Werbung

Vernetzte Technik

Untersuchungen bestätigen: Die Digitalisierung der Heizung hat zahlreiche Vorteile

Mittels Onlineportal lassen sich auch die Wärmerzeuger im Haus überwachen und steuern. Bild: RWE

In ein Kommunikationsnetz eingebundene Heizung in Berlin-Mitte. Bild: von Plötz/ProShape

Tabelle 1: Einsparpotenziale Neubau und Bestand nach Haushaltsarten.

Beispielsweise können durch digitale Komponenten (oben im Bild) Heizungsverbräuche gespeichert und für die Nutzer visualisiert werden. Bild: von Plötz/ProShape

Dr. Severin Beucker, Gründer und Gesellschafter des Berliner Borderstep-Instituts, erzielte Einsparungen bei einem Sanierungsobjekt von bis zu 30 % im Mietwohnbereich durch digitale Heizungstechnik. Bild: Borderstep

„In Nichtwohngebäuden sind sogar noch höhere Einsparungen möglich“, meint Prof. Dr. Andreas H. Holm, Professor für Bauingenieurwesen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Bild: Hochschule München

Dr. Bernd Wenzel, Vertriebs-Prozess-Management bei Viessmann, sieht den Hauptvorteil im frühzeitigen Erkennen von unregelmäßigen Betriebsverläufen, um drohende Ausfälle zu verhindern. Bild: Viessmann

„Zwar verfügten Heizungsanlagen über einen gewissen Grad an Intelligenz. Trotzdem ist es sinnvoll, die Heizungssteuerung an eine übergeordnete Steuerung anzubinden“, so die Meinung von Prof. Dr. Michael Krödel, Professor an der Hochschule Rosenheim. Bild: Hochschule Rosenheim

 

Der reibungslose Betrieb einer Heizungsanlage hängt zu einem hohen Prozentsatz von der Kommunikationsfähigkeit einzelner Bauteile ab. Können Parameter übermittelt und alle relevanten Daten erfasst werden, lassen sich dadurch frühzeitig Störungen beseitigen und Totalausfälle verhindern. Ein Vorteil, der besonders in halböffentlichen und öffentlichen Bereichen dienlich ist. Doch auch die Energieeffizienz einer Anlage kann durch den Einsatz digitaler Technik positiv beeinflusst werden. Ein Schwerpunkt, der auch auf der ISH vom 14. bis 18. März 2017 in Frankfurt thematisiert wird. Der nachfolgende Artikel liefert vorab einen kleinen Einblick in die Technik und lässt Branchenkenner zu Wort kommen.

Inwieweit macht eine Digitalisierung des Wärmeerzeugers überhaupt Sinn? An erste Stelle stehen hier meist Einsparpotenziale. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) sieht besonders in der Steigerung der Energieeffizienz, der Reduktion von Klimagasen und in den Einsparungen für den Betreiber Vorteile der Technologie. Zudem erhofft er sich für seine Mitglieder und das Handwerk einen Imagegewinn durch die Digitalisierung.
Image hin oder her – für Betreiber und Nutzer zählen jedoch nur handfeste Fakten. Diese wurden von Wissenschaftlern des Fraunhofer Instituts für Bauphysik (IBP) anhand mehrerer Praxisbeispiele digitalisierter Wärmerversorgung in verschiedenen Haushaltstypen gesammelt. Das Ergebnis: Mit smarten Wärmeerzeugern ist eine höhere Effizienz, also die Einsparung von Wärmeenergie, tatsächlich gegeben. Tabelle 1 zeigt die ermittelten Einsparpotenziale. Anders als im Strombereich, wo wegen der Standby-Strome sogar mit wachsenden Verbrauchsmengen gerechnet wird, ist bei der Heizung also ein tatsächlicher und handfester finanzieller Vorteil für Hausbesitzer und Mieter zu erwarten.

Einsparungen kein Selbstläufer
Eine Untersuchung in Berlin gelangte zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Einsparungen bei einem Sanierungsobjekt in Berlin Mitte von bis zu 30 % im Mietwohnbereich ermittelte Dr. Severin Beucker, Gründer und Gesellschafter des Berliner Borderstep-Instituts. Doch das war kein Selbstläufer. Nötig für diese recht hohen Einsparungen war eine Schulung der Mieter. Immerhin konfigurierten 85 % im Anschluss ihre Heizung selbst. Für jeden Raum könnten sie via Handy oder Display Temperaturprofile einstellen. Das Bad
sei dann morgens wohlig warm, während das Schlafzimmer nachts kühl bleibe. „Der schlimmste Fehler, der passieren kann“, so Beucker, „besteht in der Eingewöhnungsphase, wenn die Temperaturen zu hoch oder zu niedrig eingestellt werden.
Ein weiterer Vorteil ist der höhere Service. Denn die Mieter können tagesaktuell ihre Verbräuche überwachen. Die Daten können wetterbereinigt mit denen der Vorjahre verglichen werden.

Einsparungen in Nichtwohngebäuden höher
In Nichtwohngebäuden sind sogar noch höhere Einsparungen möglich. Das meint Prof. Dr. Andreas H. Holm, Professor für Bauingenieurwesen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Insbesondere gelte dies für Gebäude mit nur teilweisem und stundengenauem Wärmebedarf, etwa Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen. Hier kann am besten „menschliches Fehlverhalten“, wie nicht abgedrehte Heizkörper in der Nacht oder zu heiß eingestellte Warmwassertemperaturen, digital neutralisiert werden.
Dafür gibt es schon mehrere praktische Anwendungen. So etwa beim derzeit entstehenden Erweiterungsbau des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau. Nötig ist auch hier eine Schulung, insbesondere des Facility Managements. Aber auch die Mitarbeiter wurden auf die Möglichkeiten der smarten Heizungssteuerung hingewiesen. Verglichen mit einem konventionellen Gebäude und dessen bis 100 Kilowattstunden betragenden Wärmebedarf pro Jahr und Quadratmeter sind dies beim UBA-Erweiterungsbau nur 14 Kilowattstunden.

Heizung aus der Ferne diagnostizieren
Die Digitalisierung ermöglicht darüber hinaus deutlich mehr Service. Und daraus resultieren neue Geschäftsmodelle für die TGA-Branche. So können durch die Digitalisierung Handwerker oder Facility Manager Einstellungen auch aus der Ferne vornehmen. Aber auch drohende Ausfälle sind durch unregelmäßige Betriebsverläufe frühzeitig zu erkennen. Dr. Bernd Wenzel, Vertriebs-Prozess-Management bei Viessmann, vergleicht die Möglichkeiten der quasi minutenaktuellen Fernüberwachung mit der Behandlung von Krankheiten. „Wenn man so früh wie möglich Abweichungen erkennt und Fehler behebt, könnte man die Anlage auch rechtzeitig optimieren und reparieren, Verschleiß hinauszögern und Ausfälle verhindern“, so der Analytik-Fachmann. Das gelte natürlich für alle Arten von Anlagen, auch für Wärmepumpen und Hybride, bei denen etwa Solarthermie oder Biomasse eingekoppelt würden.
Neben den schon erwähnten Frühwarnsystemen könnten Wartungsintervalle nach Betriebsmodus stattfinden, also etwa nach der Zahl der Betriebsstunden. Bisher seien diese aufgrund von Zeit­intervallen festgesetzt und nicht von der Laufleistung, wie etwa bei Pkws, abhängig. Durch die gute Kenntnis der Anlage würde sich auch die Bindung zum Kunden enger gestalten. Generell sei das aber noch Zukunftsmusik.

Was braucht die Digitalisierung
Weniger zukünftig sind die technischen Voraussetzungen. Denn die gibt es schon heute und sie sind schon mehrfach erprobt. „Grundsätzlich genügt dazu eine Schnittstelle. Heizungsanlagen haben eine eigene Steuerung, die das Verhalten der Heizungsanlage und damit deren optimale Ansteuerung besser kennen als ein neutraler, übergeordneter Controller“, so Prof. Dr. Michael Krödel, Professor an der Hochschule Rosenheim für die Fachgebiete Gebäudeautomation, Gebäudetechnik, Datenverarbeitung. Somit verfügten Heizungsanlagen über einen gewissen Grad an Intelligenz. Trotzdem sei es sinnvoll, die Heizungssteuerung an eine übergeordnete Steuerung anzubinden.
Die genannten Einsparpotenziale bedingen deshalb erst einmal eine höhere Investition. Eine Grundinstallation von Heimvernetzungstechnik für das Energiemanagement kann im Bestand 25 bis 30 Euro je Quadratmeter Wohnfläche kos­ten. Im Neubau liegen die Kosten deutlich niedriger, wenn der Planer dies von Anfang an berücksichtigt.
Der Unterschied zu einer herkömmlichen Heizung liegt also in der Einbindung in ein Kommunikationsnetz wie dem Internet. Alle relevanten Funktionen und Parameter können dadurch im Klartext und in Echtzeit angezeigt werden, und das auf verschiedenen Endgeräten wie Laptop oder Handy. Was früher dem Servicetechniker oder dem Heizungsbauer vorbehalten war, kann nun jeder per App bewältigen. Einstellbar sind Zeiträume, wann geheizt werden soll, und das für jede Stunde an jedem Tag des Jahres sowie für jedes einzelne Zimmer eines Hauses. Das betrifft auch Raum- und Trinkwassertemperatur oder die Lüftung der Wohnung vor dem Heizen bei entsprechend „intelligenten“ Fenstern.
Vorstellbar ist auch die Einkopplung von Wetterdaten zur Verbrauchsoptimierung. Das macht sich besonders bei hybriden Heizungssystemen, etwa mit der Komponente Solarthermie, bezahlt. So kann man die Heizung vorausschauend betreiben und die Energieträger auswählen. Sind morgens Sonnenschein und nachmittags Wolken angesagt, lädt die Solaranlage den Pufferspeicher auf und die andere Heizquelle wird gar nicht erst benötigt.

Problem Datensicherheit
Ein Problem betrifft die Angreifbarkeit der Systeme durch Hacker, auch weil viele Daten in einer Cloud gespeichert werden müssen, damit sie mobil abrufbar und nutzbar sind. Erst im November 2016 wurde ein Fall in Finnland bekannt, wo tagelang Heizungen durch einen externen Hackerangriff stillgelegt wurden. Der Hackerangriff mittels Bots auf das Tele­komnetz ebenfalls im November, bei dem auch zahlreiche Router für Haushaltsdigitalisierungen betroffen waren, fällt ebenfalls in diese Kategorie.
Zwar liegt bei digitalisierten Heizungsanlagen die Priorität auf der Gewährleis­tung der vollen Funktionsfähigkeit zu jedem Zeitpunkt. Eine 100%ige Sicherheit gibt es jedoch nicht. Hacker-Angriffe sind sowohl in funkbasierten oder verkabelten Systemen vorstellbar. Viele Daten müssen zudem in einer Cloud gespeichert werden, damit sie mobil abrufbar und nutzbar sind. Die daraus resultierenden Mängel konterkarieren zu Teilen den Nutzen der digitalisierten Heizung.

Autor: Frank Urbansky

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: