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Ecodesign in der Lufttechnik

Anforderungen an Wohnungslüftungsgeräte

Tabelle 1: Mithilfe des spezifischen Energieverbrauchs (SEV) werden Wohnungslüftungsgeräte in Energieeffizienzklassen von A+ bis G eingeteilt.

Bild 1: Zentrales Zu- und Abluftgerät mit Wärmerückgewinnung im EFH.

Bild 2: Beispiel eines Energielabels mit Kennwerten für zentrales Zu- und Abluftgerät mit Wärmerückgewinnung im EFH.

Bild 3: Dezentrales Abluftsystem mit Zuluftelementen im MFH.

Bild 4: Beispiel eines Energielabels mit Kennwerten für dezentrale Abluftsysteme im MFH.

 

Moderne Raumlufttechnik sorgt nicht nur für ein behagliches Raumklima und einen hygienischen Luftwechsel, sondern spart zudem eine Menge Energie. Mit der Ecodesign-Richtlinie will die Europäische Union die Verbreitung entsprechender, besonders energieeffizienter Geräte weiter forcieren. Auch Wohnungslüftungsgeräte müssen ab dem 1. Januar 2016 Mindestanforderungen an die Energieeffizienz erfüllen und zudem ein Energielabel tragen.

Fast jeder europäische Verbraucher kennt es bisher von der Waschmaschine, dem Kühlschrank oder der Glühbirne: das Energielabel der Europäischen Union (EU), das den Energieverbrauch dieser Produkte auf einen Blick erkennbar machen soll. Werden bestimmte Energieverbrauchswerte überschritten, dürfen die entsprechenden Geräte erst gar nicht auf den Markt gebracht werden. Verantwortlich dafür ist u. a. die „Richtlinie 2009/125/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte“ – kurz Ecodesign- oder ErP-Richtlinie. Im Bereich der Raumlufttechnik waren bisher nur Raumklimageräte und Ventilatoren von diesen gesetzlichen Bestimmungen betroffen. So müssen Raumklimageräte bei einer Kühlleistung bis 12 kW seit 2013 in Energieeffizienzklassen A+++ bis D eingestuft werden, ein entsprechendes Energielabel tragen und im Kühlbetrieb mindes­tens die Anforderungen der Energieeffizienzklasse A erfüllen (EU 206/2012). Für Ventilatoren ab 125 W gelten ebenfalls seit 2013 Mindestanforderungen, die zu Beginn dieses Jahres nochmals verschärft wurden (EU 327/2011).
Ab dem 1. Januar 2016 greifen nun auch erstmals Ecodesign-Anforde­rungen an RLT-Zentral- und Wohnungslüftungsgeräte. Erstere müssen ab dem 1. Januar 2016 Mindestanforderungen im Hinblick auf die Ventilatorstromaufnahme und die Effizienz der Wärmerückgewinnung einhalten (EU 1253/2014). Wohnungslüftungsgeräte müssen zu diesem Zeitpunkt mindestens so viel Primärenergie einsparen, wie sie verbrauchen, und zudem ein Energieeffizienzlabel von A+ bis G tragen (EU 1253/2014 und 1254/2014). Ab dem 1. Januar 2018 werden die energetischen Mindestanforderungen an diese Geräte dann weiter erhöht. Zu diesem Zeitpunkt muss mindestens die Effizienzklasse D erreicht und damit der Lüftungswärmebedarf des Wohngebäudes in etwa halbiert werden.

Konsequenzen für Planung und Installation
In der Praxis können die erhöhten Ener­gieeffizienzanforderungen an raumlufttechnische Geräte und Komponenten dazu führen, dass die entsprechenden Geräte größer ausgeführt werden müssen als bisher. Dieser erhöhte Platzbedarf, der auch das Luftverteilsystem betreffen kann, muss frühzeitig eingeplant und berücksichtigt werden. Auch Planer, Architekten, Ausführende und Betreiber müssen sich also frühzeitig mit den entsprechenden Änderungen durch die EU-Ecodesign-Richtlinie im Bereich Raumlufttechnik vertraut machen.

Anforderungen an Wohnungslüftungsgeräte
Ab 1. Januar 2016 müssen die Kennzahlen von Wohnungslüftungsgeräten europäisch einheitlich angegeben und in den nationalen energetischen Bewertungsverfahren, beispielsweise in Deutschland nach der Energieeinsparverordnung (EnEV), verwendet werden können. Geräte mit einem Nennluftvolumenstrom bis 1000 m³/h werden generell als Wohnungslüftungsgeräte betrachtet. Sie müssen zur besseren Verbraucherinformation zusätzlich ein Energielabel nach EU 1254/2014 tragen. Ausnahmen gibt es für kleinere Abluftgeräte unter 30 W sowie für Geräte zwischen 250 und 1000 m³/h, wenn sie als RLT-Gerät für den Einsatz in Nichtwohngebäuden, etwa in Schulen, deklariert werden. Diese Geräte müssen kein Energielabel tragen und die spezifischen energetischen Anforderungen an RLT-Geräte im Nichtwohnbereich erfüllen.
Das EU-Energielabel klassifiziert die betreffenden Wohnungslüftungsgeräte Mithilfe eines Kennwertes für den „spezifischen Energieverbrauch“ – kurz SEV (Tabelle 1). Dieser Wert spiegelt die mögliche Primärenergieeinsparung (Stromaufwand für Ventilatoren minus Heizenergieeinsparung) dieses Lüftungsgerätes in Relation zu einer Fensterlüftung gleicher Luftqualität. Je höher dieser negative Wert ist, des­to mehr Primär­energie spart das Gerät ein. Klasse G: SEV = 0 bedeutet also gleichwertig zur Fensterlüftung, Klasse A: SEV = -40 eine Primär­energieeinsparung von 40 kWh/(m² · a).
Der spezifische Energieverbrauch SEV setzt sich aus folgenden Geräteeigenschaften zusammen:

  • Ventilatoren: Stromverbrauch und Regelgung.
  • Wärmerückgewinnung: Art und Güte.
  • Regelung der Geräte: manuell, zeit- oder bedarfsgesteuert mittels Luftqualitätssensoren.

Zusätzlich gibt das Energielabel Informationen über den Nennluftvolumenstrom und den Schallleistungspegel des Gerätes. Der Nennluftvolumenstrom dient zur Feststellung, ob die Größe des Gerätes zur Wohnungsgröße passt. Grundlage für die Auslegung ist in Deutschland die DIN 1946-6. Für eine mittlere Wohnung können zur Abschätzung etwa 1,3 m³/h Nennluftvolumenstrom pro m² Wohnfläche angesetzt werden. Ein Gerät mit 130 m³/h Nennluftvolumenstrom ist also etwa für 100 m² ausreichend. Im Hinblick auf den Schallleis­tungspegel muss beachtet werden, dass dies nur die Geräteabstrahlung betrifft und nicht den Wert, der tatsächlich im Wohnraum oder beim Bewohner ankommt. Bei raumweisen Geräten ist der Schalldruckpegel je nach Raumgröße und Raumabsorption ca. 6 bis 10 dB(A) niedriger. Bei zentralen Geräten, die meist nicht in Aufenthaltsräumen, sondern in Dach- oder Kellerbereichen installiert werden, hängt der Schallleistungspegel von der Installation und dem Luftverteilnetz ab. Schalldämmmaßnahmen können den Wohnbereich vollständig abkoppeln, womit die Lüftungsanlage für den Bewohner überhaupt nicht zu hören ist. Dies muss bei der Planung und Installation berücksichtigt und gegenüber dem Verbraucher klar kommuniziert werden.

Anwendungsbeispiele im Ein- und Mehrfamilienhaus
Durch die bereits beschriebene Obergrenze von 1000 m³/h Nennluftvolumenstrom und die Untergrenze von 30 W sind einige Wohnungslüftungsgeräte faktisch von der Labelpflicht ausgenommen. Nicht in den Anwendungsbereich fallen etwa die meisten Ventilatoren, die ausschließlich zur Bad- und Toilettenentlüftung etwa nach DIN 18017 dienen. Zentrale Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung in Mehrfamilienhäusern haben in den meis­ten Fällen Nennluftvolumenströme über 1000 m³/h, gelten als RLT-Gerät und entfallen dadurch ebenso. Zentralsysteme für Abluft mit Abwärmenutzung durch Wärmepumpe oder Zuluftsysteme mit solarer Lufterwärmung sind Sonderfälle, die ebenfalls nicht gelabelt werden müssen.
Typischerweise gelabelt werden müssen zentrale Zu- und Abluftgeräte mit Wärmerückgewinnung je Wohneinheit, d. h. Zentralgeräte im Einfamilienhaus oder wohnungsweise Zentralgeräte im Mehrfamilienhaus. Diese Geräte liegen typischerweise über 30 W und erreichen keine 1000 m³/h. Bild 1 zeigt schematisch die Funktion eines Zentralgerätes im Einfamilienhaus, Bild 2 ein entsprechendes, beispielhaftes Ener­gielabel mit typischen Kennzahlen für den Schallleistungspegel und den Nennluftvolumenstrom. Zeitgesteuerte Geräte erreichen typischerweise Energieeffizienzklassen bis A, bedarfsgeregelte Geräte bis ­Energieeffizienzklasse A+.
Auch zentrale und dezentrale Abluftgeräte in Mehrfamilienhäusern fallen im Normalfall mit über 30 W unter die Labelpflicht. Bild 3 beschreibt ein dezentrales Abluftsystem in einem Mehrfamilienhaus, Bild 4 wiederum ein Energielabel (Beispiel) mit typischen Kennzahlen für Schallleis­tungspegel und Nennluftvolumenstrom. Zeitgesteuerte Geräte erreichen in der Regel die Energieeffizienzklasse E oder F, bedarfsgeregelte Geräte bis Energieffizienzklasse B.

Bewertung und Ausblick
Der europäische Markt für Wohnungslüftungsgeräte in Europa ist bisher geprägt von vielen verschiedenen nationalen und internationalen Zulassungs- und Zertifizierungsprogrammen. Die neue Regelung ab 2016 stellt nun zumindest sicher, dass eine vergleichbare Datenebene für alle Produkte in Europa existiert, auf die die Mitgliedsstaaten dann in ihren nationalen Verfahren zurückgreifen müssen. Dies ist ein kleiner, aber erster sichtbarer Schritt hin zu einem transparenten und einheitlichen europäischen Markt für Wohnungslüftungs­systeme. Das Energielabel führt zudem zu besserer Verbraucherinformation und höherer Markttransparenz. Nun muss sich die neue Regelung in der Praxis bewähren und durchsetzen, wobei auch der Marktaufsicht eine entscheidende Rolle zukommt. Die entsprechenden, energieeffizienten raumlufttechnischen Lösungen der Klima- und Lüftungsindus­trie stehen schon jetzt zur Verfügung.

Autoren: Claus Händel, Technischer Referent, Daniel Hörer, Referent PR und Public Affairs, beide Fachverband Gebäude-Klima e.V.

Bilder, sofern nicht anders angegeben: Fachverband Gebäude-Klima e. V.

www.fgk.de

 


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