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Abseits des Wärmepumpen-Mainstreams

Viele Alternativen bei der Nutzung der Umweltwärme lassen Wärmepumpen in bisher kaum bekannte Bereiche vorstoßen

In Berlin-Karlshorst befindet sich eines der größten Abwasser-Wärme-Projekte der Hauptstadt. Wärme aus einer Abwasserdruckleitung wird über Wärmeübertrager zu einer Abwasserwärmepumpe geleitet, die knapp 200 Wohnungen versorgt. Bild: Berliner Wasserbetriebe

Eine alternative Wärmequelle für Sole/Wasser-Wärmepumpen sind Eisspeicher. Beim ­Eisspeicher von Haase GFK-Technik gewinnt ein Solarabsorber Sonnenwärme und überträgt sie an den Speicher, wo ihn die Wärmepumpe zum Heizen und zur Trinkwasser­erwärmung nutzt. Bild: Haase GFK-Technik

Die Warmwasserwärmepumpe „WWK electronic“ von Stiebel Eltron nutzt im Zusammenspiel mit einer Photovoltaikanlage und dem „Sunny Home Manager“ von SMA selbst produzierten Strom für die Trinkwasser­erwärmung. Bild: Stiebel Eltron

Das Zeolith-Heizgerät „Zeotherm“ von Vaillant verbindet Gas-Brennwerttechnik, Solarthermie und Zeolith-Sorption. Es arbeitet modulierend mit einer Leistung von 1,5 kW bis 15 kW. Bild: Vaillant

Die Viessmann Großwärmepumpe in der niederbayerischen Inntalgärtnerei Peschl hat eine Heizleistung von 1560 kW. Im Sommer können die Gewächshäuser mit einer Kälteleistung von 1280 kW nahezu kostenlos passiv gekühlt werden. Bild: Viessmann Werke

Die Luft/Wasser-Wärmepumpe „Logatherm WPL AR HT“ deckt den Heiz- und Kühlbedarf von größeren Wohngebäuden, Gewerbe und Industrie. Durch Kaskadenschaltung sind Heizleistungen bis zu 810 kW und Kälteleistungen von bis zu 885 kW möglich. Bild: Bosch Thermotechnik (Buderus)

Drei Großwärmepumpen von Ochsner mit je 500 kW Leistung sorgen im Ikea-Einrichtungshaus in Berlin-Lichtenberg im Winter für Wärme und im Sommer für Kühle. Als Wärmequelle dient eine Abwasserdruckleitung. Bild: Bundesverband Wärmepumpe (BWP)

 

Wärmepumpen verfügen über eine größere Anlagenvielfalt als die Verkaufsstatistiken vermuten lassen, die von klassischen Luft/Wasser- und Sole/Wasser-Heizwärmepumpen dominiert sind. Auf dem Markt gibt es alternative Lösungen, die die Einsatzmöglichkeiten stark erweitern – sei es durch die Nutzung neuer Wärmequellen wie Abwasser oder Abluft, durch innovative Anlagentechnik wie Gaswärmepumpen oder durch die Erweiterung des Leistungs- und Temperaturspektrums herkömmlicher Wärmepumpen, wie es bei Großwärmepumpen der Fall ist.

Abwasserwärmepumpen
Allein durch den Einsatz von Abwasserwärmepumpen könnten in Deutschland 2-4 Mio. Wohnungen mit Wärme versorgt werden. Mit einer ganzjährig gleichbleibenden Temperatur von 10 bis 20°C hat Abwasser ein sehr großes Wärmepotenzial, das bisher nur wenig genutzt wird. Voraussetzung für einen effizienten Einsatz von Abwasserwärmepumpen ist ein Heizwärmebedarf von über 100 kW, wie er z.B. bei größeren Wohnanlagen, Industrie- und Gewerbegebäuden besteht.
In der Regel kommen Wasser/Wasser-Elektrowärmepumpen zum Einsatz. Damit sie sich effizient betreiben lassen, muss in der Abwasserleitung ein entsprechend großer Durchfluss bestehen und die Entfernung zwischen Kanal und Heizzentrale sollte möglichst klein sein. Reversible Wärmepumpen können Abwasser im Sommer auch zur Raumkühlung nutzen, was die Wirtschaftlichkeit der Anlage erhöht. Nach Angaben des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) verursacht eine Abwasserwärmepumpe in Kombination mit einem Gaskessel zur Abdeckung von Spitzenlasten 45% weniger CO2-Emissionen als eine Ölheizung. Wird der Strom für den Antrieb der Wärmepumpe mit einem Gasmotor-BHKW erzeugt, sinken die Emissionen sogar um 60%.
Ein gelungenes Beispiel für die Abwassernutzung findet sich im Fürstenberg-Kiez in Berlin-Karlshorst. Beim Neubau eines Mehrgenerationenhauses mit 78 Wohneinheiten hat der EVM (Erbbauverein Moabit) zusammen mit den Berliner Wasserbetrieben eines der größten Abwasser-Wärme-Projekte der Hauptstadt realisiert. Eine kommunale Abwasserdruckleitung mit 1m Durchmesser wurde dazu auf 78 m Länge mit ringförmigen Wärmeübertragern ausgerüstet. Sie nehmen die Wärme des Abwassers auf und leiten sie zur Wärmepumpe weiter. Die Wärmeausbeute beträgt 314.000 kWh pro Jahr und reicht aus, um 80% des Energiebedarfs der Neubauwohnungen zu decken und einen Bestand von weiteren 120 Wohnungen mitzuversorgen. Gegenüber einer herkömmlichen Erdgasheizung spart die Wärmepumpe pro Jahr 50% CO2 ein. Für den Einsatz innovativer Technik wurde das Projekt vom GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) und dem Bundesbauministerium mit dem Genossenschaftspreis Wohnen 2015 ausgezeichnet.

Abluftwärmepumpen
Abluftwärmepumpen nutzen die Wärme aus der Raumluft oder die Abluft aus Lüftungsanlagen als Wärmequelle. Am meis­ten verbreitet sind Abluft/Wasser-Wärmepumpen, die in Kombination mit einem Warmwasserspeicher zur Trinkwassererwärmung dienen. Sie sind auf dem Markt unter den Bezeichnungen Warmwasser-, Trinkwasser- oder Brauchwasserwärmepumpe erhältlich. Für die Gebäudeheizung ist in diesem Fall ein weiterer Wärmeerzeuger notwendig.
In Deutschland sind rund 220.000 Warmwasserwärmepumpen installiert. 2015 wurden 12500 neue Anlagen eingebaut. Das entspricht einem Anteil von 18% am Gesamtwärmepumpenabsatz. In Kombination mit Photovoltaikanlagen bieten Warmwasserwärmepumpen ein großes Potenzial zur Maximierung der Eigenstromnutzung, was durch die sinkenden Einspeisevergütungen für Hausbesitzer immer interessanter wird. Die Hersteller berücksichtigen das zunehmend in der Produktentwicklung. Die Warmwasserwärmepumpe „WWK electronic“ von Stiebel Eltron beispielsweise lässt sich in Verbindung mit dem Energiemanagementsystem „Sunny Home Manager“ von SMA Solar immer dann betreiben, wenn das Eigenverbrauchspotenzial der Photovoltaik­anlage besonders groß ist.
Abluftwärmepumpen können in gut gedämmten Gebäuden neben der Brauchwassererwärmung auch die Raumheizung übernehmen. Hersteller Nibe etwa bietet Abluftwärmepumpen im Rahmen seiner „F7“-Serie als Kompaktgerät zur gleichzeitigen Heizung, Brauchwassererwärmung und kontrollierten Wohnungslüftung an. Die Wärmepumpe kann an ein beliebiges Niedrigtemperatur-Wärmeverteilsystem wie Heizkörper, Konvektoren oder Fußbodenheizungen angeschlossen werden. Die Anlage saugt die warme Abluft mit z.B. 20°C aus den Nutzräumen wie Küche, Bad und WC ab und führt sie zum Verdampfer. Bevor sie ins Freie gelangt, wird sie auf bis zu -15°C abgekühlt. Dabei wird ihr der Großteil der enthaltenen Wärmeenergie entzogen und zur Raumheizung und Brauchwassererwärmung genutzt. Über Frischluftventile in den Außenwänden wird frische Luft zugeführt. Sie lässt sich mit einem Zuluftmodul optional vortemperieren. Neben der Abluft nutzt die Anlage ähnlich wie eine Luft/Wasser-Wärmepumpe zusätzlich Wärme aus der Außenluft.

Solar-Eisspeicher

Eine innovative Wärmequelle für Sole/Wasser-Wärmepumpen sind Solar-Eisspeicher. Sie ersetzen eine Tiefenbohrung oder Erdkollektoren als Wärmequelle für die Wärmepumpe. Da keine Bohrungen anfallen, kann der Eisspeicher i.d.R. ohne aufwendige behördliche Genehmigung installiert werden.
Beim Eisspeichersystem der Haase GFK-Technik und der Mefa Energy Systems beispielsweise wird ein Tank aus Faserbeton und glasfaserverstärktem Kunststoff mit Wasser gefüllt und ins Erdreich eingelassen. Über die Behälterwand gelangt Erdwärme ins Innere des Speichers. Gleichzeitig gewinnt ein Solarabsorber Sonnenwärme und überträgt sie an das Speicherwasser, die die Wärmepumpe zum Heizen und zur Trinkwassererwärmung nutzt. Reicht die Wärme nicht aus, entzieht die Wärmepumpe dem Wasser so viel Ener­gie, bis es gefriert. Beim Phasenwechsel von Wasser zu Eis wird Kristallisationswärme frei, was einen zusätzlichen Energiegewinn bringt. Die Solarwärme taut das Eis anschließend wieder auf und der Kreislauf beginnt von neuem. Im Sommer lässt sich der Eisspeicher als Kältequelle zur passiven Gebäudekühlung nutzen.

GaS-Wärmepumpen
Gas-Wärmepumpen kombinieren moderne Gas-Brennwerttechnik mit Wärmepumpentechnologie. Als Antriebsenergie nutzen sie Erdgas statt Strom und erreichen einen bis zu 30% höheren Jahresnutzungsgrad als konventionelle Gas-Brennwertkessel. Damit sparen sie gleichzeitig rund 30% Brennstoff ein und emittieren auch 30% weniger klimaschädliches CO2. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie sich von Heizungsfachbetrieben ohne spezielle Fachkenntnis im Bereich Wärmepumpen installieren lassen.
Gas-Wärmepumpen können dieselben Wärmequellen nutzen wie elektrische Wärmepumpen. Nachdem die Geräte zunächst nur für den mittleren und größeren Leistungsbereich verfügbar waren, haben die Hersteller inzwischen auch Gas-Wärmepumpen für Gebäude mit niedrigerem Wärmebedarf entwickelt. Auf dem Markt finden sich drei Bautypen.

Anlage mit Gasmotor

Bei gasmotorischen Anlagen wird der Verdichter durch einen Gasmotor angetrieben. Die dabei anfallende Abwärme wird zusätzlich als Heizwärme genutzt, sodass eine Kombination aus Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmepumpe und Brennwertnutzung vorliegt. Gas-Motorwärmepumpen arbeiten daher effizienter als Elektrowärmepumpen, auch wenn sie ansonsten betriebsgleich sind.

Absorptions- und Adsorptions-Wärmepumpen
Weitere Bauformen von Gas-Wärmepumpen sind Gas-Absorptions- und Gas-Adsorptionswärmepumpen. Sie nutzen zur Verdichtung Sorptions- und Desorptionsprozesse, bei denen das Kältemittel der Wärmepumpe in einer flüssigen Lösung absorbiert oder an einen Feststoff wie Zeo­lith adsorbiert wird.
Mit dem System „Zeotherm“ hat Vaillant eine Hybridheizung im Programm, die eine Gas-Brennwerteinheit mit einer Gas-Adsorptionswärmepumpe in Form eines Vakuum-Zeolith-Moduls kombiniert. Eine Solarthermieanlage und ein bivalenter Solarspeicher ergänzen das System. Die Wärmepumpe arbeitet modulierend zwischen 1,5 und 10 kW bzw. 15 kW Leistung. Die Energiekostenersparnis beträgt bis zu 33% im Vergleich zu einer traditionellen Gasheizung. Auf Zeolith-Basis arbeitet auch die Heizzentrale „Vitosorp 200-F“ von Viessmann. Sie ist für Ein- und Zweifamilienhäuser ausgelegt. Durch den breiten Leistungsbereich lassen sich beide Geräte auch in Niedrigenergie- und Passivhäusern einsetzen.
Obwohl die Verkaufszahlen in den vergangenen Jahren stark zugelegt haben, liegt der Anteil von Gas-Wärmepumpen am Wärmepumpengesamtbestand derzeit bei nur rund 0,5%. Nach Einschätzung des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) bestehen Marktchancen vor allem in der ener­getischen Sanierung von Gebäuden mit bereits vorhandenem Gasanschluss. Bei Neubauten entscheiden sich Bauherren eher für herkömmliche Elektrowärmepumpen, weil sie so die Anschlusskosten an das Gasnetz vermeiden.
Nachteilig für die weitere Etablierung von Gaswärmepumpen könnte sich die Klimapolitik der Bundesregierung auswirken. Mit der Ratifizierung des Klimaschutzabkommens von Paris strebt sie bis zum Jahr 2050 eine Dekarbonisierung der Ener­giesektoren Strom, Wärme und Verkehr an. Für mit Erdgas betriebene Heizungen könnte das eventuell das Aus bedeuten.

Großwärmepumpen

Großwärmepumpen mit Heizleistungen von über 100 kW bis etwa 3000 kW befinden sich noch in einer frühen Phase der Marktentwicklung. Sie eignen sich zur effizienten Deckung des Bedarfs an Heizungs- und Prozesswärme sowie des Kühlbedarfs von größeren Wohnanlagen, Gewerbe- und Industriebetrieben. Als Wärmequellen kommen Erdwärme, Grundwasser, Abwasser und Abluft infrage.
Um eine optimale Anpassung der Wärmepumpe an die jeweiligen Einsatzbedingungen oder Industrieprozesse zu erreichen, ist oft eine individuelle Auslegung der Anlagen nötig. Viessmann etwa bietet neben Standardlösungen auch kundenspezifisch gefertigte Großwärmepumpen an. Bei Bedarf werden sie mit Leistungsmodulation oder mehrstufigen Kältekreisen ausgestattet. So wird beispielsweise die Inntalgärtnerei Peschl, eine der größten Produktionsgärtnereien Niederbayerns, mit einer von Viessmann speziell angefertigten Wasser/Wasser-Großwärmepumpe versorgt. Das Gerät mit 1560 kW Leistung und einem COP von bis zu 5,6 liefert Wärme für die Bodenheizungen in den Gewächshäusern und die Ladehalle. Ergänzt wird es durch einen Gasheizkessel („Vitoplex 200“) mit einer Leistung von 1950 kW, der zusätzlich Wärme für die Oberheizungen liefert. Im Sommer können die Gewächshäuser mit einer Kälteleistung von 1280 kW nahezu kostenlos passiv gekühlt werden. Lediglich Energie für die Umwälzpumpen fällt an.
Für größere Leistungen lassen sich Wärmepumpen auch in Kaskade schalten. Ein Beispiel ist die reversible Luft/Wasser-Wärmepumpe „Logatherm WPL AR HT“ von Bosch Thermotechnik (Buderus). Durch die Kombination von bis zu fünf Geräten werden Heizleistungen bis zu 810 kW und Kälteleistungen von bis zu 885 kW möglich. Durch eine Vorlauftemperatur bis zu 65°C eignet sich die Wärmepumpe für größere Bestandsgebäude, in denen Öl- oder Gaskessel ersetzt, aber das Heizkörperverteilsystem beibehalten werden soll.
Noch sind die Absatzzahlen von Großwärmepumpen gering. Um den Einbau von effizienten Großwärmepumpen anzukurbeln, fördert die Bundesregierung deshalb Anlagen mit einer installierten Nennwärmeleistung von mehr als 100 kW
im KfW-Programm „271 Erneuerbare ­Energien – Premium“ mit besonders güns­tigen Krediten und Tilgungszuschüssen. Voraussetzung ist eine Jahresarbeitszahl von mindestens 3,8 bei elektrischen Wärmepumpen bzw. eine Jahresheizzahl von mindestens 1,25 bei gasbetriebenen Wärmepumpen. Luft/Wasser-Wärmepumpen werden nicht gefördert.
Auch Wärmepumpenhersteller Ochs­ner sieht für Großwärmepumpen künftig gute Absatzchancen und hat deshalb zum 1. Januar ein eigenes Unternehmen gegründet. Die Ochsner Energie Technik GmbH ist auf die Entwicklung und den Vertrieb von Wärmepumpen im Leis­tungsbereich zwischen 100 kW und 2,5 MW spezialisiert und soll gezielt den Markt für große Gebäude bearbeiten.

Autorin: Almut Bruschke-Reimer, freie Energiejournalistin

 

Unternehmen und Internetadressen der hier genannten Wärmepumpenhersteller.
Bosch Thermotechnik GmbH (Buderus)
www.buderus.de

Haase GFK-Technik GmbH
www.ichbin2.de

Mefa Befestigungs- und Montagesysteme GmbH
www.mefa.de


Nibe Systemtechnik GmbH   
www.nibe.de


Ochsner Wärmepumpen GmbH   
www.ochsner.de

Stiebel Eltron GmbH & Co. KG   
www.stiebel-eltron.de


Vaillant Deutschland GmbH   
www.vaillant.de


Viessmann Werke GmbH & Co. KG    
www.viessmann.de

 


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