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Komplexe Herausforderung: Planen der Gebäude­automation

Nur mit aktuellem Wissen und vernetztem Arbeiten können Experten für Gebäudeautomation dazu beitragen, dass Immobilien nachhaltig betrieben werden

BACnet – intelligente Kommunikation für effiziente Gebäude. Bild: Sauter-Cumulus GmbH

Koordinationsverpflichtung am Bau. Bild: GA Ingenieurgesellschaft mbH

Systemintegrationstabelle und Auszug aus Ablaufdiagrammen, …

… beide gemäß VDI Richtlinienreihe 3814. Bild: GA Ingenieurgesellschaft mbH

 

Die Gebäudeautomation (GA) ist eine Voraussetzung für das umfassende Management von Immobilien. Unter anderem bedingt durch neue Ansprüche, Gesetze und Technik wird ihre Planung immer komplexer. Hier ist die Richtlinienreihe VDI 3814 „Gebäudeautomation“ [1] zu beachten. Sie gilt für Einrichtungen, Software und Dienstleistungen zur automatischen Steuerung und Regelung, Überwachung, Optimierung und Bedienung sowie für das Management zum energieeffizienten und sicheren Betrieb der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA). In der Praxis gibt es dafür aber die vielfältigsten Ansätze: Vom Kopieren und Wiederverwenden bewährter Lösungen, über die Zusammenstellung jahrelang gesammelter Anforderungen bis zur unerlaubten Unterstützung durch potenzielle Auftragnehmer. Deshalb stellen sich die Fragen: Bei welchen Projekten wird ein GA-Fachplaner benötigt? Was muss er bei seiner Beauftragung wann und in welcher Detailtiefe leisten? Wie kann die Planung der GA im Allgemeinen verbessert werden?

Überblick: Fachplaner der GA
Vom Fachplaner der GA und insbesondere vom Systemintegrationsplaner wird neben den unverzichtbaren Kenntnissen der Elektro- und Verfahrenstechnik ein großes Wissensspektrum vorausgesetzt. Dieses reicht von den Grundlagen der Mess-, Steuer- und Regeltechnik (MSR) über die Automatisierungstechnik und die Informationstechnologie mit Details der Datenkommunikationsprotokolle bis hin zum „Internet der Dinge“ (Internet of Things, IoT). Darüber hinaus wird ein umfängliches Verständnis für die vielfältigsten zu integrierenden technischen Systeme verlangt.
Die entsprechende Ausbildung in den jeweiligen Wissensteilbereichen liegt beim Großteil der Fachplaner vor. Junge europäische Ingenieure können jedoch selten allein durch ihre Erstausbildung das komplette Fachgebiet der GA abdecken. Das liegt auch daran, dass es erst seit 2009 – vor allem infolge der neuen „Anlagengruppe 8, Gebäudeautomation“ als eigenständigen Leistungsbereich der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) – Bestrebungen gibt, eine vollumfängliche Ausbildung zum Fachingenieur Gebäudeautomation oder ein berufsbegleitendes GA-Masterstudium an technischen Hochschulen anzubieten.
Die „alten Hasen“ der Planungsbranche beherrschen die Verfahrenstechnik, Elektrotechnik und MSR aus ihrer Erfahrung. Sie haben in ihren Arbeitsjahren meist ein großes Sortiment an „funktionierenden“ Auftragnehmern und an bewährten Ausschreibungsunterlagen gesammelt. Solche Ansätze bergen aber immer die Gefahr, dass sie nicht kontinuierlich fortgeschrieben und aktualisiert werden.

Die Schlüsselprobleme der GA-Planung
Die GA stellt im Bauprozess einen sehr wichtigen und für den Betrieb des Gebäudes den entscheidenden Faktor dar. Bei den Nutzern von Ein- und Mehrfamilienhäusern ist der Wunsch nach automatisierten Systemen und der Einbindung in das IoT zunehmend ausgeprägt. Es gibt hierfür aber wenig Bedarf an einer eigen­ständigen Fachplanung: Die Architekten fungieren als System­integratoren und ihre ausführenden Elektrofirmen erledigen die GA. Übergeordnete Abstimmungen, wie zwischen der Raumautomation und der Versorgungstechnik, sind selten. Im Zweck- und Sonderbau finden sich hingegen verschiedene Vorgehensweisen. Sie können Einzelbeauftragungen von Fachingenieuren mit oder ohne vorgeschalteten Verfahren gemäß der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, VOF [2], beinhalten. Dabei wird aber nur in wenigen Verfahren die fachliche Leistungsfähigkeit der Beteiligten bewertet. Es können aber auch Direktvergaben an Anbieter schlüsselfertiger Bauten erfolgen.
Bei Vorhaben mit Generalunternehmern, Generalübernehmern oder einer schlüsselfertigen Errichtung mit Planung werden die GA-Leistungen kaum ganz an qualifizierte GA-Büros untervergeben. Stattdessen werden Freelancer eingesetzt. Mit vorhandenen Planungstools und möglichst wenig Aufwand generieren sie ein GA-Konzept. Obwohl hier vielfach keine Detailtiefe einer Entwurfsplanung erreicht wird, dient dieses Konzept dennoch als Basis für die Ausschreibungsunterlagen. Es wird teilweise auch den ausführenden Unternehmen unverändert als Ausführungsplanung übergeben. Dementsprechend sind die Ergebnisse der GA recht häufig nicht für das Gesamtprojekt stimmig oder werden in ungeeigneten Objektphasen eingesetzt.
Den zu favorisierenden Vertragszustand beschreibt die HOAI [3] und die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, VOB [4]. Sie sehen eine Aufteilung nach den Fachbereichen in der Planung und Ausführung vor. Dabei kann jeder Planer eine oder mehrere verwandte TGA-Anlagengruppen übernehmen:
1. Abwasser, Wasser, Gas,
2. Wärmeversorgungsanlagen,
3. Lufttechnische Anlagen,
4. Starkstromanlagen,
5. Fernmelde- und informationstechnische Anlagen,
6. Förderanlagen,
7. Nutzungsspezifische Anlagen,
8. Gebäudeautomation.
Eine Übernahme von GA-Planungsleistungen durch die Fachplaner Heizung-Lüftung-Klima oder Elektrotechnik ist nicht empfehlenswert.
Die Koordination aller Fachleute obliegt der Objektplanung. Über die Beauftragung ihrer Grundleistungen kann sie als einzige für die Integration der an Planung, Koordination und Bau­überwachung Beteiligten entlohnt werden. Für alle anderen Fachbereiche sind diese Koordinationsaufwände besondere Leistungen. Sie müssen also gegebenenfalls extra beauftragt werden. Zudem gehören sie nicht zu den Aufgaben der Systemintegration oder gar des Inbetriebnahme-Managements.

Inhalte und Detailtiefe der GA-Planung
Um die Planungsinhalte der einzelnen Anlagengruppen zu spezifizieren, wird vielfach auf die HOAI und deren Leistungsbilder zurückgegriffen. Aber die HOAI benennt lediglich die Grund- sowie einzelne besondere Leistungen, um alle erforderlichen Planungs- und Überwachungsleistungen ordnungsgemäß erbringen und honorieren zu können – nicht aber eine Spezifizierung der tatsächlich notwendigen Aufgaben.
Viele Auftraggeber, insbesondere bei Großprojekten und innerhalb größerer Liegenschaften, spezifizieren jedoch für die jeweiligen Anlagengruppen und Leistungsphasen Grundleistungen, die die Fachplaner/-ingenieure auszuführen haben. Dafür ordnen sie den allgemeingültigen Texten fachspezifische Inhalte in allen Leis­tungsphasen zu. Normativ ist in diesem Bereich nichts geregelt – außer dass die Fachplaner sowie die beteiligten Baufirmen durch ihre Werkverträge gemeinsam einen Erfolg schulden. Dies ist bei Haftungsfragen entscheidend.
Neben der HOAI wird gerne die VDI Richtlinie 6026 Blatt 1, „Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung; Inhalte und Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen“ [5], verwendet, um die zu erbringenden Leistungen und Anforderungen für ein TGA-Projekt zu benennen. Dieses umfasst die Planung, Ausführung oder das Betreiben einer TGA-Anlage. Obwohl darin enthalten, sollte diese Richtlinie nicht für die GA verwendet werden: Sie stellt die notwendigen Inhalte dieser Kostengruppe nur unzulänglich dar. Außerdem wird das Richtlinienblatt zurzeit überarbeitet. Für die Nutzung durch den Bauherren und Auftraggeber eignet sich deshalb besser die GA-Empfehlung des Arbeitskreises Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen, AMEV [6].
Sofern der beauftragte GA-Planer nicht bereits als Integrationsplaner aktiv auf das GA-Gesamtsystem und die betreffenden TGA-Anlagenkomponenten mitwirkt, basiert seine Tätigkeit auf den gültigen Normen und Richtlinien, den Vorgaben des Auftraggebers (wie Lastenhefte) und den Vorleistungen der beteiligten TGA-Fachplanung. Hier ist mindestens ein Verständnis und das Anwenden der aktuellen Normen DIN EN ISO 16484 [7] sowie der Richtlinien VDI 3814 und VDI 3813 [8] nötig – unter Beachtung der Vorgaben der DIN 18386 [9], „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Gebäudeautomation“ (VOB Teil C). Die beste Planungsvoraussetzung ist allerdings, die allgemein anerkannten Regeln der Technik, die Wünsche der zukünftigen Betreiber und Nutzer zu berücksichtigen sowie die Bauherrenanforderungen normenkonform umzusetzen.

VOB bietet Hilfestellungen und Hinweise
Die VOB/C ist fester Bestandteil dieser Regeln der Technik. Sie muss zusätzlich zu den jeweiligen Ausführungsnormen beachtet werden. Während dies im Allgemeinen zu wenig Problemen führt, wird die ATV Gebäudeautomation bei Planungs-, Bau- und Abrechnungsprozessen nur in Teilen angewandt – obwohl sie über die VOB/B beim Bauvertrag meistens automatisch vereinbart ist. Dieser Teil der VOB bietet vielfältige Hilfestellungen und Hinweise, wie das Aufstellen der Leistungsbeschreibung, Inbetriebnahmen und Abnahmen, zu liefernde Unterlagen aber auch Abrechnung und dort zu verwendende Einheiten.
Die Abrechnungseinheiten könnten mit dafür verantwortlich sein, dass die VOB/C, insbesondere von den zuvor genannten „alten Hasen“ der GA-Planungsbranche, nur unzureichend zum Einsatz kommt. Denn hier tauchen neben den bekannten „Längen in Meter“ und „Anzahlen in Stück“ seit 2006 weitere Einheiten auf. Hierzu zählen GA-Funktionen einschließlich Software und Dienstleistungen und seit August 2015 auch Funktionen der Raumautomation (RA). Das bedingt ein neues Verständnis und eine komplette Anwendung der VDI 3814 Blatt 1, DIN EN ISO 16484-3 und der VDI 3813 und nicht nur der „Hardware Datenpunkte“. Darüber hinaus müssen bei der Anlagenautomation weitere Verarbeitungs-, Optimierungs-, Management-, Bedienfunktionen sowie bei der Raumautomation Sensor-, Aktor- und Anwendungsfunktionen unter Beachtung der DIN EN 15232 [10], „Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“, geplant, ausgeführt und abgerechnet werden. Der VDI arbeitet aktuell daran, die Richtlinien 3814 und 3813 zusammenzuführen.
Obwohl die Vorgaben an die GA-/RA-Funktionslisten ausgedehnt sind, werden sie in der Praxis oft fehlerhaft oder gar nicht umgesetzt. Denn speziell beim Einsatz von neutralen Datenkommunikationsprotokollen wie „BACnet“ fehlen darin die wesentlichen Inhalte und Verknüpfungen. Der „BACnet“-Standard als Teil der Weltnorm für Gebäudeautomation (DIN EN ISO 16484) bietet das umfänglichste und leistungsfähigste Datenkommunikationsprotokoll in der GA. Es ist ohne Lizenzrechte und ohne herstellerspezifische Hardware für jedermann zugänglich.
Auch andere in der VOB/C geforderte Inhalte, wie die Systemintegrationstabelle oder Funktionsgraphen/Ablaufdiagramme gemäß VDI 3814 Blatt 6, werden nur durch sich speziell mit der GA befassende Fachplanungsbüros vollumfänglich eingesetzt. Dies liegt vor allem daran, dass oft kein umfängliches Verständnis für die notwendigen Inhalte der Ausführungsplanung bei den planenden Ingenieuren vorliegt, die sich mit der Gebäudeautomation nur nebenbei befassen.

Wann kann/muss der GA-Fachplaner etwas tun?
Der Zeitpunkt der GA-Planung ist eines der größten Probleme innerhalb des Bauprozesses. Obwohl allen Mitwirkenden der Planung bewusst, werden bei fast allen Projekten – bedingt durch vorhergehende terminliche Zusagen, politische Zwänge oder Mangel besseren Wissens – Abgabetermine für die jeweiligen Ergebnisse der Leistungsphasen der GA fixiert, die mit denen der Objektplanung und der übrigen TGA einhergehen. Dabei kann die Planung der GA aber nicht ohne die hinreichenden Vorleistungen der Architektur und Technik erstellt werden. Sie hat also jeder Leis­tungsphase nachlaufend zu sein.
Für eine ganzheitliche Lösung müssen während der Entwurfs- und Bauzeit die einzelnen Gewerke aufeinander abgestimmt werden. Während des Betriebs sollten den Nutzern die Auswirkungen ihres Verhaltens bewusst sein. Denn ein optimal funktionierendes Gebäude ist stets eine individuelle Maßarbeit und stellt sich nicht automatisch durch die Verbesserung von Einzelteilen ein. Vielmehr zählt ihr Zusammenspiel im Gesamtsystem „Gebäude“. Von Komfortwünschen, Gesetzen und Förderungen unterstützt, geht die Entwicklung zu „Intelligenten Gebäuden“. Für sie ist eine entsprechend qualitätsvolle GA unumgänglich.

Autor: Dipl.-Ing. Marius Hartel, Sachverständiger für Gebäudeautomation, GA Ingenieurgesellschaft mbH

 

 

VDI-Konferenz „Gebäudeautomation“ mit Fachausstellung

Am 7. und 8. Juni dreht sich in Baden-Baden alles um die aktuellen Herausforderungen für die Gebäudeautomation. Top-Themen der Fachkonferenz des VDI Wissensforums sind deshalb: Building Information Modeling, IT-Netzwerke und -Sicherheit, Internet of Things und neue Standards, Smart Grids und Energieversorgungskonzepte, Energiemanagement, Funktionale Sicherheit und Brandschutzkonzepte, VDI-Richtlinien 3813 und 3814, Gebäudeautomationsplanung und Einführung neutraler Datenkommunikation.
Detaillierte Infos zum Programm gibt es im Internet, dort ist auch eine Anmeldung möglich.
www.vdi.de/gebaeudeautomation

 

 

Literatur/Links zum Thema

VDI Richtlinienreihe 3814 „Gebäudeautomation“:
www.vdi.de/technik/fachthemen/bauen-und-gebaeu­detechnik/fachbereiche/technische-gebaeudeausruestung/richtlinienarbeit/richtlinienreihe-vdi-3814-gebaeudeautomation
[2] Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen,
VOF: bmwi.de/DE/Service/gesetze,did=191328.html
[3] Verordnung über die Honorare für Architekten- und
Ingenieurleistungen, HOAI: www.gesetze-im-internet.de/hoai_2013
[4] Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen,
VOB: www.bmub.bund.de/themen/bauen/bauwesen/bauauftragsvergabe/vergabe-und-vertragsordnung-vob
[5] VDI Richtlinie 6026 „Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung; Inhalte und Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen“: www.vdi.de/technik/fachthemen/bauen-und-gebaeudetechnik/fachbereiche/technische-gebaeudeausruestung/richtlinienarbeit/richtlinie-vdi-6026-dokumentation-in-der-technischen-gebaeudeausruestung-inhalte-und-beschaffenheit-von-planungs-ausfuehrungs-und-revisionsunterlagen/
[6] AMEV-Hinweis „Gebäudeautomation 2005, 1. Ergänzung 2013 GA-Planung und GA-Leistungsbild“: www.amev-online.de/AMEVInhalt/Planen/Gebäudeautomation/GA%202005/
[7] DIN EN ISO 16484 „Gebäudeautomation“:
www.baunetzwissen.de/standardartikel/Haustechnik_DIN-EN-ISO-16484-Gebaeudeautomatisation-GA-_160658.html
    www.beuth.de/de/erweiterte-suche/81186!search?
query=DIN+EN+ISO+16484
[8] VDI Richtlinienreihe 3813 „Gebäudeautomation (GA) –
Raumautomation“: www.vdi.de/technik/fachthemen/bauen-und-gebaeudetechnik/fachbereiche/technische-gebaeudeausruestung/richtlinienarbeit/richtlinienreihe-vdi-3813-gebaeudeautomation-ga-raumautomation/
[9] DIN 18386 „VOB Vergabe- und Vertragsordnung für
Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Gebäudeautomation“: www.beuth.de/de/norm/din-18386/232559172
[10]  DIN EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“: https://www.beuth.de/de/norm/din-en-15232/154311868

 


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