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Die Kommunikation entscheidet

Um das energetische Einsparpotenzial einer Immobilie auszuschöpfen, sollten Gebäudeautomationssysteme interoperabel gestaltet werden

Bild 1: Innovation - Zukünftig umfassende Kommunikation durch Gebäudeautomation ermöglichen. Bild: Fotolia.com © Julien Eichinger

Bild 2: Unabhängige Kommunikationsarchitektur gegenüber IT-freundlicher gemeinsamer Kommunikations-Architektur. Bild: Fairhair Alliance

Bild 3: Das OSI-Modell (Open Systems Interconnection Model) beschreibt Netzwerkprotokolle als Schichtenarchitektur. Ziel ist, eine Kommunikation zwischen unterschiedlichsten technischen Systemen zu schaffen, wofür das Modell sieben aufeinander folgende Schichten (Layers) definiert.

Bild 4: Die beteiligten Gruppen an der Arbeit der Fairhair Alliance. Neben den Protokollen wie BACnet, KNX und ZigBee sind auch IEEE- und IETF-Standards wichtige Grundlagen. Die Thread-Group Spezifikation ermöglicht erstmals eine IP-basierte Kommunikation für kleine Geräte mit wenigen Ressourcen. Bild: Fairhair Alliance

 

Die Entwicklung zu „Smart Buildings“ ist somit vorgezeichnet: Zum einen gilt es, wirtschaftliche, flexible und attraktive Gebäude zu realisieren, die dem Wunsch der Nutzer nach mehr Komfort und Sicherheit genügen. Zum anderen fordert der Gesetzgeber über die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 erstmals automatische Regelungs- oder Abschaltfunktionen sowie eine Reduktion des Energiebedarfs um 25 % im Vergleich zur vorangegangenen EnEV. Die Gebäudeautomation, also der bedarfsgeführte Betrieb der technischen Ausrüstung, ist der Schlüssel, um all diese Ansprüche zu erfüllen. In Kombination mit einem Energiemanagement kann sie die Erfassung, Auswertung und Optimierung der Energiebedarfe von Anlagen und Einrichtungen übernehmen. Zusätzliche Dienste und Funktionen sind nutzbar, wenn eine integrierte Gebäude- und Geräteautomation zur Verfügung steht. Dabei können einzelne Teile, Regelungsgruppen oder Geräte über Bussysteme kommunizieren.

Gebäudeautomation jetzt und in Zukunft
In der klassischen Betrachtungsweise besteht die Gebäudeautomation aus drei Ebenen: Feldgeräte, Automation und Management/Gebäudeleittechnik. Moderne Geräte und Systeme nutzen eine universelle Netzwerkarchitektur nach dem IP-Standard (Internet Protocol) zur Kommunikation in und zwischen den genannten Ebenen. Diese aus Computernetzwerken bekannte Ethernet-Technologie ersetzt verstärkt „twisted-pair“ (verdrillter Klingeldraht) -basierte Feldbusse, daher entfallen Zusatzinvestitionen in die Verkabelung. Das moderne IPv6-Protokoll gewährleis­tet eine eindeutige Adressierung und sichere Kommunikation aller Komponenten. Daten- und Störsicherheit sind dabei aber nicht aus dem Auge zu verlieren.
Damit die Gebäudetechnik optimal miteinander interagieren kann, geht der Trend zu einer herstellerübergreifenden Kompatibilität. Die entsprechenden Komponenten sind zwar noch relativ teuer, bieten aber einiges an Zusatznutzen. In Nichtwohngebäuden wie Bürohäusern, Kliniken oder Flughäfen wird häufig das international standardisierte System „BACnet“ eingesetzt. Es erlaubt eine einheitliche Steuerung von Komponenten verschiedener Hersteller, solange diese Elemente normkonform sind. Moderne IT-Netzwerke, die Anforderung der Kunden, jederzeit auch von Ferne auf die Anlagen Zugriff zu haben, und ein verstärktes Bewusstsein bezüglich Sicherheit sind die aktuellen Herausforderungen. Dafür ist letztlich eine Modernisierung der zum Teil über zwei Jahrzehnte alten Standards wie „BACnet“ oder „KNX“ gefordert: Damals sahen die Netzwerke in den Gebäuden noch völlig anders aus als heute. So nutzte die Gebäudeautomation vor allem die serielle RS-485-Kommunikation, einen Industriestandard für die asynchrone serielle Datenübertragung. Da moderne Gebäude heute über eine beachtliche IT-Infrastruktur verfügen, sind zusätzliche Kosten für Verkabelung nicht mehr zeitgemäß. Die Architektur der Kommunikationsprotokolle der Gebäudeautomation hat mit der Entwicklung der IT-Infrastruktur nicht Schritt gehalten. Dies durch eine herstellerneutrale Interaktion zu schaffen, ist das Ziel der Fairhair Alliance. In diesem Verbund arbeiten wesentliche Marktakteure gemeinsam an Lösungen, verschiedene Systeme miteinander und standardisiert agieren zu lassen.

Fairhair Alliance: Interoperabilität erzielen
 Ziel ist, ab etwa 2018

  • in Gebäuden eine gemeinsame Netzwerk­infrastruktur zu nutzen, die auf den Standards der IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) und der IETF (Internet Engineering Task Force) beruht.
  • eine Interoperabilität von Netzwerk-Diensten im Bereich Gebäudeautomation und Beleuchtungskontrolle zu erreichen.
  • die Anwendungsebenen und Systeme in Richtung „Internet der Dinge“ (Internet of Things, IoT)  weiter zu entwickeln.


Denn es ist davon auszugehen, dass in der Gebäudeautomation ein tiefgreifender Wandel einsetzt, wenn immer weniger der klassischen Eingabe-/Ausgabe-Module benötigt werden, sondern Aktoren und Sensoren direkt über das IoT mit der Automationsebene kommunizieren.
Für diesen neuen Ansatz müssen bestimmte Rahmenbedingungen definiert und spezifiziert werden. Die Fairhair Alliance widmet sich zunächst der Entwicklung einer wettbewerbsfähigen, preisgünstigen und drahtlosen IP-basierten Kommunikation für die Geräte mit wenig Ressourcen, da diese bisher nicht existiert. So können die relevanten Applikationen von „BACnet“, „KNX“ und „ZigBee“ ihre Spezifika beibehalten, aber durch zum Beispiel vereinheitlichte Lösungen für die Netzwerk-Services eine gemeinsame Netzwerk-Infrastruktur nutzen. Grundlage dafür ist eine standardisierte Lösung des Transports durch die OSI Layer sowie die Serviceleistungen, die eng damit verbunden sind – beispielsweise Komfortleistungen, Abschaltfunktionen und Sicherheit (Bild 3).
Für Netzwerke im privaten und kommerziellen Bereich wird hauptsächlich die TCP/IP-Protokoll-Familie eingesetzt. Das dazugehörige Referenzmodell ist speziell auf den Zusammenschluss von Netzen (internetworking) zugeschnitten. Ebenso wie das OSI-Referenzmodell ist es hierarchisch angelegt. Es hat aber kein so strenges Schichtenkonzept, was die Funktionen der Ebenen und der Dienste angeht: Es erlaubt, dass eine untere Schicht unter Umgehung zwischenliegender Schichten direkt von einer höheren Schicht benutzt wird. TCP/IP ist damit erheblich effizienter als die OSI-Protokolle. Allerdings muss es für viele kleine Dienste ein jeweils eigenes Netzprotokoll geben.
Übertragungsprotokolle der Gebäudeau­tomation und Beleuchtungssteuerung sollen gemäß Bild 2 zukünftig nur noch IP-basierte Kommunikation nutzen: Kleinere Geräte mit wenig Ressourcen über WPAN (Wireless Personal Area Network) oder TP („twisted-pair“, verdrillter Klingeldraht), größere Geräte wie Automationsstationen über WLAN (Wireless Local Area Network) oder Ethernet. Im Gegensatz zu WLAN überbrückt WPAN kürzere Distanzen – typisch sind Entfernungen zwischen 0,2 bis 50 m. Damit wird nur das unmittelbare Umfeld des Senders erreicht. Eine IP-fähige Lösung auf WPAN-Basis hat die „Thread-Group“, eine Non-Profit-Organisation, bereits entwickelt. Ein Thread-Netzwerk zeichnet sich unter anderem durch einen geringen Energieverbrauch der teilnehmenden Geräte und eine sichere Kommunikation aus. Für Letztere nutzt es ein für ein Smartphone übliches Authentifizierungsschema und eine AES (Advanced Encryption Standard) -Verschlüsselung. Das Netzwerk basiert auf offenen Standards und der IPv6-Technologie mit 6LoWPAN Protokollen. Es kann über 250 Thread-zertifizierte Geräte und Funktionen integrieren. Diese besitzen dann jeweils einen eigenen Internet-/Cloud-Zugang. Ein Zusammenspiel der Systeme über ein solches Netzwerk verringert die Komplexität und den Wartungsaufwand der Gebäudetechnik.
Wie in Bild 4 dargestellt, ist das Vorgehen der Fairhair Alliance nun das Folgende: Für die ersten beiden Ebenen gibt es bereits die Systeme 802.11 (WLAN-Hardware) und 802.3 (Ethernet-Hardware) MAC/PHY (Physical Layer) von IEEE. Sie setzen direkt auf die OSI-Schicht 1 auf. IEEE sah aber auch die Notwendigkeit, für lokale Netze den konkurrierenden Zugriff auf ein Übertragungsmedium zu regeln, was im OSI-Modell nicht vorgesehen ist. Nach IEEE ist Schicht 2 in zwei Unter-Schichten (sub layers) unterteilt: LLC (Logical Link Control, Schicht 2b) und MAC (Media Access Control, Schicht 2a). Das Ethernet-Protokoll beschreibt hingegen sowohl Schicht OSI-1 als auch Schicht OSI-2, wobei auf dieser als Zugriffskontrolle CSMA/CD (Carrier sense multiple access with collision detection) zum Einsatz kommt. Thread kümmert sich auf den unteren Ebenen darum, IP-fähige Lösungen für Hardware gemäß IEEE 802.15.4 (WPAN) und günstiger zu spezifizieren und zertifizieren. Mögliche kabelbasierte Lösungen werden bei Bedarf hinzugefügt. Als Anbindung an die folgenden Stufen dienen 6LoWPAN und ein Anpassungslayer.
In den Ebenen 3 bis 7 gibt der IETF die jeweiligen Protokolle vor. Diesen liegt die IPv6-Technologie zugrunde, die die Voraussetzung für das IoT schafft: Sie gewährleistet einen ausreichend großen Adressraum, sodass jede Komponente eine weltweit eindeutige IP-Adresse bekommt. Der alte IPv4-Bereich ist hier weitgehend ausgereizt. Die Kommunikation und die Applikationen werden dann in einem übergeordneten Bereich nach Layer Nummer 7 erfasst. Die Fairhair Alliance will sich in erster Linie in den Schichten 5 bis 7 sowie dem Zusatzblock 8 engagieren.
Neben den Vorteilen für die Gebäudeautomation liegt eine große Chance darin, auch die Beleuchtungstechnik mit im Boot zu haben. Weitere Domänen aus dem Gebäudeumfeld sind willkommen. Um die Kos­ten für IT-Sicherheit möglichst klein zu halten, macht es Sinn, dass so viele Domänen wie möglich die gleiche IT-Sicherheits-Architektur verwenden. Damit sinken auch die Anforderungen an die Geräte, da nicht gleichzeitig mehrere unterschiedliche Architekturen bedient werden müssen. Für die Planung und den späteren Betrieb ist es wichtig, so interoperabel wie möglich zu sein, denn die Austauschbarkeit von Geräten bringt dem Betreiber viele Vorteile. Über das IoT werden mehr und mehr Funktionen, an die sich ein Nutzer in seinem „Smart Home“ gewöhnt hat, auch in der Gebäudeautomation nachgefragt werden. Der Auftrag lautet hier vor allem „Komfort“. Dieser definiert sich aber nicht ausschließlich über Temperatur und Feuchte, sondern auch durch eine hohe Bedien­freundlichkeit mit einem größtmöglichen Schutz der Daten.
Die Standardisierung von Gebäuden wird in naher Zukunft stark zunehmen, nicht zuletzt, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Jeder ist inzwischen gewohnt, wo auch immer er sich gerade auf der Welt befindet, das Smartphone einzuschalten und erreichbar zu sein. Ohne extrem hohe Standardisierung wäre dies aber nicht der Fall. Gebäudeautomation und Beleuchtungstechnik werden zukünftig das Gebäudenetzwerk nutzen – über IP-Steckdosen genauso wie über ein funkbasiertes Netzwerk. Batterielebenszeiten von Sensoren werden zehn Jahre und länger erreichen und die Geräte werden sich selbst im Netzwerk anmelden. Vieles davon ist zwar heute schon möglich, wird aber durch fehlende Standards noch nicht flächendeckend eingesetzt.

Fazit und Ausblick
Sämtliche Beteiligten sollten deshalb mit dem Ziel zusammenarbeiten, Standards zu schaffen, die eine ganzheitliche und nachhaltige Nutzung von Gebäuden und ihrer jeweiligen Ausstattung zulassen: Beginnend mit WPAN 802.15.4 für die einzelnen Geräte bis zu einer übergreifenden, webbasierten Infrastruktur für die gesamte Immobilie. Dabei haben die auf WPAN aufgebauten Systeme (Thread) den Vorteil, relativ leicht installiert/nachgerüs­tet werden zu können, da sie im Wesentlichen batteriebetrieben und drahtlos funktionieren. Weiterhin bieten sie eine sehr hohe Zuverlässigkeit durch das sogenannte „Meshing“, auf Deutsch am besten mit „Gitter“ übersetzbar. Hier übernimmt bei Ausfall einer Komponente einfach eine andere Komponente die Aufgabe der ausgefallenen.
Die Zukunft – durch Gesetze sowie Fördermaßnahmen unterstützt – gehört den hocheffizienten Neu- und Altbauten. Die Gebäudeautomation ist hier zunehmend gefragt. Dafür hat die Planung und Installation von Hardware, Software und Datenübertragungstechnologien aufeinander abgestimmt zu sein. Eine Automation kann so bei ganzheitlicher Planung und bewusster Nutzung dazu beitragen, Einsparpotenziale von 14 bis 62 % bei thermischer Energie und 4 bis 21 % bei elektrischer Energie zu erschließen.

Autoren:
Bettina Gehbauer-Schumacher, Fachjournalistin,
Klaus Wächter, Global Standardization Manager, Siemens Schweiz AG, und Mitglied des Vorstands der Fairhair Alliance

www.fairhair-alliance.org

 

Übersicht: Ethernet, WLAN und WPAN

Ethernet bezeichnet eine kabelbasierte Technologie, die den Datenaustausch zwischen den in einem lokalen Netz (LAN) angeschlossenen Geräten ermöglicht. Sie entspricht weitestgehend der IEEE-Norm 802.3 und kann die Basis für Netzwerkprotokolle bilden. Die Ethernet-Protokolle umfassen Festlegungen für Hard- und Software. Derzeit sind Übertragungsraten von 10 Megabit/s, 100 Megabit/s (Fast Ethernet), 1000 Megabit/s (Gigabit-Ethernet) gängig. 10, 40 und 100 Gigabit/s sind ebenfalls spezifiziert.
WLAN bezeichnet einen Standard für lokale Funknetzwerke, die im Wesentlichen auf der IEEE 802.11-Familie basieren. Diese arbeiten in 2,4 und 5 GHz-Band. Je nach Spezifikation sind Übertragungsraten von 5 bis 6 Megabit/s bis zu 3,5 Gigabit/s möglich. Gängige Verschlüsselungsstandards wie WPA2 machen die Datenübertragung sicher.
WLAN und Ethernet definieren im OSI-Modell angepasste physische Schichten (OSI Layer 1) und die Data-Link-Schichten (OSI Layer 2). Auf Layer 2 sind die Adressierungen identisch, sodass ein einfacher Mischbetrieb von Ethernet und WLAN möglich ist.
WPAN bezeichnet hingegen ein Kurzstreckenfunknetzwerk gemäß der IEEE 802.15 Standards. Sie bilden zum Beispiel die Basis für Bluetooth und ZigBee-Kommunikation. Sie sind insbesondere bei energiesparender Technik mit niedrigen Datenraten interessant.

 

 

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