IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 05/2005, Seite 36 ff.

SANITÄRTECHNIK

Gas-Leckmengenmessung mit elektronischen Geräten

DVGW-Prüfgrundlage VP 952 schafft Sicherheit

Erdgas ist eine sichere Energie. Aber trotzdem müssen Gasgeräte und Gasleitungen, wie andere technische Einrichtungen auch, regelmäßig gewartet bzw. einer Sicherheitsüberprüfung zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit unterzogen werden, wie dies auch in den Schulungen der Fachverbände empfohlen wird. Dieser Beitrag liefert Hintergrundinformationen und Praxishinweise zur regelmäßigen Überwachung von Gasinstallationen in Gebäuden und zu den dabei eingesetzten Geräten und Methoden.

In der Praxis besteht immer wieder Unsicherheit darüber, wann und wie korrekte Gebrauchsfähigkeitsprüfungen durchzuführen sind. Das DVGW-Regelwerk sagt, dass der Betreiber nach Übernahme einer Gasanlage für den ordnungsgemäßen Betrieb verantwortlich ist, was durch die Rechtsprechung untermauert wird. Weiter wird empfohlen, Innenleitungen durch eine jährliche Sichtkontrolle zu prüfen und die Dichtheit bzw. Gebrauchsfähigkeit durch geeignete Maßnahmen (z.B. auch schaumbildende Mittel unter Betriebsdruck) alle 12 Jahre überprüfen zu lassen. Unter sicherheitstechnischen Aspekten erscheint dieser Prüfintervall zu lang und diese Empfehlung zu schwach, zumal der Schwerlastverkehr auf den Straßen oft Häuser und Leitungen "erzittern" lässt. Von vielen Vertragsinstallationsunternehmen sowie Gasversorgern wird deshalb eine Überprüfung alle 5 Jahre oder spätestens beim Zählerwechsel angeboten. Weitgehend unbekannt ist demgegenüber, dass für öffentliche Liegenschaften eine Prüfpflicht besteht, nach der Gebrauchsfähigkeits-Prüfungen spätestens alle 10 Jahre durchzuführen sind.

Leckmengenmessung mit Einspeiseanlage. Für Zeit sparende Messungen mit konstantem Betriebsdruck aus integrierter Gas-Vorratsblase mit Präzisionsdruckminderer durch Rückwärtseinspeisung bis zur geschlossenen Hauptabsperreinrichtung.

Schaumbildende Mittel sind nur sehr eingeschränkt zur Feststellung von Undichtigkeiten einzusetzen. Denn Hanf quillt sekundenschnell auf, oft bevor die Schaumbildung einsetzt. Außerdem lässt das Ergebnis keinerlei Beurteilung der Gebrauchsfähigkeit einer Gasanlage zu. Diese ist gemäß DVGW-Arbeitsblatt G624 nur mithilfe eines Leckmengenmessgerätes oder durch Messung des Druckabfalls mit graphischer oder rechnerischer Ermittlung der Leckmenge möglich. Die letztgenannte Methode ist jedoch aufwendig und heutzutage kaum praktikabel. So muss das exakte Rohrvolumen berechnet, das Leitungssystem gasfrei gemacht und der Umrechnungsfaktor 1,68 für die Dichte von Methan/Erdgas berücksichtigt werden.

PC-Ausdruck einer Gebrauchsfähigkeitsprüfung nach VP952. Aussagekräftige Dokumentation auf Firmenbriefbogen zur Vorlage beim Auftraggeber (zur Vertrauensbildung bzw. auch zum Schutz vor unberechtigten Beanstandungen).

Praxisgerechte Prüfungen auf Gebrauchsfähigkeit sind jedoch mit Leckmengenmessgeräten möglich. Sie werden von einer Reihe von Herstellern, meist in Kombination für Vorprüfung, Hauptprüfung und andere Druckmessungen angeboten. Um hier für den Anwender in der Praxis mehr Eindeutigkeit, Vergleichbarkeit und damit Sicherheit hinsichtlich der Beurteilung der Ergebnisse unterschiedlicher Messmethoden bei der Gebrauchsfähigkeitsprüfung zu erreichen, wurde das DVGW-Regelwerk Prüfgrundlage VP 952 (Juli 2004) geschaffen.

In dieser Prüfgrundlage wird erstmalig die Berücksichtigung von Anpassungszeiten für den Füllvorgang beim Beginn der Leckmengenmessung, von bestimmten Messzeiten je nach Leitungsvolumen sowie einer Mittelwertbildung über die Messzeit und die Beachtung von Stabilitätskriterien in Bezug auf Druckschwankungen und Leckmengenänderungen während der Messung verlangt. Auch setzt diese Prüfgrundlage Mindestanforderungen an Leckmengenmessgeräte für eine jetzt mögliche Zertifizierung. Dabei werden vier Geräteklassen unterschieden (s. separater Kasten).

Leckmengenmessgerät der Klasse L (DVGW-zertifiziert gemäß VP952). Digitales Mess- und Aufzeichnungsgerät für Gas-Druck, Leckmenge und Dichtprüfungen im Gas-, Wasser- und Abwasser-Bereich mit manipulationssicherer Abspeicherung von bis zu 100 Messungen mit variablen Messzeiten von 5 Minuten bis 7 Tagen.

Besondere Anforderungen werden u.a. an Messgenauigkeit und Dokumentation der Messungen gestellt. Als Messmedium kann Brenngas oder Luft verwendet werden. Eine Vermischung der Medien ist jedoch nicht zulässig. Bei der Verwendung von Luft als Prüfmedium muss das zu messende System gasfrei sein. Die unterschiedliche Beschaffenheit der Medien ist zu berücksichtigen, wobei entsprechende Umrechnungen nach DVGW-Arbeitsblatt G624 im Gerät erfolgen müssen.

Kurzprotokoll nach DVGW-Prüfgrundlage VP952. Vorortausdruck über Infrarot-Drucker zur Vorabinformation des Auftraggebers bzw. zur Quittierung der Durchführung.

Die Prüfgrundlage VP 952 gibt den Vertragsinstallateuren des SHK-Handwerks die Möglichkeit, mit DVGW-zertifizierten Geräten korrekte Messungen durchzuführen und mit aussagekräftigen sowie unanfechtbaren Dokumentationen zu belegen und damit ihren Kunden Gas-Sicherheit zu verkaufen. Anknüpfungspunkt bietet hier die turnusmäßige jährliche Gasgerätewartung, zu der als zusätzlicher Kundendienst eine Sichtprüfung und das Abschnüffeln der Gasleitungsanlage (mit elektronischem Gasleckfinder) angeboten werden kann. Da elektronische Gasleckfinder nur Undichtigkeiten zeigen und keine Aussage zur Gebrauchsfähigkeit zulassen, ist der Weg zur Gebrauchsfähigkeitsprüfung vorgezeichnet. Die Instandsetzung ist als Folgeauftrag sicher.

Geräteklassen nach VP 952

1. Druckabfallmessgeräte zur Bestimmung der Leckmenge (Klasse D)

"Zur Bestimmung der Gas-Leckmenge auf Grundlage des gemessenen Druckabfalls über eine bestimmte Zeitdauer. Die Berechnung der Leckmenge aus Druckabfall und Leitungsvolumen bezogen auf den Referenzbetriebsdruck (22 mbar) erfolgt nach DVGW-Arbeitsblatt G624. Die Bestimmung des Leitungsvolumens muss auf Messungen durch das Gerät beruhen. Die Messdauer muss mindestens 10 Minuten betragen oder der Druckabfall muss mindestens 15 mbar betragen. Die Messung darf frühestens 10 Minuten nach Anschluss des Gerätes (Anpassungszeit) oder nach einem Druckabfall von 5 mbar nach Füllung der Leitung erfolgen."

2. Leckmengenmessgeräte (Klasse L) zur direkten Messung und Ausgabe der Gas-Leckmenge

"Die Messungen können gasnetzabhängig oder gasnetzunabhängig erfolgen. Bei gasnetzunabhängigen Verfahren, z.B. durch Rückwärtseinspeisung aus einer Gasentnahme- und Einspeiseanlage oder einer Druckgasflasche bei geschlossener Hauptabsperreinrichtung, ist das Medium Erdgas oder Methan zu verwenden. Die zur Bewertung heranzuziehenden Messungen der Leckmenge dürfen frühestens nach der in Tabelle 2 genannten Anpassungszeit nach Anschluss des Gerätes und Nachströmen des Mediums erfolgen. Die Leckmenge bestimmt sich aus dem Mittelwert der einzelnen Messungen über die in Tabelle 2 angegebene Messzeit.


1) Die Anpassungszeit kann für ein Leitungsvolumen < 50 l verkürzt werden, wenn in der Anpassungszeit folgende Stabilitätskriterien über eine Zeitdauer von 2 min eingehalten werden: Druckänderungen < 0,5 mbar; Leckmengenänderungen < 0,2 l/h.
2) Während der Messzeit müssen folgende Stabilitätskriterien eingehalten werden: Druckänderungen < 0,5 mbar, Leckmengenänderungen < 0,2 l/h.
Werden die Stabilitätskriterien nicht eingehalten, muss die Messung abgebrochen und als ungültig gekennzeichnet werden oder die Leckmenge aus drei Messungen ermittelt werden; die drei Messergebnisse dürfen dabei nicht mehr als 0,2 l/h voneinander abweichen.

3. Volumenmessgeräte zur Bestimmung der Leckmenge (Klasse V) auf Grundlage der gemessenen Druckdifferenz bei gleichzeitigem Zuführen eines definierten Volumens zur Druckkonstanthaltung.

Die Anforderungen an Druckabfallmessgeräte (Klasse D) und Leckmengenmessgeräte (Klasse L) sind entsprechend anzuwenden. "Bei Leitungsvolumen < 100 l ist eine Anpassungszeit von mindestens 10 Minuten und die Zeit eines Messvorgangs von mindestens 5 Minuten einzuhalten. Druckänderungen während eines Messvorgangs dürfen nicht mehr als 0,5 mbar betragen."

4. Messgeräte mit sonstigen Messverfahren (Klasse S), die nicht durch die Klasse D, L und V abgedeckt sind.

"Bei Messgeräten der Klasse S muss sichergestellt sein, dass die Anforderungen an die Anpassungszeit, Messzeit sowie an die Stabilität der Randbedingungen bei der Messung und die Genauigkeit gleichwertig erfüllt werden. Die Anforderungen an Druckabfallmessgeräte (Klasse D) und Leckmengenmessgeräte (Klasse L) sind sinngemäß anzuwenden. Das Messgerät muss hierbei die Leckmenge erfassen."

 

Arbeitsschritte bei einer Gas-Leckmengenmessung

1. Sichtprüfung des zu prüfenden Gasleitungssystems durchführen.

2. Hauptabsperreinrichtung (HAE) und alle Verbrauchsstellen schließen.

3.1 Bei gasnetzabhängiger Messung:

Zähler (sofern zulässig) abnehmen und Leckmengenmessgerät statt Zähler in den Gasstrom schalten (Geräteeingang mit Zuleitung, Geräteausgang mit zu prüfender Leitung verbinden). HAE öffnen, Füllvorgang des Leitungssystems bzw. Anpassungszeit gemäß VP 952 abwarten und bei beruhigter Anzeige Messung durchführen bzw. abspeichern.

Das Leckmengenmessgerät arbeitet wie ein Feingaszähler: nur die nachströmende, aus Leckstellen entweichende Gasmenge wird als Leckmenge angezeigt.

3.2 Bei gasnetzunabhängiger Messung durch Rückwärtseinspeisung:

Prüfschlauch der Einspeiseanlage an Prüfnippel, Prüf-T-Stück oder andere Anschlussmöglichkeit anschließen und Gas-Vorratsblase der Einspeiseanlage bei geöffneter HAE füllen. Danach HAE und alle Verbrauchsstellen schließen. Eingang Leckmengenmessgerät mit Ausgang Einspeiseanlage verbinden sowie Prüfschlauch auf Ausgang Leckmengenmessgerät stecken. Kugelhahn am Ausgang der Einspeiseanlage öffnen, Betriebsdruck am Feinregler unter Beobachtung der Druckanzeige im Display des Leckmengenmessgerätes einregeln. Füllvorgang des Leitungssystems bzw. Anpassungszeit gemäß VP952 abwarten und Messung durchführen bzw. abspeichern.

Die Einspeiseanlage mit Messgerät kann an jedem beliebigen Ort in der Anlage angeschlossen werden. Der Zähler wird nicht entfernt. Die durch eine Undichtigkeit ausströmende Gasmenge strömt aus der Einspeiseanlage durch das Gerät hindurch und wird als Leckmenge angezeigt.

 

Internetinformationen:
www.ulisch.de


B i l d e r :  Fedor Ulisch, Remscheid


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