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Welche Lüftung braucht das Haus?Wohnsituation - Lüftungskonzept - Lüftungssysteme

Sowohl mit freien als auch mit ventilatorgestützten Lüftungssystemen kann im Allgemeinen der notwendige Luftaustausch in Wohnungen sichergestellt werden. Aufgrund zu beachtender Anforderungen und dem Fortschreiten des Baustandards sind allerdings meist einige Lüftungssysteme für die Auswahl stark eingeschränkt. Aufschluss über die in einer Wohnung möglichen Systeme zum Luftaustausch gibt das Lüftungskonzept, das für Neubauten und meist auch für Altbauten im Falle der Sanierung zu erstellen ist. Vor diesem Hintergrund zeigt der nachfolgende Beitrag Kriterien für die Auswahl von Lüftungssystemen auf.

 

 

Die für ein Gebäude notwendige Lüftung hängt von seiner Bauweise und der Nutzung der Wohnungen ab. Bei der Bauweise hat die Dichtheit und in Maßen die Wärmedämmung der Gebäudehülle Einfluss auf die notwendige Lüftung. Gegenüber einem Gebäude, das vor etwa 50 Jahren erstellt worden ist, weisen Gebäude heute eine vielfach höhere Dichtheit der Gebäudehülle auf (Tabelle 1) [1]. Da der Lüftungswärmeverlust in der Heizperiode auch von der natürlichen Durchlüftung der Räume abhängig ist, ist dieser damit auch entsprechend zurückgegangen.
Die Wärmedämmung von Gebäuden und damit auch die Ausbildung von Wärmebrücken hängen vom Stand der Technik zum Zeitpunkt ihrer Errichtung ab. In Bild 1 sind beispielhaft für ein Reihenhaus mit vier WE die Wärmeverluste abhängig von seinem Baujahr und damit abhängig von den zu verschiedenen Zeiten gültigen Anforderungen in technischen Regeln sowie den gebräuchlichen Techniken dargestellt [2]. Gegenüber einem Gebäude, das vor etwa 50 Jahren erstellt worden ist, ist der Wärmeverlust eines Neubaus heute ebenfalls um ein Vielfaches zurückgegangen. Während bei Altbauten die Wärmeverluste noch von den Transmissionswärmeverlusten dominiert wurden, erreichen heute die Lüftungswärmeverluste bereits die gleiche Größenordnung.
Die Nutzung von Wohnungen hat sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls wesentlich geändert. Während im Durchschnitt die genutzte Fläche je Person stetig zugenommen hat, ist die Feuchtebelastung durch z. B. häufigeres Waschen und Duschen gestiegen. Die Änderungen der Bauweise von Gebäuden und hier insbesondere die höhere Dichtheit der Gebäudehülle in Verbindung mit der geänderten Nutzung von Wohnungen führen in den letzten Jahren zu einer erheblichen Zunahme von Schimmelpilzbildungen. Dies hat eine Zunahme von Allergien und von Gesundheitsproblemen der Nutzer zur Folge [3]. Die große Anzahl von Streitfällen, die sich davon ableiten, erforderte deshalb auch zweckentsprechende Änderungen
der technischen Regeln über die notwendige Lüftung eines Gebäudes für alle Nutzer.

Lüftungserfordernis

Als Maßstab für die Luftverschlechterung in Räumen mit ihrer Vielzahl an möglichen Schadstoffen dienen vorrangig der CO2- und Feuchtegehalt. Der CO2-Gehalt in der Umgebungsluft eines Menschen ist abhängig von der pro Zeiteinheit abgegebenen CO2-Menge und vom zugeführten Außenluftvolumenstrom (Bild 2). Die durch die Atmung pro Zeiteinheit abgegebene CO2-Menge hängt von der Aktivität des Menschen, in Bild 2 dargestellt durch seine abgegebene Leistung in Watt, ab.
Der CO
2-Gehalt in einem Raum sollte auf Dauer 0,1 Vol.-% oder 1000 ppm nicht überschreiten. Dieser Wert stellt die sogenannte Pettenkofer-Zahl dar, bei der sich Menschen wohlfühlen [3].
Der Feuchteanfall in einer Wohnung wird im Wesentlichen durch Menschen und durch die in Wohnungen ablaufenden Prozesse, wie Putzen, Waschen, Kochen aber auch durch die Verdunstung von Pflanzen verursacht (Bild 3). Bei der freigesetzten Feuchte, muss unterschieden werden zwischen einem Wert, der durch die Nutzer verursacht wird und einem Wert, der durch Prozesse, also unabhängig von der Anwesenheit von Nutzern, entsteht. Die durch Nutzer freigesetzte Feuchte ist in der Regel deutlich höher als die durch Prozesse erzeugte Feuchte. In der Raumluft von Wohnungen sind Feuchtewerte zwischen 35 % und 65 % anzustreben [3], [4].
In DIN 1946-6, der für die Lüftung von Wohnungen maßgebenden technischen Regel, werden Mindest- und Außenluftvolumenströme abhängig von der Anzahl an Personen sowie unabhängig von Personen angegeben. In Tabelle 2 [5] sind die Außenluftvolumenströme und die entsprechenden Luftwechsel, wenn eine Raumhöhe von 2,5 m unterstellt wird, abhängig von verschiedenen Wohnungsgrößen zusammengestellt.
Die Angaben bauen auf vier unterschiedliche Lüftungsstufen auf, der Intensivlüftung (IL), der Nennlüftung (NL), der Reduzierten Lüftung (RL) und der Lüftung zum Feuchteschutz (LF), die jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Personen berücksichtigen. Die Wärmedämmung des Gebäudes, in Verbindung mit der Ausbildung von Wärmebrücken, ist dabei für Gebäude mit hoher Wärmedämmung (LF2) und für Gebäude mit niederer Wärmedämmung (LF1) berücksichtigt [3], [6].
Aus Gründen der Gesunderhaltung bzw. Hygiene der Raumluft und der Schadenfreiheit eines Gebäudes ist ein ausreichend hoher Luftaustausch notwendig. Aus Gründen der rationellen Energienutzung wird dagegen ein möglichst niederer Luftaustausch angestrebt. Dieser Zielkonflikt kann mit verschiedenen Lüftungssystemen unterschiedlich gut gelöst werden.

Lüftungssysteme

Für die Realisierung des notwendigen Luftaustausches werden im Wohnungsbau freie und ventilatorgestützte Lüftungssysteme angewendet (Tabelle 3).
Bei den freien Lüftungssystemen wird zwischen der "Lüftung zum Feuchteschutz", der "Querlüftung" und der "Schachtlüftung" unterschieden. Alle freien Lüftungssysteme erzeugen den Luftaustausch über Undichtheiten in der Gebäudehülle, ggf. auch mit Außenluftdurchlässen (ALD) sowie über offene Fenster. Als Antriebskräfte dienen der Wind- und Thermikdruck. Diese stark schwankenden Antriebskräfte erfordern, dass der Nutzer sowohl für die Sicherstellung des Mindest-Luftaustausches als auch für die Regelung des Luftaustausches eingreifen muss.
Bei ventilatorgestützten Lüftungssystemen wird zwischen der "Abluftanlage", der "Zuluftanlage" und der "Zu-/Abluftanlage" unterschieden. Als Antriebskraft wirkt die Förderleistung eines Ventilators und nur in geringem Maße die durch Wind und Thermik verursachte Druckdifferenz. Die Lüftungssysteme können als zentrale oder dezentrale Systeme ausgeführt werden.

Lüftungskonzept

Das Lüftungskonzept hat die Aufgabe, die für eine Wohnung notwendige Lüftung zu ermitteln. Das Konzept ist für jedes neue Gebäude aber auch für jedes Bestandsgebäude, wenn dieses lüftungstechnisch relevant modernisiert wird, zu erstellen.
Die Erstellung eines Lüftungskonzeptes ist in DIN 1946-6 Beiblatt 2 beschrieben [5] [8]. Eine lüftungstechnisch relevante Modernisierung liegt z. B. dann vor, wenn mehr als 1/3 der alten Fenster gegen neue Fenster ausgetauscht werden. Bei EFH ist bei der Undichtheit des Gebäudes auch das Dach in die Betrachtung mit einzubeziehen (Satteldach) [5].
Als Ergebnis ist eine lüftungstechnische Maßnahme dann erforderlich, wenn in den Räumen einer Wohnung die notwendigen Außenluftvolumenströme zum Feuchteschutz durch die Infiltration nicht gedeckt werden können. In dem Beiblatt 2 der DIN 1946-6 wird ferner eine Darstellung der einzelnen Schritte in einem Formblatt vorgeschlagen, um eine lüftungstechnische Maßnahme zu bestimmen.

Bestimmung eines Lüftungssystems

Für die Bestimmung eines Lüftungssystems sind im Wesentlichen zehn verschiedene Kriterien zu beachten [3]. Während bei einem neuen Gebäude so ein Lüftungssystem festgelegt werden kann, ist bei einem Bestandsgebäude zunächst zu ermitteln, ob das bisher angewandte Lüftungssystem noch den geänderten Bedingungen ganz oder teilweise gerecht wird. Zu den Kriterien für die Bestimmung eines Lüftungssystems gehören u. a.:

Besondere Räume

Besondere Räume in einer Wohnung sind z. B. Räume ohne ausreichende Möglichkeit zur freien Lüftung und/oder mit besonders hohem Schadstoffanfall. Nach den Bauordnungen der Länder [10] sind besondere Räume z. B. fensterlose Sanitärräume sowie Räume mit einer Sauna. Die Lüftung von besonderen Räumen erfordert in aller Regel ventilatorgestützte Lüftungssysteme.

Behaglichkeit/Komfort

Durch den Luftaustausch dürfen in jedem Raum einer Wohnung keine zu niederen und zu hohen Temperaturen, keine zu hohen Strömungsgeschwindigkeiten und keine zu niederen und zu hohen Feuchtewerte verursacht werden. Zu beachten ist, dass insbesondere bei Außenluftdurchlässen bei nicht sachgerechter Ausführung Zugbelästigungen verursacht werden können. Während durch eine effiziente Wärmerückgewinnung niedere Außenlufttemperaturen ausreichend angehoben werden können, begrenzt die maximale Zulufttemperatur die mögliche Heizleistung eines Lüftungssystems.

Schall- und Brandschutz

Durch Öffnungen und Leitungen eines Lüftungssystems sowie durch Geräte kann der Schallschutz negativ beeinflusst werden. Gegebenenfalls sind Schalldämpfer vorzusehen. Bei dezentralen Lüftungssystemen ist zudem die Schallemission in den Raum und die Mündung der Ansaug- und Ausblasstelle in Bezug auf benachbarte Fenster zu beurteilen.
Ebenso wie der Schallschutz darf der Brandschutz in Gebäuden durch die Lüftungssysteme nicht negativ beeinflusst werden. Die gemäß den Bauordnungen der Länder geforderte Minimierung der Brand- und Rauchübertragung von Etage zu Etage kann bei zentralen Lüftungssystemen zusätzlich die Anordnung der Luftleitungen und der Komponenten beeinflussen sowie zusätzliche brandschutztechnische Einrichtungen erfordern. Bei dezentralen Lüftungssystemen ist die Mündung der Ansaug- und Ausblasstelle in Bezug auf benachbarte Fenster zu beurteilen.

Betrieb mit Feuerstätten

Bei freien Lüftungssystemen sind in der Regel keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich. Wenn venitlatorgestützte Lüftungsgeräte und Feuerstätten gemeinsam betrieben werden sollen, sind besondere Sicherheitseinrichtungen, die einer eigenen Zulassung bedürfen vorzusehen, die bei Störung der Druckverhältnisse in einem Raum das Lüftungsgerät ausschalten. Auch wenn die Lüftungsgeräte und Feuerstätten nicht gemeinsam (wechselweise) betrieben werden sollen, sind ebenfalls geeignete Sicherheitseinrichtung erforderlich. Bei dezentralen Lüftungssystemen sind alle relevanten Lüftungsgeräte mit der Sicherheitseinrichtung zu verbinden.

Realisierung der Volumenströme

Die notwendigen Volumenströme zur "Lüftung zum Feuchteschutz" müssen nutzerunabhängig sichergestellt werden. Sie sind bei freien Lüftungssystemen über die Undichtheit in der Gebäudehülle und bei ventilatorgestützten Lüftungssystemen über eine Lüftungsstufe des Lüftungsgerätes zu realisieren.
Die notwendigen Volumenströme zur Gesundsheitsvorsorge/Raumlufthygiene
können nutzerabhängig erbracht werden. Sie sind bei freien Lüftungssystemen durch regelmäßiges manuelles öffnen der Fenster durch den Nutzer und bei ventilatorgestützten Lüftungssystemen über die Lüftungsstufe "Nennlüftung" sicherzustellen. Wenn bei freien Lüftungssystemen das regelmäßige Lüften nicht möglich ist, dann sind ventilatorgestützte Systeme auszuwählen.

Erhöhte Raumluftqualität

Für den Fall, dass eine erhöhte Raumluftqualität gefordert ist, bedingt dies z. B. die effektive Filterung der angesaugten Außenluft und ihre Ansaugung von Orten mit geringer Verschmutzung. Zudem ist eine sorgfältige Planung der Anordnung und Ausführung der Luftansaugung, der Luftfilterung, der Auswahl der Baustoffe für die Luftleitungen und der Lüftungsgeräte (H-Geräte) wichtig. Dies gilt für zentrale und dezentrale Lüftungssysteme.

Erhöhter Schallschutz

Bei der Bestimmung eines Lüftungssystems ist zu klären, ob vom Bauherrn ein höherer, über den bauaufsichtlich vorgeschriebenen Mindest-Schallschutz hinausgehender Schallschutz für schutzbedürftige Räume in einer Wohnung
(Wohn-, Schlaf-, Kinderzimmer) gefordert wird.
Neben der Erhaltung der Schalldämmung der Außenwände, auch wenn Bauteile für die Lüftung in ihr angeordnet werden, sind dabei besonders die Schallemission von Lüftungsgeräten und die Weiterleitung von Schall von einer Wohnung in eine andere Wohnung zu beachten.
Bei freien Lüftungssystemen erfordert dies ggf. entsprechende Schallschutzfenster, schallgedämmte Außen- und Überström-Luftdruchlässe. Bei einem ventilatorgestützten System sind die besonderen Schallschutzanforderungen durch eine sachgerechte Planung umzusetzen. Dies ist insbesondere bei dezentral in Wohnungen (Schlaf- und Wohnzimmern) angeordneten Lüftungsgeräten von Bedeutung.

Rationelle Energienutzung

Bei der Bestimmung eines Lüftungssystems ist von Bedeutung, ob vom Bauherrn eine rationelle Energienutzung, z. B. zur Einhaltung von Förderprogrammen, gefordert wird. Dies bedingt, dass kein unnötig hoher Luftaustausch gegeben ist und dass möglichst viel Wärme aus der Abluft bei minimalem Hilfsenergiebedarf zurückgewonnen wird.

Steuerung/Bedienung

Bei der Bestimmung eines Lüftungssystems ist seine Steuerung/Regelung zu klären. Lüftungssysteme für Wohngebäude dürfen von Hand bedient werden, es kommt allerdings zunehmend die Einbindung von Lüftungssystemen in den allgemeinen, ferngesteuerten Betrieb von haustechnischen Anlagen in Betracht, die nur bei ventilatorgestützten Systemen möglich ist.

Kosten

Bei der Festlegung eines Lüftungssystems spielen natürlich auch die Kosten eine große Rolle. Dabei ist zwischen den Investitionskosten und den Betriebskosten zu unterscheiden. Die Investitionskosten sind in aller Regel bei freien Lüftungssystemen gering, während sie bei ventilatorgestützten Systemen durchaus beträchtlich sein können. Die Betriebskosten können dagegen bei freien Lüftungssystemen beträchtlich höher sein, als bei ventilatorgestützten Anlagen. Bedingt wird dies durch die fehlende Wärmerückgewinnung und den häufig unkontrolliert hohen Luftaustausch (z. B. durch gekippte Fenster) in der Heizperiode.

Literatur:

[1]Fingerling, Anne: Luftdicht ist wichtig, schon immer, AIRtec (2006)
[2]Richter, Wolfgang; Hartmann, Thomas;
Kremonke, Andre; Reichel, Dirk: Gewährleistung einer guten Raumluftqualität bei weiterer Senkung der Lüftungswärmeverluste. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 1999
[3]Höß, Anton: Welche Lüftung braucht ein Haus, IRB Verlag, 2013
[4]Höß, Anton: Lüftungsanlagen für Wohnungen, Konzepte und Praxisbeispiele nach DIN 1946-6, Beuth Verlag, 2013
[5]DIN 1946-6: 2009-05. Raumlufttechnik - Teil 6. Lüftung von Wohnungen; Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung
[6]DIN 4108-2: 2003-07, Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden - Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärme-
schutz
[7]Energieeinsparverodnung (EnEV)
[8]DIN 1946-6: 2009-5. Raumlufttechnik - Teil 6: Lüftung von Wohnungen; Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 2: Lüftungskonzept
[9]Schmidt, Rolf: Lüften nach Konzept, IKZ-PRAXIS (2010)
[10]Bauordnungen der einzelnen Bundesländer (BauO)

Autor: Anton Höß, München

 


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