Werbung

Ökologische Betrachtungen von Batterien

Ab wann wird eine Batterie energetisch positiv?

Primärenergiebedarf auf Zellebene – Modellierung mit Echtdaten auf Minusbasis.

Primärenergiebedarf auf Zellebene – Bilanz über die Gesamtlebensdauer.

Gesamtbilanz auf Systemebene.

 

Speicherkapazität, Wirkungsgrade, Entladetiefe und Kosten – typische Schlagworte im Zusammenhang mit Batterien für Stromspeicher & Co. Umfassende Kennzahlen zum Energiestatus bieten Forschung und Industrie. Umgekehrt betrachtet, wird es schon schwieriger. Die Antwort auf die Frage „Wie viel Primärenergiebedarf die Produktion von Batterien eigentlich erfordert“, wurde bisher eher stiefmütterlich behandelt. Der renommierte Professor Dr. Karl-Heinz Pettinger, Mitglied im neu berufenen wissenschaftlichen Beirat „Batterieforum Deutschland“, erweitert nun die bestehenden Daten um die ökologische Betrachtung von Batterien. Zusammen mit Winny Dong, Professorin für Chemie und Werkstofftechnik an der California State Polytechnic Universität, ermittelte er die exemplarische Lebenszyklusanalyse einer Batterie. Im Fokus stand die Frage: Wie oft muss ich eine Batterie be- oder entladen, bis sie mehr Energie abgibt, als zu ihrer Herstellung benötigt wurde? Kurz gesagt: Ab wann wird eine Batterie energetisch positiv?
Betrachtet wird der Primärenergiebedarf auf Zell- und Systemebene. Im ersten Schritt wurde die Zellebene analysiert. Um eine optimale Vergleichbarkeit zu erreichen, liegt eine typische Heimspeicheranwendung als Basis zugrunde. Eine Modellierung mit Eckdaten auf Minutenbasis. Genauer, ein Speicher mit 7,5 kWh, 20 Jahre Betriebsdauer und PV-Einstrahlung am Standort Niederbayern, passend zum normalen Verbrauch von 4000 kWh pro Jahr eines 4-Personen-Haushaltes.
Anhand dieses Beispiels wurde der Primärenergiebedarf von Blei- und Lithium-Ionen-Technologie verglichen. Die Frage lautet also: Wie viel Energie wird für die Herstellung und den Transport eines Bleispeichers/Lithium-Ionen-Speichers mit 7,5 kWh benötigt? Die Berechnungen folgten den Daten realer Fabriken. Für beide Technologien lagen, gemessen an asiatischen Stückzahlen, kleine Linien von einer Millionen Stück für Li-Ionen (Produktionslinie für 20,5 Ah Zellen mit 3,7 V) und 1,4 Millionen Batterien pro Jahr mit Blei (60 Ah Starter Batterie 12 V) vor. Berücksichtigt wurden Wirkungsgrade, Nutzungstiefe und Lebensdauer.

Primärenergiebedarf auf Zellebene

Beide Professoren waren vor Ort, in deutschen und italienischen Batteriefabriken, und haben bereits Erfahrungen mit der industriellen Batterieproduktion, sodass die wesentlichen Kennzahlen schnell ermittelt waren. Die Zahl der Jahresproduktion ergab den Jahresenergiebedarf, und daraus ergab sich der Energieeinsatz zur Produktion einer Batterie. Dann stellte sich die Frage, „Wie oft muss die Batterie be- und entladen werden, bis sich dieser Energiebedarf amortisiert hat“? Das Ergebnis ist überraschend deutlich. Der Heimspeicher mit Blei-Batterie muss 14 x be- und entladen werden, um die Amortisation zu erreichen. Bei der Li-Ionen-Technologie lautet die Zahl 60. Das Verhältnis der nominalen Kapazität zum Energieaufwand der Produktion liegt bei Li-Ionen bei 1:50 und bei Blei-Säure bei 1:14.
Der Grund für diese starke Differenz liegt im Produktionsprozess. Die Herstellung von Blei-Batterien ist wesentlich energieärmer und einfacher im Prozess, das wiederum liegt an der Elektrodenstruktur, genauer, an der Chemie im Inneren der Zelle. Bei der Produktion von Blei-Batterien kann mit dickeren Elektroden gearbeitet werden, während die Li-Ionen-Produktion auf sehr dünnen und empfindlichen Elektroden basiert. Li-Ionen-Batterien benötigen für die gleiche Speicherkapazität zehnmal mehr Quadratmeter als Blei-Batterien. Die Bleibatterieproduktion ist damit weniger energieintensiv.
Der nächste Aspekt in der Life-Time-Analyse von Batterien gilt dem Transport. Hier stießen die Initiatoren auf ein Problem bei der Datenerhebung. Die Frage „Wo kommen die Rohstoffe zur Produktion her“, konnte nicht ausreichend beantwortet werden. Zwar existieren einige Studien, aber diese sind aufgrund der großen Streubreite der Angaben nicht aussagekräftig.
Eines ist aber klar, bei lokaler Rohstoffgewinnung bleibt der Transportwert gering; im Gegensatz zu Rohstoffen aus Südamerika. „Wir haben den Transport der Rohstoffe aus der Betrachtung ausgeklammert, nach dem wir erstaunt festgestellt haben, dass dieser für das Gesamtergebnis der Transportkosten kaum eine Rolle spielt“, erläutert Prof. Pettinger. Zu Bedenken gilt, dass die Rohstoffgewinnung von Li-Ionen innerhalb kritischerer Rahmenbedingungen erfolgt als dies bei Blei der Fall ist.

Hoher, energetischer Transportanteil

Für die restliche Transportbetrachtung, also den Transport vom Produktionsort bis zum Abnehmer,  wurden beide Batterie-Speichertechnologien und ihre Transportkosten in Bezug auf die benö-
tigte Primärenergie verglichen. Dabei lag in beiden Fällen das „worst case szenario“ zugrunde: Die Batterie wird in Asien gebaut, auf ein Schiff verladen, nach Hamburg geliefert und per Lkw in den süddeutschen Raum transportiert. Dafür wurden unzählige Datenbanken vom Umweltbundesministerium und Wirtschaftsministerium analysiert. Hier findet sich für jedes Produkt, jede Transportstrecke die Angabe des nötigen Kohlendioxidbedarfes bzw. Energieaufwands.
Das Ergebnis: Der berechnete Transport benötigt fast genauso viel Energie wie die Herstellung der Batterie. Der gesamte Transportenergieaufwand liegt in der Größenordnung der Herstellungs­energie. Transport ist also ein echter „Energiefresser“ und belastet die CO2-Bilanz erheblich. Ein Ergebnis, das beide Batterie-Technologien trifft. „Wir schätzen, dass ca. 60  % der Batterien über das ‚worst
case szenario‘ importiert werden“, kommentiert Prof. Pettinger. Regional produziert und bei kurzer Transportstrecke rechnet sich die Bleibatterie nach 0,7 Jahren Betriebsdauer in der PV-Anwendung. Die Lithium-Ionen-Batterie nach 1,2 Jahren.
In ökonomischer Hinsicht wirkt sich der Transport kaum aus, da der Transport, gemessen an den negativen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen, viel zu billig ist. „Bei lokaler Produktion wäre die Batterienutzung viel schneller ökologisch rentabel“, kommentiert Prof. Pettinger.
Im Fall von Blei-Batterien fällt dies leichter. In Italien und Deutschland finden sich Hersteller. Lithium-Ionen-Batterien dagegen, werden auch in Zukunft größtenteils aus Asien, Nordamerika oder Frankreich bezogen. Zwar gibt es Ansätze, auch in Deutschland Batterieproduktion von Li-Ionen zu etablieren, aber ein echter Durchbruch ist noch nicht in Sicht.

Gesamtbilanz auf Systemebene
Der klare Nachteil der Lithium-Ionen-Technologie kehrt sich allerdings ins Gegenteil um, sobald man die Bilanz über die Gesamtlebensdauer einer Zelle betrachtet. Die Li-Ionen-Batterie wird im zugrunde gelegten PV-Speicherbeispiel 10 000-mal mit 80 % Entladungstiefe entladen. Blei nur 2000-mal mit 50 % Entladungstiefe. Der Grund: Bleichemie lebt nicht länger und darf nicht tiefer entladen werden als mit 50 %. Das bedeutet, eine Li-Ionen-Batterie lebt im Vergleich 5-mal länger. Betrachtet man also den Primärenergiebedarf zur Schaffung einer kWh Speicherungkapazität über die Gesamtnutzung in 20 Jahren, benötigt die Li-Ionen-Batterie etwa 0,002 kWh und die Blei-Batterie circa 0,014 kWh.
Hiermit bewiesen die Forscher, dass Speicherbatterien wesentlich weniger
Energie zur Herstellung benötigen, als diese in ihrem Lebenszyklus dem Nutzer wieder zur Verfügung stellen können. Damit kompensiert sich der Primärenergieeinsatz auf die Lebensdauer und Li-Ionen-Batterien schneiden ökologisch besser ab als Blei, obwohl Blei in Herstellung und Transport viel günstiger ist.
Bezogen auf die Lebensbilanz in der PV-Anwendung – gesamte gespeicherte Energie gegen die Produktionsenergie – überholt die Lithium-Ionen-Batterie also die Blei-Anwendung. Aber auf System­ebene ist der Unterschied zwischen den beiden Technologien bei Weitem nicht so groß wie auf Zellebene. In der gesamten Lebenszyklusanalyse ist Li-Ionen ca. um das 1,4-Fache effektiver als Blei. Kein allzu großer Abstand von einer alt-bewährten Technologie zu dem modernsten, was der Markt momentan zu bieten hat.
Für den Nutzer dürfte die Tatsache, dass eine Blei-Batterie mit einem Viertel der Energie von Li-Ionen Speicherkapazität erzeugt werden kann, weniger interessant sein, die Auswirkungen auf das Preisniveau dagegen schon. Der billigere Blei-Prozess wirkt sich auf die Herstellerkosten aus. Momentan liegen diese zwischen 17 und 20 Euro pro kWh. Die empfindlich zu fertigen und mit hohem Technologieaufwand versehenen Li-Ionen-Batterien werden mit etwa 200 – 280 Euro pro kWh angegeben. Das sind die Preisspannen zweier konkurrierender Technologien, um die gleiche Menge an Energie zu speichern.
Schließt man den Kreis nun wieder zum Anfang der Analyse, dem Heimspeicher mit 7,5 kWh und einer Nutzungsdauer von 20 Jahren, fällt die Gesamtbilanz auf Systemebene also pro Li-Ionen-Technologie aus. Die ökologische Amortisation im „worst case“ erzielt die Blei-Batterie nach 1,86 Jahren und die Li-Ionen-Batterie nach 0,65 Jahren. 2823 kWh Primär­energie zur Erzeugung des Blei-Speichers stehen 1083 kWh gegenüber.
Trotz des extrem hohen Primärenergieaufwands für die Herstellung und Lieferung beider Batteriesysteme, rechnet sich die Batteriespeicherung in beiden Technologien für den Nutzer, sodass beide Systeme auch in Zukunft am Heimspeichermarkt zu finden sind. Blei, als sehr robustes, preiswertes und einfach zu fertigendes Batteriesystem, ist für Häuser mit großem Keller oder Garage gut geeignet. Im Gegensatz zu den neuen Energieplushäusern. Denn der, für Blei-Batterien geforderte, Batterieraum wird hier zum Problem. Es sind sogenannte Batterieräume notwendig. Diese müssen mit einem kleinen explosionsgeschützten Lüfter ausgestattet werden, um Unfälle bei potenzieller Wasserstoffentwicklung zu verhindern. Allerdings zerstört solch eine Belüftung im Falle von Energie-Plus-Häusern die dichte Gebäudehülle und damit die geforderten KfW-Werte.
Li-Ionen-Batterien benötigen diese Batterieräume nicht, da hier keine Gasbildung entsteht. Diese rechtlich geschaffene Extrahürde am Heimspeichermarkt erschwert den Erfolg von Blei-Batterien und fördert gleichzeitig den Einsatz von Li-Ionen-Batteriesystemen. Aber die „alten Märkte“ wie Starterbatterien, unterbrechungsfreie Stromversorgung werden weiterhin von Blei beherrscht.

Second-Life-Konzepte gefragt
Zum Abschluss der Betrachtung der Gesamt-Lebensanalyse wird das Thema Recycling angerissen, allerdings nicht in die Berechnungen mit aufgenommen. Für Blei gibt es optimal abgestimmte Recyclingmechanismen. Zurzeit werden etwa 96 % der Bestandteile von Bleibatterien wieder verwendet. Am Ende bleiben nur ein paar Glasfaservliese übrig. Der Rest, vom Gehäuse bis zur Säure, wird eins zu eins für neue Batterien wieder verwendet. Bereits seit 1960 wird dieser Kreislauf gelebt. Das eingeführte Batteriepfand sicherte die hohen Rücklaufquoten.
Lithium-Ionen-Batterien werden im Augenblick von den Herstellern zurückgenommen und deponiert. Wie das Recycling der enthaltenen Rohstoffe aussehen könnte, darüber wird hitzig diskutiert, aber bisher ohne Mechanismen zu generieren. Die Kosten für eine spätere Verwertung oder Entsorgung bleibt beim Preis von Li-Ionen-Batterien unberücksichtigt. Aber reale „Second Life Konzepte“ finden sich bereits heute in interessanten Begleit- und Wirkungsforschungen.
Fazit: Wiederaufladbare Batterien amortisieren sich ökologisch sehr schnell. In der Heim-Photovoltaik-Anwendung ist dies für Blei-Batterien nach 20 Monaten und für Li-Ionen-Systeme bereits nach 8 Monaten Betrieb der Fall.

Aurorin: Jacqueline Koch, freie Fachautorin
Bilder: Professor Dr. Karl-Heinz Pettinger

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: