiber an.

Das kleinste Handy von E Plus. Das junge Mobilnetz will den Vorreitern den Rang ablaufen. Es bietet neben den geringen Kosten einige Vorteile, aber es wird noch Zeit vergehen, bis die Netzdichte an die D-Netze angeglichen ist.

Beide Netze bieten einen Privat- und einen Geschäftstarif an. Die Vorteile bei den Privatkarten sind die günstigen Basispreise, die gegenüber dem Geschäftstarif um 30,- DM günstiger liegen. Dafür sind die Tages- oder Normalzeitverbindungen teurer als in der Geschäftsversion. Also, auch Geschäftsleute, die bevorzugt in den Nebenzeiten telefonieren oder sich überwiegend im Funknetz anrufen lassen, profitieren von der Privatversion.

Faxen und die Daten übertragen kann der Bediener von mobilen Netzen jedoch ausschließlich über das Busineß- bzw. Geschäftsnetz. Anrufe von D1 zu D1, D1 zu C-Netz oder D2 zu D2 sind erheblich billiger als zwischen D-Netz zu Festnetzanschlüssen. Der Unterschied sollte daher weniger in den Grundpreisen gesucht werden, als in der Komfortabilität der Serviceleistungen der Systeme.

Das E-Plus-System liegt preislich in allen Tarifen deutlich unter denen der D-Netze. Das junge System weist aber auch den Nachteil auf, daß die Verdichtung des Netzes noch dem der D-Netze nachhinkt. Die Funkmöglichkeit ist nur aus den Ballungsgebieten heraus mit Sicherheit gewährleistet. Wer aus dem platten Lande in die Welt funken will, kann mit Schwierigkeiten rechnen. Hier gilt: Wer sich mit seinem Funktelefon nur in den Städten und Ballungszentren wie dem Ruhrgebiet aufhält, liegt mit
E-Plus nicht falsch.

Gebündelt telefonieren

Als eine Variante des Funknetzes mit hohem Nutzen für den Handwerker, der eine komplexe Fuhrpark-Kette einsetzt, ein weites Servicenetz betreibt oder viele Baustellen betreuen muß, bietet sich der Bündelfunk an. Die Zentrale steht jederzeit mit dem Fuhrpark oder den Mitarbeitern auf der Baustelle oder dem Service in Kontakt. Auch können über Bündelfunk Daten an den PC des Gesprächspartners übertragen werden, sofern die Voraussetzungen geschaffen wurden.

Das System ist in seiner Betreibung kostengünstiger als der öffentliche Mobilfunk, da die Verbindungen im individuellen Netz kostenfrei sind und lediglich eine monatliche Grundgebühr verlangt. Hohe Kosten entstehen aber in der Anschaffung der Anlage, die zu jeder Sprecheinheit auch ein Sendegerät verlangt.

Sicher kann sich der Bündelfunkteilnehmer auch in das öffentliche Telefonnetz einwählen, doch dann werden natürlich auch die üblichen Gebühren fällig. Bündelfunk ist dann sinnvoll, wenn man sich in der Hauptsache auch in diesem Bereich bewegen will. Ein Ersatz für den öffentlichen Mobilfunk ist es genauso wenig wie umgekehrt.

Die Möglichkeiten mobil zu telefonieren sind so groß, daß die letzte Entscheidung auch bei Ihnen zur "Qual der Wahl"wird, wenn Sie nicht ganz genau wissen, was Sie wollen.


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