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Hygienerisiko Wärmeübertragung

Unzulässige Temperaturen in Trinkwassersystemen vermeiden

Bild 1: Beispielhafte Darstellung mit möglichen Gefahrenquellen für ungewollte Wärmeübertragung.

Bild 2: Berechneter Temperaturverlauf einer stagnierenden, 100-%-gedämmten Trinkwasserleitung aus Kupfer (22 x 1,0) bei unterschiedlichen Umgebungslufttemperaturen.

Bild 3: Thermische Trennung von sowohl Warm- und Kaltwasserleitung als auch an Wandarmaturen.

Bild 4: Kaltwasseranschluss an Speicher-Trinkwassererwärmer mit thermischer Trennung durch Thermosiphon.

Bild 5: Ein Beispiel für thermisch-trennende Bauteile ist der „ThermoTrenner“-Montageblock aus dem Hause Kemper.

 

Eine einwandfreie Trinkwasserhygiene in Gebäudeinstallationen hängt maßgeblich von den Temperaturen im Trinkwasser ab. Kritische Temperaturbereiche zwischen 25 und 50 °C fördern das Wachstum von Krankheitserregern wie Legionellen und sind daher unbedingt zu vermeiden. Dabei gerät neben dem Warmwasser- und Zirkulationssystem verstärkt auch das Kaltwassersystem in den Fokus. Maßnahmen zur Vermeidung kritischer Temperaturbereiche erscheinen häufig sehr kostenintensiv. Eine hygienisch einwandfreie Trinkwasser-Installation und geringe Betriebskosten lassen sich aber durchaus vereinen, wenn die physikalischen Grundlagen der Wärmeübertragung ausreichend verstanden und bei der Planung und Ausführung technisch sinnvoll angewendet werden.

Stagnation in Verbindung mit Umgebungslufttemperaturen über 25 °C sind der größte Feind der Trinkwasserhygiene in Kaltwasserleitungen. Denn dadurch besteht ein Temperaturgefälle zwischen der Umgebungsluft und dem Kaltwasser wodurch das Kaltwasser erwärmt wird. Dazu folgende Erklärung: Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass Wärmeübertragung ohne Zugabe mechanischer Energie immer in Richtung eines Temperaturgefälles stattfindet. Also von einem System höherer Temperatur auf ein System niedriger Temperatur. Besonders großen Einfluss haben daher Umgebungslufttemperaturen, wenn Kaltwasserleitungen gemeinsam mit wärmeführenden Rohrleitungen und anderen Wärmequellen in einem geschlossenen Raum, wie einem Installationsschacht verlegt sind (Bild 1). Aufgrund der Temperaturdifferenzen zwischen den Medien innerhalb der Rohrleitungen, den Umschließungsflächen und der Umgebungslufttemperatur des Installationsschachtes entsteht ein Wärmefluss. Dem Installationsschacht als Zwischenraum wird Wärme über die Rohrleitungen und Wände zu- oder abgeführt. Die Summe der zugeführten Wärmeströme (z. B. von Warmwasser- oder Heizungsrohrleitungen) entspricht dabei der Summe der abgeführten Wärmeströme (z. B. an die angrenzenden Räume oder die Kaltwasserleitung).
Sowohl die Energieeinsparverordnung EnEV als auch der Brandschutz verschärfen die Situation. Die EnEV, mit dem Ziel die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu steigern, verlangsamt durch ihre Vorschriften ein Entweichen der Wärme durch eine entsprechende Gebäudedämmung. Der Brandschutz, mit dem Ziel die Ausbreitung des Brandes für eine möglichst lange Zeit zu verhindern, sorgt im Gebäude für viele dichte Brandabschnitte. Als Resultat beider Maßnahmen entsteht ein Gebäude mit vielen abgeschotteten Bereichen, welches ein Entweichen von Wärme verhindert. Das stellt aus trinkwasserhygienischer Sicht ein Problem für das Kaltwasser dar. Denn die Wärme wird am Entweichen gehindert, jedoch der Eintrag von Wärme aus Prozessen innerhalb des Gebäudes nicht ausreichend begrenzt. Die Umgebungslufttemperatur wird in erster Linie durch die Wärmeabgabe der Warmwasser-, Zirkulations- und Heizungsleitungen beeinflusst. In Summe wird sie aber durch alle einwirkenden konvektiven Wärmeströme bestimmt. Auch Wärmelasten, die sich beispielsweise durch Wärmeabgabe von Personen, Beleuchtung oder Maschinen ergeben, sind zu berücksichtigen. Bei Maschinen und Geräten (z. B. Lampen, Trafos) wird die gesamte umgesetzte Energie als Wärme frei. Die hierdurch entstehenden Umgebungslufttemperaturen sind häufig > 25 °C.

Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung
Umgebungslufttemperaturen > 25 °C in Installationsschächten, Zwischendecken und Vorwandinstallationen sorgen für die Erwärmung der Kaltwasserleitungen, wenn diese ebenfalls dort verlegt sind. Beginnt das Trinkwasser zu stagnieren, erreichen die Trinkwassertemperaturen häufig in weniger als 3 Std. den hygienisch kritischen Bereich von > 25 °C (Bild 2). Die hohen Umgebungslufttemperaturen setzen die in der VDI/DVGW 6023 genannten 72 Std. für einen Wasseraustausch außer Kraft, da zur Temperaturhaltung ein deutlich häufigerer Austausch des Wasserkörpers erforderlich ist. Der natürliche Bedarf an Trinkwasser reicht in Großanlagen häufig nicht aus, um die Temperatur des Kaltwassers unter 25 °C zu halten. Die Folge ist eine Gefährdung der Trinkwasserhygiene. Wurden bei der Planung und Ausführung des Gebäudes keine Spülsys teme berücksichtigt, müssen zur Einhaltung des zulässigen Temperaturniveaus die fehlenden Verbräuche manuell durch Öffnen und Schließen von Entnahmearmaturen erzeugt werden. Die hierdurch entstehenden Betriebskosten können immens sein. Automatisierte Spülsys­teme sorgen dagegen für Sicherheit bei der Temperaturhaltung, da Spülvorgänge temperaturgesteuert durchgeführt werden. Auch die Dämmung der Rohrleitungen kann die Erwärmung nicht verhindern, sondern nur verzögern. Als einzige Abhilfe kann allein die getrennte Verlegung wärmeführender Rohrleitungen und Kaltwasserleitungen genannt werden. Für Installationsschächte und Zwischendecken wird dies in der Fachwelt schon seit Jahren gefordert. Eine der ersten Maßnahmen des Fachplaners muss daher die Erläuterung der Problematik und die Forderung getrennter Schächte für warme und kalte Leitungen gegenüber dem Bauherrn und Architekten sein.

Wärmeübertragung in Vorwandinstallationen
Es gibt jedoch auch Bereiche, in denen die gemeinsame Verlegung von Warm- und Kaltwasserleitungen nicht vermieden werden kann, wie z. B. in Vorwand­installationen. In Krankenhäusern oder Altenheimen besteht aufgrund trinkwasserhygienischer Anforderungen die Notwendigkeit, die Warmwasserzirkulation bis unmittelbar an die Entnahmearmaturen zu führen. Ziel hierbei ist, mit Durchströmung und hohen Temperaturen das Wachstum von Bakterien zu verhindern. Damit sich diese Maßnahme nicht kontraproduktiv auf die Hygiene im Kaltwassersystem auswirkt, sind auch in diesem Bereich die Grundlagen der Wärmeübertragung zu berücksichtigen. Es gilt ebenfalls das Prinzip der freien Konvektion. Aufgrund des Dichteunterschiedes zwischen warmer und kalter Luft entstehen warme Bereiche im oberen Teil der Vorwand und kühlere Bereiche im unteren Teil. Warmwasser- und Zirkulationsleitungen müssen daher horizontal von Kaltwasserleitungen getrennt werden und sich so weit wie möglich im oberen Bereich in der Vorwandinstallation befinden, während Kaltwasserleitungen möglichst unten installiert werden (Bild 3). Durch diese Installationsart kann erreicht werden, dass sich in der Vorwand­installation ein Temperaturgefälle einstellt, und die Umgebungsluft im unteren Bereiche der Vorwand < 25 °C beträgt, wobei im oberen Bereich Temperaturen > 25 °C herrschen. Der Wärmestrom in Richtung Kaltwasserleitung kann so begrenzt werden.

Wärmeübertragung in Stichleitungen
Kritische Temperaturbereiche entstehen nicht nur allein durch den Einfluss der Umgebungsluft. Auch in Warmwasser- und Zirkulationsleitungen entsteht Wärmeübertragung aufgrund eines Temperaturgefälles. Beispielsweise zwischen zirkulierenden und nicht-zirkulierenden Teilstrecken des Warmwassersystems. Fließt in einer untenliegenden Verteilleitung ein Zirkulationsvolumenstrom, erwärmt sich eine vertikal nach oben abgehende Stichleitung (z. B. zur Zapfstelle) aufgrund von Wärmeleitung und Konvektion. Das Resultat ist ein hygienisch kritischer Temperaturbereich in der Stichleitung, der zwischen der Zirkulationstemperatur und der Umgebungslufttemperatur liegt. Erfolgt hingegen der Abgang der Stichleitung von einer obenliegenden, vom Zirkulationsvolumenstrom durchflossenen Verteilleitung vertikal nach unten, befinden sich die Wasserschichten mit geringerer Dichte und höherer Temperatur bereits oberhalb der kühleren Schichten. Um den Wärmeübergang in T-Installationen gering zu halten, müssen daher zwangsläufig vom Zirkulationsvolumenstrom durchflossene Rohrleitung oben liegen und davon abgehende Stichleitungen zunächst vertikal nach unten geführt werden. Diese Problematik ist auch am Kaltwasseranschluss von Speicher-Trinkwassererwärmern festzustellen. In der Regel befindet sich der Anschluss im unteren Bereich des Trinkwassererwärmers und die Rohrleitung wird von oben an ihn herangeführt. Wird der Wärmestrom vom heißen Speicher auf die kühlere Kaltwasserleitung nicht unterbunden, sorgt er für die Erwärmung der Kaltwasserleitung. Abhilfe kann durch einen sogenannten Wärmesiphon oder auch Thermosiphon geschaffen werden, der sich unmittelbar am Anschluss des Trinkwassererwärmers befindet. Hierzu wird die Kaltwasserleitung in einer nach unten gehenden Schleife an den Trinkwassererwärmer herangeführt (Bild 4).

Wärmeübertragung an Wandarmaturen
Ein weiteres Problem stellt die Wärme­übertragung an Entnahmearmaturen dar, wenn in Risikoinstallationen (z. B. Seniorenheimen oder Krankenhäusern) aus zuvor genannten Gründen die Warmwasserzirkulation bis unmittelbar an die Entnahmestellen geführt wird. In diesem Fall kommen häufig Doppelwandscheiben zum Einsatz, welche die Durchströmung und die Temperaturhaltung bis an die Wandscheibe erlauben. Jedoch werden dadurch auf der Warmwasserseite die Gesetze der Wärmeübertragung missachtet. Denn bei Wandarmaturen, die direkt an Wandscheiben angeschlossen sind, besteht dadurch ein Temperaturgefälle zwischen der Warmwasserleitung und der Entnahmearmatur. Das hat zur Folge, dass der entstehende Wärmestrom für Temperaturbereiche bis zu 40 °C innerhalb der Entnahmearmatur sorgt und sogar eine Erwärmung des Kaltwasseranschlusses festzustellen ist. Aufgrund der Beschaffenheit der Armatureninnenoberflächen als auch des häufig komplexen Aufbaus der Armaturen, mit vielen unzureichend durchströmten Bereichen, bieten diese einen idealen Nährboden für Mikroorganismen. Neue thermisch trennende Bauteile zum Anschluss von Wand­armaturen lösen dieses Problem (Bild 5), in dem Sie eine Erwärmung der Entnahmearmatur verhindern. Dadurch gleichen sich nach Entnahmevorgängen die Temperaturen der Armaturenmaterialien als auch des Restwassers in der Armatur lediglich den Temperaturen der Umgebungsluft des Raumes an. Da diese Temperatur < 25 °C liegt, stellt sie zunächst keine Gefahr für die Trinkwasserhygiene dar.

Fazit
Ungewollte Wärmeübertragung tritt in praktisch allen Bereichen eines Gebäudes auf. Aus trinkwasserhygienischer Sicht ist es erforderlich, diese unbedingt bei der Planung zu berücksichtigen und weitestgehend zu vermeiden. Mit der konsequenten Umsetzung gültiger Regelwerke, der Berücksichtigung der Grundlagen der Wärmeübertragung und dem Einsatz neuer innovativer Bauteile wird dieser Anforderung Rechnung getragen.

Autor: Timo Kirchhoff, Master of Engineering, Stellvertretender Leiter Produktmanagement bei der Gebr. Kemper GmbH + Co. KG

Bilder: Gebr. Kemper GmbH + Co. KG

www.kemper-olpe.de

 


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