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Auch alternative Stromerzeuger müssen Netzstabilität sicherstellen - Betrachtungen zum Einsatz regelbarer Ortsnetztransformatoren

Bisher sorgten konventionelle Kraftwerke mithilfe verschiedener Maßnahmen für stabile Netze. Jetzt sind es mehr und mehr alternative Stromerzeuger, die diese Systemdienstleistungen übernehmen müssen. Der folgende Beitrag will Auskunft darüber geben, ob und wie das gelingen kann. Eine von mehreren Optionen ist der Einsatz regelbarer Ortsnetztransformatoren.

Regelbarer Ortnetztransformator „Gridcon iTAP“ von Maschinenfabrik Reinhausen GmbH mit integriertem Laststufenschalter. Der oberhalb des Laststufenschalters verbaute Schrittmotor ist in Schutzgrad IP 65 ausgeführt und deshalb für die Außenaufstellung geeignet. Bild: Maschinenfabrik Reinhausen

Der Sales Manager von Schneider Electric (links) und der Planer von den Stadtwerken Gronau erläutern dem Autor die Funktion der Regeleinheit. Bild: Wilming

Schaltschema des regelbaren Ortsnetztransformators „SGrid“ von Schneider Electric. Bild: Schneider Electric

Verbund von 2 Aktivteilen: konventioneller Teil und regelbarer Boosteranbau. Bild: Schneider Electric

PV-Anlagen im Niederspannungsnetz. Bild: www.solarwirtschaft.de

 

Welche Probleme auf einen Verteilungsnetzbetreiber (VNB) zukommen können, mag folgendes Szenario verdeutlichen: Die solare Einspeisung geht ins Maximum, der Stromverbrauch tendiert gegen null. Die Konsequenz daraus ist, dass die Netzspannung steigt und damit den sicheren Betrieb des gesamten Netzabschnitts gefährdet. Der Verteilnetzbetreiber aber ist verpflichtet, die Spannung mit geeigneten Mitteln nach oben und nach unten zu begrenzen und so dafür zu sorgen, dass sie ein in der Norm DIN EN 50160 vorgegebenes Spannungsband nicht verlässt [1]. Diese Pflicht des Verteilnetzbetreibers ist unter dem Begriff „statische Spannungshaltung“ bekannt und bedeutet, dass rund um die Nennspannung ein Toleranzbereich von ±10% (max. also 20%) einzuhalten ist. Davon stehen laut VDE|FNN-Richtlinie für dezentral erzeugte Energien im Niederspannungsbereich 3% und 2% im Mittelspannungsbereich zur Verfügung. [2]
Natürlich brauchte man auch schon in der Vergangenheit netzstützende Maßnahmen. Genutzt wurde dafür die Energie der konventionellen Kraftwerke und anderer elektrotechnischer Anlagen, und man muss nicht befürchten, dass sich daran von heute auf morgen etwas ändern wird. In dem Maße aber, wie der Anteil der herkömmlichen Kraftwerke an der Stromversorgung sinkt, während gleichzeitig der Ausbau der Stromerzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien stetig wächst, müssen sich jetzt auch Photovoltaik & Co. an netzstützenden Maßnahmen beteiligen und sie vielleicht irgendwann ganz übernehmen.  
Die für die Funktionstüchtigkeit der elektrischen Energieversorgung unbedingt erforderlichen netzstützenden Leistungen  – Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Systemwiederherstellung und Betriebsführung – werden als Systemdienstleistungen bezeichnet. Sie sind auf den grundlegenden Umbau unseres Energieversorgungssystems ausgerichtet und müssen auch zukünftigen Anforderungen genügen. Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) hat deshalb mit ihrer Studie „Systemdienstleistungen 2030. Sicherheit und Zuverlässigkeit einer Stromversorgung mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien.“ mögliche netzstützende Maßnahmen untersucht und beschrieben. Da auch Planer und Installateure die Umgestaltung des zukünftigen Stromnetzes nicht unberührt lassen wird, kann ihnen die hier im ersten Teil des Beitrags folgende übersichthafte Zusammenfassung der Studie einen Einstieg in die Thematik geben. Natürlich braucht ein solcher tiefgreifender Umbau von Versorgungsstrukturen, wie die Energiewende sie mit sich bringt, neue zweckdienliche und innovative technische Produkte. Eine davon ist der regelbare Ortnetztransformator – und davon handelt der zweite Teil dieses Artikels.

Studie untersucht Sicherheit

Die dena hat in der erwähnten o.a. Studie untersucht, was die notwendigen vier Systemdienstleistungen in Zukunft werden leisten müssen. Autoren der Studie waren fachkundige Sachbearbeiter von Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern, Projektentwicklern sowie Produzenten und Lieferanten von Netz- und Anlagentechnik. Als Forschungspartner war die ef.Ruhr GmbH eingebunden.
Die Autoren der Studie gehen in der Regel so vor, dass sie zunächst die jetzige Systemdienstleistung benennen und dann aufzeigen, mit welchen technischen Maßnahmen gewünschte Ziele erreicht werden könnnen. Im nächsten Schritt zeigen sie Alternativen auf und geben mit Blick auf das Jahr 2030 Handlungsempfehlungen. Diesem Schema wollen wir in den folgenden Ausführungen im Großen und Ganzen folgen.

Systemdienstleistung „Frequenzhaltung“

Die übergeordnete Verantwortung für die Stabilität der Stromversorgungsnetze  in Deutschland liegt bei den Übertragungsnetzbetreibern, die dabei auch die Koordination mit den anderen am europäischen Stromverbundnetz beteiligten Übertragungsnetzbetreibern übernehmen. Bei ihrem gesetzlichen Auftrag, das System in einem stabilen Betriebszustand zu halten, beziehungsweise nach einem etwaigen Ausfall in den Normalzustand zurückzuführen, stehen sie  zunächst einmal vor einer unumstößlichen physikalischen Gewissheit: Die ins Netz eingespeiste Strommenge muss zu jedem Zeitpunkt der dem Netz entnommenen Strommenge entsprechen. Gerät diese Äquivalenz ins Wanken, verringert oder erhöht sich die für öffentliche Netze in Deutschland vorgegebene Frequenz von 50 Hz, mit negativen Folgen bis hin zur Zerstörung von Netz und angeschlossenen Betriebsmitteln. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen dann unverzüglich dafür sorgen, dass sich die Sollfrequenz von 50 Hz wieder einstellt. Dabei kommen insbesondere die Systemdienstleistungen „Momentanreserve“ und „Regelleistung“ zum Tragen.
Die Momentanreserve ist eine kinetische Energie, die sich in den Schwungmassen der Generatoren des konventionellen Kraftwerkparks verbirgt. Mit ihr lassen sich dank ihrer Trägheit schnelle Frequenz­änderungen dämpfen. Die Studie fordert, in Zukunft, wenn die Verfügbarkeit der rotierenden Massen konventioneller Kraftwerke irgendwann nicht mehr ausreichend sein wird, auch dezentrale Erzeugungsanlagen (DEA) mit Umrichtern für die Bereitstellung einer Momentanreserve heranzuziehen. Insbesondere Windkraftanlagen, größere Solarkraftwerke und Batteriespeicher lassen sich technisch so ausrüsten, dass sie dafür geeignet sind. Auch für die Regelleis­tung, mit der Übertragungsnetzbetreiber Frequenzabweichungen korrigieren, empfehlen die Autoren der Studie, den steigenden Bedarf wegen sinkender Betriebszeiten konventioneller Kraftwerke zunehmend durch Stromspeicher, EE-Anlagen und flexible Stromlasten zu decken.

Systemdienstleistung „Statische und dynamische Spannungshaltung“

Gemäß EN 50160 darf die Nennspannung in öffentlichen Netzen um ±10% schwanken. Diese Toleranz von insgesamt 20%, in der Norm als Spannungsband bezeichnet, muss eingehalten werden, was den Verteilnetzbetreibern bei den fluktuierenden Einspeisungen aus EE-Anlagen schon mal Schwierigkeiten bereitet. Wäre da nicht die gesetzliche Pflicht, alternative Strom­erzeuger wie z.B. Windkraft- und  PV-Anlagen unverzüglich ans öffentliche Netz anzuschließen und so zu integrieren, dass die Stromversorgung trotz der steigenden Einspeisung stabil bleibt – so mancher Verteilnetzbetreiber würde sich vor den anfallenden Kosten drücken, mit unüberschaubaren Folgen für die Energiewende.
Im Fall einer notwendig werdenden Maßnahme zur „statischen Spannungshaltung“ kann der Verteilnetzbetreiber zwischen unterschiedlichen Konzepten wählen; zu nennen wären u.a. die Bereitstellung von Blindleistung, der Einsatz stufenlos regelbarer Ortsnetztransformatoren (Ronts), die Verlegung zusätzlicher Kabel oder gleich ein umfangreicher Netzausbau. Die dena gibt in einer Roadmap [3] mit Blick auf das Jahr 2030 zur „statischen Spannungshaltung“ folgende Handlungsempfehlung: „Sowohl im Übertragungs- als auch Verteilnetz steigen die Anforderungen an die Spannungshaltung, während gleichzeitig die Betriebszeiten konventioneller Kraftwerke sinken. Daher müssen verstärkt alternative Blindleistungsquellen genutzt werden.“ Möglichkeiten dazu würden bereits erforscht, müssten jedoch noch deutlich weiterentwickelt werden, bevor sie Marktreife erreichten, heißt es weiter. Für die nahe Zukunft sehen viele Wissenschaftler und auch Verteilnetzbetreiber allerdings regelbare Ortsnetztransformatoren im Vorteil.  
In den zuständigen nationalen und europäischen Normungsgremien geht der Blick derweil verstärkt in Richtung  „dynamische Spannungshaltung“. Zur Erläuterung: Die heute gültigen Regelungen schreiben noch vor, dass sich Erzeugungsanlagen in der Niederspannungs­ebene vom Netz trennen, wenn infolge von Netzfehlern kurzzeitige Spannungseinbrüche in der übergelagerten Ebene auftreten. Je nach Anzahl der betroffenen Anlagen oder Größe ihrer Leistung kann die Systemstabilität unter diesen Abschaltungen leiden. Der VDE|FNN untersucht jetzt in mehreren Studien, ob und in welchen Fällen sich eine Trennung vom Netz nach Spannungseinbruch vermeiden lässt [4]. Um in der Lage zu sein, die Stabilität des Netzes nicht nur im Normalbetrieb, sondern auch im Fehlerfall zu gewährleisten, werden Erzeugungsanlagen in Zukunft als netzstützende Maßnahme ausreichend hohe Kurzschlussleistung ins Netz einspeisen müssen. Das ist notwendig, um u.a. Kurzschlussereignisse sicher erfassen und einen Spannungsabfall lokal begrenzen zu können. Eine solche Netzstützung bezeichnet man als dynamisch und bedeutet, dass sich Erzeugungsanlagen bei sehr kurzen Spannungseinbrüchen, typischerweise für die Dauer von etwa 100 Millisekunden, anders als bisher nicht vom Netz trennen, sondern in kürzester Zeit wieder Wirkleistung einspeisen können. Es bestehe noch Forschungsbedarf mit dem Ziel, Auswirkungen eines schwankenden Kurzschlussstrombeitrags auf die Schutzsysteme im Detail zu analysieren, heißt es dazu in der dena-Roadmap.

Systemdienstleistung „Versorgungswiederaufbau“

Die Bezeichnung Versorgungswiederaufbau gibt schon einen ersten Hinweis: Diese Systemdienstleistung handelt von der Wiederinbetriebnahme von Großkraftwerken im Übertragungsnetz nach vollständigem oder großräumigem Stromausfall. Da sie für den Planer und für den vor Ort operierenden Elektrofachmann keine so große Bedeutung hat, wollen wir uns hier kurz fassen und nur das wünschenswerte Ziel der zukünftigen Dienstleistung „Versorgungswiederaufbau“ zitieren, so wie es die dena mit Blick auf 2030 für ihre Roadmap ermittelt hat: „Die Versorgung kann nach einem Blackout in allen Erzeugungssituationen Erneuerbarer Energien zuverlässig wieder aufgebaut werden.“

Systemdienstleistung „Betriebsführung“

Diese Systemdienstleistung interessiert vor allem den Verteilnetzbetreiber, dem die Aufgabe zufällt, das Stromnetz und alle angeschlossenen Erzeugungseinheiten und Lasten zu überwachen und bei Bedarf zu steuern, um einen sicheren Betrieb des Gesamtsystems zu gewährleisten. Als Handlungsbedarf hält die dena-Roadmap fest: „Die Anforderungen an die Betriebsführung steigen auf allen Spannungsebenen vor allem aufgrund der zunehmenden Anzahl dezentraler Einheiten, die auch über die Netz­ebenen hinweg koordiniert werden müssen. Hierfür sind geeignete Prozesse und Tools zu entwickeln sowie das mit der Betriebsführung betraute Personal zu schulen.“

Spannungshaltung mit regelbaren Ortsnetztrafos

Im nun folgenden Teil des Beitrags steht das Thema „Regelbare Ortsnetztransformatoren (Ronts)“ im Vordergrund. In „Ronts“ setzen nicht nur Verteilnetzbetreiber große Hoffnung, wenn es um die Stabilisierung ihrer Verteilnetze mit umfangreicher Einspeisung aus dezentralen Energieerzeugern geht. Sie sind in vielen Fällen für die Spannungshaltung besser geeignet als die vorhandenen Ortsnetztransformatoren und können diese meist ohne allzu großen baulichen und finanziellen Aufwand ersetzen. Zudem haben Untersuchungen ergeben [5], dass sich in Landnetzen mit Ronts die maximale auf die Netzanschlusspunkte verteilte Erzeugungsleistung verdreifachen lässt. In Dorfnetzen ist damit immerhin noch eine Verdoppelung zu erreichen.
Der große Vorteil von regelbaren Ortsnetztransformatoren resultiert aus ihrem elektrischen Schaltungsaufbau: Das Übersetzungsverhältnis ist nicht starr festgelegt, sondern über einen Laststufenschalter unter Last verstellbar. Diese Technik ist alles andere als neu, nahezu jeder Leistungstransformator in einem Hochspannungsnetz arbeitet seit jeher nach diesem Prinzip. Auf der Mittel- oder Niederspannungsebene hat man sie allerdings nur gelegentlich einbauen müssen, da dort Einspeisungen mit schwankender Spannung, die man hätte stabilisieren müssen, nur in seltenen Fällen vorkamen. Hier genügten Transformatoren, deren Übersetzungsverhältnis fest eingestellt war und sich nur am freigeschalteten spannungslosen Transformator ändern ließ. Dieses uns seit Jahrzehnten begleitende Bild beginnt zu verschwinden, nicht zuletzt unter dem Einfluss der starken Zunahme dezentraler Einspeisung aus regenerativen Stromerzeugern, des Aufkommens von Elektromobilität, der unaufhaltsamen Verbreitung von Wärmepumpen sowie der technischen Fortschritte in der Spannungsregelungstechnologie.

Steigender Einsatz von Ronts

Dass der Einsatz regelbarer Ortsnetztransformatoren (Ronts) kein Fantasiegebilde ist, sondern aktuell zunehmend ins Rollen kommt, beweisen der Übertragungsnetzbetreiber E.ON und die Maschinenfabrik Reinhausen GmbH (MR) aus Regensburg. Sie wollen gemeinsam bis zum Jahresende bundesweit 180 neue Ronts ans Netz bringen. MR bezeichnet sich als Pionier in diesem Technikfeld und hat nach eigenen Angaben seit der Markteinführung im Jahr 2012 weltweit bereits 500 Systeme vom Typ „Gridcon iTAP“ verkauft. Sie bestehen jeweils aus einem Laststufenschalter, Spannungsregler, Spannungs- und Strommessgerät sowie dem Transformator selbst.
Wie der Hersteller in einem Newsletter schreibt, ist in der neuesten Version – neben dem bewährten Standardregelkonzept mit einer dreiphasigen Messung und einem fixen Spannungssollwert – über einen erweiterten Algorithmus eine Dynamisierung des Spannungssollwerts in Abhängigkeit der gemessenen Scheinleistung oder des Stroms inklusive Richtungserkennung möglich. Dieses Regelkonzept sei vor allem in Netzen mit vielen dezentralen Einspeisern in der Niederspannung vorteilhaft, schreiben die MR-Autoren Dr. Manuel Sojer und Dr. Thomas Smolka, „weil es erkennt, ob und in welchem Ausmaß über den Ortsnetztransformator Strom in das vorgelagerte Mittelspannungsnetz eingespeist wird und sein Regelverhalten entsprechend anpassen kann.“ Als weitere Möglichkeiten der Spannungsregelung nennen Sojer und Smolka ein Konzept, bei dem ein fixer Spannungssollwert mit den gemessenen Spannungswerten eines abgesetzten Sensors verglichen wird. Diese „Schlechtpunktregelung“, wie MR sie nennt, ist vor allem in Netzen  mit einem kritischen Knoten zu empfehlen. Last but not least: Für Netze mit stark heterogenen Strängen ist zudem ein Regelalgorithmus verfügbar, der über Messdaten multipler abgesetzter Sensoren eine ganzheitliche Optimierung der Spannung in einem Netzabschnitt vornimmt. Hinweise, auf die die Autoren Wert legen: Alle neuen Regelalgorithmen sind einfach zu parametrieren und erlauben eine flexible Anpassung auch an zukünftige Netzverhältnisse.
Zwei Themen gewinnen bei regelbaren Ortsnetztransformatoren an Bedeutung: Die Kommunikationsfähigkeit nach IEC 60870-5-104 und die EU-Ökodesign-Verordnung: Die Kommunikationsfähigkeit wurde im „Gridcon iTAP“ ausgebaut, optional ist nun auch die Nutzung von „Modbus TCP“ möglich. Die neuen Obergrenzen für Leerlauf- und Kurzschlussverluste, die die EU-Ökodesign-Verordnung für Transformatoren setzt, würden vom „Gridcon iTAP“  je nach Ausführung schon heute unterboten, berichten Sojer und Smolka. „Über eine Softwareeinstellung und bei entsprechendem Design des Transformators ist sogar ein Betrieb möglich, in dem ‚Gridcon iTAP‘ keine zusätzlichen Leerlaufverluste verursacht. Damit ist er schon heute für die Anforderungen der ab Mitte 2021 geltenden Verordnung gerüstet.“

Stadtwerke Gronau – Erfahrung sammeln

„Wir haben bewusst nach einem Standort gesucht, an dem wir einen regelbaren Ortsnetztransformator aufstellen konnten“, berichtete uns Dipl.-Ing. Herbert  Daldrup, Centerleiter Technik bei den Stadtwerken Gronau. „Wir wollten Erfahrungen sammeln, weil wir glauben, dass der Einbau von Ronts eine der Standardalternativen zu einem Netzausbau sein wird.“ Wie erste Überlegungen zu einer festen Entscheidung reiften, schilderte Daniel Kollbach, Bereichsleiter asset service. Nach wiederkehrenden Störungen bei Industriekunden sei klar geworden, dass man um eine netzstützende Maßnahme nicht herumkomme. So habe man sich entschlossen, den vorhandenen Ortsnetztransformator in der Station „Merschgarten“ gegen einen unter Last regelbaren Transformator  auszutauschen. Das Versorgungsgebiet „Merschgarten“ zeichne sich unter anderem dadurch aus, dass die Last im Netz sehr homogen verteilt sei.
„Für einen Netzausbau hätten wir rund 90000 Euro an Investitionskosten ausgeben müssen, wie unsere Vorplanungen ergeben haben. Der Austausch des vorhandenen Transformators gegen einen Ront war dagegen für 30000 Euro zu bekommen“, erläutert Kollbach seine Kalkulation. Man habe außerdem für den ausrangierten Transformator noch 7000 Euro angesetzt, da er von der Lebenszeit her sicher noch einige Jahre anderweitig verwendet werden könne. Neben den rein finan-
ziellen Vorteilen sei bei den Planungen noch ein wichtiger betriebstechnischer Aspekt deutlich geworden: „Der Einbau eines regelbaren Ortsnetztransformators ist ja auch als Zwischenlösung denkbar für größere netzstützende Maßnahmen, deren Umsetzung einen längeren zeitlichen Vorlauf benötigt.“ Damit sei die Sache klar gewesen, betonte Kollbach: „Wir haben uns für einen Ront statt für einen Netzausbau entschieden und sind uns sicher, dass wir damit richtig liegen.“
Das Vorgehen der Stadtwerke Gronau wird so oder so ähnlich bei vielen Verteilnetzbetreibern ablaufen: Man wählt eine Lösung, für die genügend Know-how im eigenen Haus vorhanden ist. Wenn dann möglicherweise noch eine jahrelang gewachsene Geschäftsbeziehung zu einem erfahrenen Hersteller beziehungsweise Lieferanten besteht und die Vorteile der getroffenen Entscheidung so evident sind wie im geschilderten Fall, dürfte im Grunde nichts schief gehen.
Nach der Auswertung aller Angebote entschieden sich die Stadtwerke Gronau für den regelbaren Ortsnetztransformator „Minera SGrid“ der Firma Schneider Electric. Anders als beim oben vorgestellten Ront der Firma Reinhausen, dessen bewährte Regelstrategien man als Standardlösung bezeichnen könnte, arbeitet das Gegenstück von Schneider Electric mit einem etwas anderen elektrotechnischen Design: Der „Minera SGrid“ hat einen zweiten Transformator mit einer Leistung, die nur 10% der Leistung des Haupttransformators beträgt. „Das Prinzip ist einfach und sicher nicht unbekannt“, erläutert Senior Sales Manager Wolfgang Pierick von Schneider Electric das Konzept. „Wir regeln nicht den großen, sondern den kleinen Transformator (Booster-Trafo) und nutzen dessen Spannung dazu, die Ausgangsspannung des Haupttransformators zu erhöhen oder zu senken. Der große Vorteil liegt darin, dass wir bei der kleineren Transformatorleistung auch nur einen kleineren Umschaltstrom verarbeiten müssen. Und das lässt sich sehr gut mit klassischen Niederspannungsschützen machen, die problemlos, schnell und preisgünstig zu bekommen sind.“ Außerdem könne der Betreiber bei dieser Ront-Version mit geringeren Wartungskosten und geringerem Verschleiß rechnen, so Pierick zum Schluss.

Was der regelbare Ortsnetztransformator „SGrid“ verspricht:

  • Plug-and-play: einfache Installation, geeignet für bestehende Trafostationen, konzipiert für einen autonomen Betrieb, konform mit bestehenden und neuen Richtlinien.
  • Optimal an den Kundenbedarf anpassbar: maßgeschneiderter Spannungsbereich und Schaltstufen für präzisere Regelung, flexible Lösungen für Nennspannung bis 36 kV, Fernüberwachung möglich.
  • Verbesserte Netzqualität: stabilisiert automatisch die Ausgangsspannung, sehr weiter Regelbereich, auch erhöhte Einspeisung von dezentralen Energieerzeugern ohne Spannungsbandverletzung möglich.
  • Erhöhte Verfügbarkeit und extrem reduzierter Servicebedarf: keine mechanisch beweglichen Teile im Transformatorkessel, robustes Design mit bewährten Industriekomponenten.


Angaben zu den Regelungsoptionen:

  • Einfache Regelung: Kunde definiert festen Spannungspunkt, Regelung hält den Ausgangswert des Transformators auf diesem Sollwert.
  • Kompensation von Spannungsausfall: Regelung auf Basis von Leitungsmerkmalen oder Regelung auf Basis der Last des Transformators.
  • Regelung über Netzpunkte: Kunde wählt die Regelung der Ausgangsspannung auf Basis von Messungen an verschiedenen Punkten des Netzes; so wird gewährleistet, dass sich alle Punkte innerhalb eines definierten Spannungsbands befinden.

Literatur:
[1] EN 50160:2010 + Cor.:2010; Deutsche Fassung: Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen, Ausgabe 2011-02.
[2] VDE-AR-N 4105:2011: Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz – Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz, Ausgabe 2011-02, S. 19.
[3] Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena): Roadmap dena-Studie. Systemdienstleis­tungen 2030. Sicherheit und Zuverlässigkeit einer Stromversorgung mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien, Ausgabe 2014.
[4] VDE|FNN: FNN-Studie „Verhalten von Erzeugungsanlagen im Fehlerfall“
[5] Lindner, Marco et al.: Ergebnisse der FNN-Studie zu neuen Verfahren der statischen Spannungshaltung. In: 2. OTTI-Konferenz Zukünftige Stromnetze für Erneuerbare Energie, Ostbayerisches Technologie-Transfer-Institut e.V. (OTTI), Regensburg 2015, S. 104 ff.

Autoren:
Marco Lindner, Ing. Rolf Witzmann, Ole Marggraf, Stefan Laudahn, Bernd Engel, Sören Patzack, Hendrik Vennegeerts, Markus Gödde, Fabian Potratz, Armin Schnettler.


Szenario für „Systemdienstleistungen 2030“
Dem Szenario für das Jahr 2030 liegen folgende Annahmen zugrunde:

  • Die installierte konventionelle Erzeugungsleistung beträgt 87 GW, davon entfallen 41 GW auf Gaskraftwerke und 32 GW auf Stein- und Braunkohlekraftwerke.
  • Es sind keine Kernkraftwerke mehr in Betrieb.
  • Die Kapazität von Pumpspeicherkraftwerken wird mit 11 GW angenommen.
  • Die installierte Leistung von Onshore-Windkraft wird bei 66 GW gesehen;
  • die Offshore-Leistung bei 25 GW.
  • PV-Anlagen werden, so die Prämisse, eine installierte Leistung von 65 GW vorzeigen können.

 


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