IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/2003, Seite 54 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Die luftdichte Gebäudehülle - Fehler in der Praxis

Dipl.-Ing. Maria Feldhaus*

Die Energieeinsparverordnung schreibt für neu zu errichtende und beheizte Gebäude eine luftdichte Gebäudehülle vor. Für die Umsetzung dieser Forderung ist es unerlässlich, dass ein Luftdichtungskonzept erstellt wird. Die wesentlichen Aspekte in diesem Zusammenhang beschreibt die Autorin im nachfolgenden Beitrag.

Undichtigkeiten in der Gebäudehülle haben viele Nachteile:

Zweite Installationsebene. (Quelle: IKZ-HAUSTECHNIK)

Für eine lückenlose Ausführung der Luftdichtheit eines Gebäudes ist es unerlässlich, dass ein Luftdichtungskonzept erstellt wird. Bereits in der Planungsphase müssen Lage und Verlauf der luftdichtenden Ebenen festgelegt werden. In Dachkonstruktionen etwa übernehmen die auf der Innenseite der Dämmschicht angebrachten dampfbremsenden Schichten gleichzeitig die Aufgabe der Luftdichtheit. Bei Mauerwerksbauten dagegen wird die luftdichtende Schicht vom Innenputz gebildet. Da die Dächer der meisten massiven Bauten in Leichtbauweise erstellt werden und deren Luftdichtung ebenfalls innen liegt, lassen sich die beiden Luftdichtungsebenen (Putz und Dampfbremse) ohne Versprung problemlos miteinander verbinden. In Leichtbaukonstruktionen hat sich der mehrschichtige Aufbau bewährt. Zwischen der raumabschließenden Bekleidung (z.B. Gipskarton) und der Luftdichtungsplatte liegt eine Installationsebene, in der Elektro- und Heizungsrohre verlegt werden können.

Wärmeverlust durch Luftströmungen. (Quelle: Energieagentur Wuppertal)

Wasserdampftransport durch Diffusion und Konvektion. In der Vergangenheit wurden mehrschichtige Leichtbaukonstruktionen auf der Innenseite möglichst dampfdicht ausgebildet. Trotzdem kam es oft zu Feuchteschäden. Die Ursache war in der Regel aber nicht eine zu schwache Dampfbremse, sondern die schlechte Ausführung derselben. Wie die Abbildung zeigt, bringt - bei gleichen Randbedingungen - die Wasserdampfkonvektion durch Fugen einen wesentlich höheren Wassereintrag als die Dampfdiffusion durch diffusionsoffene Schichten. (Quelle: Energieagentur Wuppertal)

Abdichtung von Folienüberlappungen: Fehlt bei der Verarbeitung von Kompribändern der Anpressdruck, kann die Folienüberlappung nicht dicht schließen. (Quelle: Maria Feldhaus, Aachen)

Abdichtung von Dachdurchdringungen: An flexible, gewellte Rohre können Folien nicht ohne weiteres dicht angeschlossen werden. (Quelle: Maria Feldhaus, Aachen)

Luftdichtheit im Detail

Die Herstellung einer luftdichten Schicht in der Fläche ist relativ einfach. Schwieriger dagegen gestaltet sich die Gewährleistung der Luftdichtheit an Überlappungen und Stößen sowie dort, wo verschiedene Materialien aufeinander treffen, also an Anschlüssen und Durchdringungen. In DIN 4108 Teil 7 finden sich Prinzipskizzen für diese Problempunkte. Auch der Baustoffmarkt bietet eine Vielzahl von Detaillösungen.

Eine praxisgerechte Lösung für die dauerhafte Luftdichtheit einer Rohr- oder Kabeldurchdringung versprechen spezielle Luftdichtungsmanschetten aus EPDM. (Quelle: Eisedicht)

Überlappungen von Kunststofffolien beispielsweise werden am besten mit selbstklebenden Butyl-Kautschukbändern geschlossen. Dies ist einfacher und sicherer als die Verwendung von vorkomprimierten Dichtbändern. Damit diese Kompribänder ihre Funktion erfüllen können, müssen sie mit einer Latte an einen festen Untergrund (z.B. Sparren) angepresst werden. Fehlt dieser Anpressdruck, wird die Überlappung nicht luftdicht geschlossen.

Vorwandinstallation auf unverputzter Außenwand: Unverputzte Wände sind nicht ausreichend luftdicht. Werden Sanitärgegenstände direkt darauf befestigt, lässt sich die Luftdichtheit nur schwer herstellen, da die Beplankung der Vorwand eine Vielzahl von Durchdringungen aufweist. Vor Einbau der Vorwandinstallation muss die Außenwand mit einem Ausgleichs- oder Spachtelputz versehen werden. (Quelle: Niedrig Energie Institut)

Aufwendig ist der luftdichte Anschluss von Durchdringungen. Am besten werden Manschetten aus Folie oder Pappen über Rohre, Kehlbalken und dergleichen gestülpt und an die Luftdichtungsebene angeschlossen. Verzichtet man auf die Manschette, muss die Folie besonders sorgfältig mit selbstklebenden Dichtungsbändern an das durchdringende Bauteil angeschlossen werden. Beim Einbau von Dachflächenfenstern erleichtern vorgefertigte Folienkragen einen sauberen Anschluss an die Luftdichtungsbahn. Schließen Folien oder Pappen an verputzte Flächen an, so werden diese entweder mit speziellen Acrylklebern auf dem Putz befestigt oder - besser noch - eingeputzt. Letzteres ist in jedem Fall dauerhaft und sicher. Bei Fensteröffnungen im Mauerwerk wird die Fuge zwischen Anschlag und Blendrahmen von der Innenseite mit einer Folie oder einem elastischen Fugenmaterial abgedichtet und anschließend eingeputzt. Vor dem Verlegen der Fensterbänke müssen die Steinkammern mit einem Mörtelglattstrich verschlossen werden.

So ist es richtig: Vorwandelemente an die verputzte Wand befestigen. (Quelle: Missel GmbH, Stuttgart)

Liegt das Rohr direkt an der Außenwand, so ist es unmöglich, den Innenputz bis auf die Rohdecke zu ziehen. Es bleibt ein unverputzter Streifen, die Luftdichtheit ist nicht garantiert. Abhilfe: Das Rohr mit Abstand zur Außenwand verlegen. (Quelle: Niedrig Energie Institut)

Fehler in der SHK-Praxis

In der Baupraxis kommt es immer wieder zu "Kollisionen" zwischen Bautechnik und Haustechnik. Dabei entstehen leicht vermeidbare Fehler. Die folgenden Mängel sind besonders häufig anzutreffen:

Undichtigkeiten durch Steckdosen lassen sich vermeiden,

Für die Blower-Door-Messung wird ein Ventilator luftdicht in die Öffnung der Eingangstür installiert. (Quelle: Blower Door GmbH)

Nachweis der Luftdichtheit

Die Herstellung einer luftdichten Ebene ist gesetzlich vorgeschrieben, ein Nachweis der Luftdichtheit ist dagegen nicht zwingend erforderlich. Beim Neubau empfiehlt sich jedoch die Überprüfung der Luftdichtheit - zur Qualitätskontrolle und für die Rechtssicherheit bei eventuellen Haftungsansprüchen. Dies geschieht am besten mit Hilfe des "Blower-Door-Tests". Für den Blower-Door-Test wird ein Ventilator luftdicht in die Öffnung einer Eingangs- oder Balkontür eingebaut. Mit dem Ventilator wird jeweils Unter- und Überdruck im Gebäude hergestellt. Die Druckdifferenz beträgt dabei 50 Pascal (entsprechend etwa der Windstärke 5). Teilt man den bei 50 Pa Druckdifferenz gemessenen Luftstrom durch das Innenvolumen des untersuchten Gebäudes, so erhält man die volumenbezogene Luftdurchlässigkeit n50 oder auch Luftwechselrate pro Stunde (h-1). Bei Gebäuden mit natürlicher Lüftung darf die Luftwechselrate 3 h-1 (3 pro Stunde) nicht überschritten werden. Bei Gebäuden mit Lüftungsanlage gilt der Grenzwert von 1,5 h-1. Große Leckagen sowie alle Undichtigkeiten, an denen Luftgeschwindigkeiten von 2 m/s und mehr auftreten, müssen nachgebessert werden. Die Undichtigkeiten können entweder mit den Händen gefühlt oder mit Hilfe von Rauch oder Theaternebel visualisiert werden. Möglich ist auch der zusätzliche Einsatz einer Infrarotkamera, mit deren Hilfe der Ort des Lufteintritts und die Ausbreitung der Kaltluft aufgezeigt werden.

Prinzip der Blower-Door-Messung zur Feststellung der Luftdichtheit. (Quelle: RWE Plus AG)

Damit eventuelle Undichtigkeiten ohne größeren Aufwand beseitigt werden können, sollte der Blower-Door-Test nach Herstellung der luftdichten Ebenen (Folien, Putz), aber vor Einbau der raumabschließenden Bauteile (Gipskarton o.ä.) erfolgen.

Ein Bündel Leerrohre für die Elektroinstallation: Es ist praktisch aussichtslos, hier einen luftdichten Anschluss der Dampfbremse herzustellen. (Quelle: Maria Feldhaus, Aachen)

Fazit

Die luftdichte, diffusionsoffene Gebäudehülle garantiert tauwasserfreie Bauteile und hilft Bauschäden zu vermeiden, sie reduziert die Wärmeverluste und schafft ein behagliches Wohnklima. Durch sorgfältige Planung lassen sich Beschädigungen an den Luftdichtungs- und Wärmedämmmaßnahmen verhindern. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Wärmedämm- und Luftdichtungsebenen festgelegt werden, muss auch die Lage der Leitungstrassen und Heizflächen geklärt sein. Eine gute Baukoordination sorgt dafür, dass die Gewerke einander nicht behindern oder dass erbrachte Arbeiten nicht zerstört werden. Dafür ist häufig eine Feinabstimmung des Bauablaufs notwendig. So muss zum Beispiel das Mauerwerk hinter der Installationswand verputzt werden, bevor die Vorwand gesetzt wird, während andere Putzarbeiten erst nach Einbau der Rohinstallation erfolgen können. Für einen reibungslosen Ablauf vor Ort ist es darüber hinaus unerlässlich, dass das Problembewusstsein der Ausführenden geschärft wird.


*) Dipl.-Ing. Maria Feldhaus, Büro für ökologische Bau- und Umweltplanung, Aachen


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