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Kostensenkungspotenzial in der Kältetechnik

Anlagen mit natürlichen Kältemitteln energieeffizient betreiben

Michael Elsen, Vertriebsleiter beim Eurammon Mitglied Kreutzträger Kältetechnik GmbH & Co.KG.

Tabelle 1: Ozonzerstörungs- und Treibhauspotenzial von Kältemitteln.

 

Ob Energiewende in Deutschland oder Energieeffizienz-Gesetz in Österreich – für Unternehmen in Europa und weltweit wird es aus ökologischer und ökonomischer Sicht immer wichtiger, Energie effizient zu nutzen. Im Zuge dessen erkennen immer mehr Planer, Bauer und Betreiber von Kälte- und Klimaanlagen, welches Kostensenkungspotenzial in ihrer Kältetechnik steckt. Wie energieeffizient die Anlagen arbeiten, lässt sich an den Betriebskosten ablesen. Und die hängen auch von der Wahl des Kältemittels ab. Hier können natürliche Kältemittel punkten: sie sind unbegrenzt verfügbar und zukunftssicher, darüber hinaus sehr preiswert und können in nahezu jeder Kälteanwendung eingesetzt werden. Mit einem ODP von 0 und einem GWP zwischen 0 und 3 sind sie außerdem besonders umweltfreundlich. Im nachfolgenden Interview erklärt Eurammon Mitglied Michael Elsen, Vertriebsleiter der Kreutzträger Kältetechnik GmbH & Co. KG, warum sich der Einsatz natürlicher Kältemittel positiv auf die Energieeffizienz von Kälteanlagen auswirkt.
IKZ-KLIMA: Herr Elsen, das Kältemittel ist das zentrale Arbeits- und Betriebsmittel jeder Kälteanlage. Es hat hat damit maßgeblichen Anteil an ihrer Leistung. Wie groß ist dabei der Einfluss, den das Kältemittel auf die Energieeffizienz der Anlage hat?
Michael Elsen: Ja, das Kältemittel hat Einfluss auf die Energieeffizienz der Kälteanlage. Die thermodynamischen Eigenschaften bestimmen die Verdichterbaugröße und damit einhergehende Verlustanteile, die auch einen Anteil am Gesamtleistungsbedarf der Kälteanlagen haben. Der Leistungsbedarf der eingesetzten Nebenantriebe ist dabei keineswegs zu vernachlässigen, etwa bei Pumpen und den Ventilatoren der Wärmetauscher.

IKZ-KLIMA: Wie unterscheiden sich hierbei die direkte und die indirekte Kühlung?
Michael Elsen: Direkte Kühlsysteme, bei denen das Kältemittel unmittelbar im Verdampfer an der Kühlstelle durch Wärmeaufnahme verdampft, sind gegenüber indirekten Systemen, die einen Kälteträger verwenden, klar im Vorteil. Denn diese benötigen für den Wärmetransport eine zusätzliche Temperaturdifferenz und eine Pumpenleistung für den Kälteträgertransport.
Modernste Anlagenkonzepte erlauben den Einsatz direkter Kühlsysteme mit natürlichen Kältemitteln bei gleichzeitig minimalen Füllmengen. Selbst bei großen industriellen Kälteanlagen im Megawattbereich lassen sich so aufwendige Abnahmen nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) vermeiden.

IKZ-KLIMA:
Welche physikalischen Eigenschaften natürlicher Kältemittel sorgen dafür, dass Anlagen energieeffizient laufen?
Michael Elsen: Natürliche Kältemittel zeichnen sich durch eine ganze Reihe physikalischer Eigenschaften aus, insbesondere im Hinblick auf die Energieeffizienz. So besitzt ein effizientes Kältemittel einen möglichst hohen Wert bei der spezifischen Verdampfungsen-
thalpie. Das ist die Wärmemenge, die erforderlich ist, um 1 kg Kältemittel bei gleich-
bleibender Temperatur zu verdampfen.
Des Weiteren lassen sich aus der volumetrischen Kälteleistung, die von den stofflichen Eigenschaften abhängt, erhebliche Abweichungen in der Kälteleistung ableiten.

IKZ-KLIMA:
Wofür steht die volumetrische Kälteleistung?
Michael Elsen: Die volumetrische Kälteleistung stellt dar, wie viel Kälteleistung mit 1 m³ Kältemittel theoretisch realisiert werden kann. Je größer dieser Wert ist, umso weniger Kältemittel muss für eine bestimmte Kälteleistung umgewälzt werden. D. h. wiederum, dass dadurch auch Energieverluste in Anlagenkomponenten sinken.
Der Isentropenexponent ist der Quotient aus der spezifischen Wärme bei konstantem Druck durch die spezifische Wärme bei konstantem Volumen. Bei Kältemitteln, die über einen hohen Isentropenexponenten verfügen, treten hohe Verdichtungsendtemperaturen auf, was insbesondere für die Wärmerückgewinnung von Vorteil sein kann.
Ein niedriges Druckverhältnis zwischen Saug- und Verflüssigungsdruck beeinflusst vorteilhaft Liefergrad und Energiebedarf.

IKZ-KLIMA: In welchen Kälte- und Klimaanwendungen ist der Einsatz von natürlichen Kältemitteln besonders energieeffizient und warum?
Michael Elsen: Insbesondere im Bereich industrieller Kälteanlagen ist die Verwendung von natürlichen Kältemitteln wirtschaftlich darstellbar. Bei Anlagen mit einer Kälteleistung über ca. 100 kW rechtfertigen die Effizienzvorteile den notwendigen erhöhten Investitionsbedarf. Meist amortisieren sich die Kosten innerhalb von zwei bis fünf Jahren gegenüber Anlagen mit synthetischen Kältemitteln.
Das Einsatzspektrum für Kälteanlagen mit natürlichem Kältemittel wird ständig erweitert. Selbst bei Anwendungen, bei denen man vor Jahren noch auf synthetische Kältemittel zurückgegriffen hätte, sind natürliche Kältemittel, wie z. B. Ammoniak, Kohlendi­oxyd und Propan, heute die 1. Wahl. Zurzeit kommen Anlagen mit natürlichen Kältemitteln vor allem in industriellen Kälteanwendungen zum Einsatz. Wie etwa in der Logistik bei Tiefkühltunneln und Frostern, in Brauereien und Molkereien, aber auch in Lebensmittelverarbeitungsbetrieben (Schlachthöfe, Speiseeisfabriken, Großbäckereien usw.). Aber auch bei Wärmepumpen und vor allem im Supermarkt schreitet aktuell die Umstellung voran.
In Ammoniak-Anlagen zur Wasserkühlung, die mit Verdunstungsverflüssiger oder mit luftgekühltem Verflüssiger ausgerüstet sind, lässt sich die extrem große Verdampfungsenthalpie von Ammoniak zur freien Kühlung ausnutzen, d. h. zur Wärmeabfuhr an die Umgebung ohne Verdichterbetrieb, sobald es die Außentemperatur ermöglicht.

IKZ-KLIMA: Das natürliche Kältemittel Ammoniak ist also für viele Einsatzbereiche das wirtschaftlichste Kältemittel. Warum ist das so, was macht Ammoniak besonders energieeffizient?
Michael Elsen: Die hohe spezifische Verdampfungsenthalpie von Ammoniak und die geringen in den Kälteanlagen auftretenden Drücke, die relativ geringe Dichte und der sehr gute Wärmeübergang beeinflussen Leitungsquerschnitte und Abmessung von Wärmeübertragern und Kältemittelverdichtern. Das wirkt sich im Vergleich zu synthetischen Kältemitteln auf den Gesamtleistungsbedarf der Anlage positiv aus.
Aufgrund des hohen Isentropenexponenten des Ammoniaks kann das aus dem Verdichter austretende Druckgas – je nach Auslegung der Anlagenkomponenten – bis zu 150 °C betragen. Dieses Tempera-
turniveau ist für die Warmwasserbereitung bestens geeignet. So lassen sich Warmwassertemperaturen von ca.  60 °C bei einer Heizleistung von etwa 15 % der Kälteleistung erzielen, ohne hierfür zusätzliche Energie aufwenden zu müssen.

IKZ-KLIMA: In vielen Branchen stehen Kälteanlagenbetreiber vor der Herausforderung, die Treibhausgasemissionen ihrer Gewerbekälteanlagen zu reduzieren. Oder sie sehen sich im Rahmen der Energiewende dazu veranlasst, die Energieeffizienz ihrer Anlagen zu steigern. Für welche Branchen und Gewerbe ist der Wechsel auf natürliche Kältemittel eine besonders effektive Option?
Michael Elsen: Letztendlich beschränkt sich der Einsatz von natürlichen Kältemitteln nicht auf spezielle Branchen und Kälteanlagen. Vielmehr ergeben sich aus den thermodynamischen Eigenschaften
dieser Kältemittel, deren Einsatzgrenzen es in Abhängigkeit der Anwendung zu berücksichtigen gilt, auch zahlreiche Vorteile hinsichtlich Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz. Bei der Wahl des Kältemittels darf die Wirtschaftlichkeit des gesamten Anlagenkonzepts jedoch nicht aus den Augen gelassen werden. Eine Beschränkung auf bestimmte Einsatzfälle wäre grundlegend falsch.
So finden wir heute Anlagen mit natürlichen Kältemitteln in nahezu allen Leistungs- und Anwendungsbereichen. Um für den Betreiber die optimale Lösung zu entwickeln, braucht es fachlich qualifizierte und erfahrene Unternehmen, die objektiv unter Beachtung ökologischer und wirtschaftlicher Faktoren eine auf die Belange des Betreibers zugeschnittene Lösung erarbeiten.

IKZ-KLIMA: Herr Elsen, vielen Dank für das Gespräch.

Bilder: Eurammon

www.eurammon.com


Erläuterungen kurz gefasst

Ammoniak (NH3)
Ammoniak wird als Kältemittel seit über 130 Jahren erfolgreich in Industriekälteanlagen eingesetzt. Es ist ein farbloses, unter Druck verflüssigtes Gas mit stechendem Geruch. Als Kältemittel ist Ammoniak unter der kältetechnischen Bezeichnung
R 717 (R = Refrigerant) bekannt und wird für die Verwendung in der Kältetechnik synthetisch hergestellt. Ammoniak hat kein Ozonabbaupotenzial (ODP = 0) und keinen direkten Treibhauseffekt (GWP = 0). Aufgrund der hohen Energieeffizienz ist auch der Beitrag zum indirekten Treibhauseffekt vergleichsweise gering. Ammoniak ist bedingt brennbar. Die erforderliche Zündenergie ist jedoch 50-mal höher als die von Erdgas, und ohne Stützflamme brennt Ammoniak nicht weiter. In Verbindung mit der hohen Affinität des Ammoniaks zur Luftfeuchtigkeit hat das zur Einstufung als schwer entzündlich geführt. Ammoniak ist giftig, besitzt aber einen charakteristischen, stechenden Geruch mit hoher Warnwirkung und ist bereits ab einer Konzentration von 3 mg/m3 in der Luft wahrnehmbar, was bedeutet, dass die Warnwirkung lange vor einer gesundheitsschädlichen Konzentration (> 1750 mg/m3) eintritt. Ammoniak ist des Weiteren leichter als Luft und steigt deshalb schnell auf.

Kohlendioxid (CO2)

Kohlendioxid ist in der Kältetechnik unter der kältetechnischen Bezeichnung
R 744 bekannt und verfügt dort über eine lange Tradition, die bis weit ins 19. Jahrhundert reicht. Es ist ein farbloses, unter Druck verflüssigtes Gas mit schwach säuerlichem Geruch beziehungsweise Geschmack. Kohlendioxid besitzt kein Ozonabbaupotenzial (ODP = 0) und in der Verwendung als Kältemittel in geschlossenen Kreisläufen einen vernachlässigbaren direkten Treibhauseffekt (GWP = 1). Es ist nicht brennbar, chemisch inaktiv und schwerer als Luft. Auf den Menschen wirkt Kohlendioxid erst bei hohen Konzentrationen narkotisierend und erstickend. Da die Energieeffizienz von Kohlendioxid gegenüber anderen Kältemitteln geringer ist, wird in jüngster Zeit besonders daran gearbeitet, die Anlagentechnik für spezifische Anwendungen zu optimieren, und es werden laufend effektivere Kälteanlagen entwickelt, um diese Lücke zu schließen. Kohlendioxid ist in sehr großen Mengen natürlich vorhanden.

Kohlenwasserstoffe
Kälteanlagen mit Kohlenwasserstoffen wie Propan (C3H8), in der Kältetechnik auch bekannt unter der Bezeichnung R 290, oder Butan (C4H10), bekannt unter der Bezeichnung R 600a, sind weltweit seit vielen Jahren in Betrieb. Kohlenwasserstoffe sind unter Druck verflüssigte, farb- und fast geruchlose Gase, die weder ein Ozon­abbaupotenzial (ODP = 0) noch einen nennenswerten direkten Treibhauseffekt (GWP = 3) haben. Dank ihrer guten thermodynamischen Eigenschaften sind Kohlenwasserstoffe besonders energiesparende Kältemittel. Sie sind schwerer als Luft und wirken in hohen Konzentrationen narkotisierend und erstickend. Kohlenwasserstoffe sind brennbar und können mit Luft explosive Gemische bilden. Aufgrund der vorhandenen Sicherheitsvorrichtungen liegen die Kältemittelverluste jedoch nahe null. Kohlenwasserstoffe sind weltweit preiswert erhältlich und werden dank ihrer kältetechnischen Eigenschaften besonders in Anlagen mit geringen Füllmengen eingesetzt.

Ozone Depletion Potential (ODP)
Die Schädigung der Ozonschicht wird vor allem durch den Chlor-, Fluor- oder Bromanteil in Verbindungen verursacht, die in der Lage sind, Ozonmoleküle (O3) zu spalten und damit die Ozonschicht zerstören. Das Ozonzerstörungspotenzial (ODP) einer Verbindung wird als Chlor-Äquivalent angegeben (ODP eines Chlormoleküls = 1).

Global Warming Potential (GWP)
Der Treibhauseffekt entsteht durch die Fähigkeit von Stoffen in der Atmosphäre, die von der Erde abgestrahlte Wärme zurück auf die Erde zu werfen. Das direkte Treibhauspotenzial (GWP) einer Verbindung wird als CO2-Äquivalent gemessen (GWP eines CO2-Moleküls = 1).

 


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