IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2002, Seite 27 ff.


SANITÄRTECHNIK


Nur bedingt zu empfehlen

Flexible Schläuche in der Trinkwasserinstallation

Flexible Trinkwasserschläuche sorgen zunehmend für Irritationen in der Branche. Farbige Ausflockungen, die beim Zapfen aus den Armaturen fließen, verunsichern Installateure ebenso wie Verbraucher. Daneben häufen sich die Schadensfälle durch geplatzte Schlauchleitungen. Wurde das Phänomen bislang vorwiegend in den ostdeutschen Bundesländern beobachtet, greift es nun auch auf andere Regionen über. Um die Ursachen der Schäden zu ergründen und Handlungsempfehlungen für das verarbeitende Handwerk zu formulieren, lud der Zentralverband Sanitär Heizung Klima gemeinsam mit der IKZ-HAUSTECHNIK Experten aus Handwerk, Handel und Wissenschaft zu einem Informationsgespräch ein.

Spinnenverteiler für Trinkwasser. Diese Installationsvariante wurde vorwiegend zur Sanierung von Plattenbauten in den neuen Bundesländern angewandt. Die Öffnung in der Wand wurde nach der Installation nicht versiegelt. Der Zugang zu den Absperrventilen und den Wasserzählern war jederzeit gewährleistet. Foto: Richter GmbH, Falkensee

Schäden an flexiblen Panzerschläuchen sind nicht neu. Bereits 1994 gab es die ersten Probleme mit den häufig als Armaturenanschlussschläuche verwendeten Produkten: Die glatten Rohrenden rutschen im Betrieb aus den Verschraubungen. 1996 traten dann die ersten Fälle von schwarzen Ausflockungen bei der Wasserentnahme auf, dessen Ursache auf eine mangelhafte Vulkanisierung des Schlauchmaterials zurückgeführt wurde. Schleimige grüne Biofilme werden seit 1999 beobachtet. Seit 2000 schließlich kommt es vermehrt zu Undichtigkeiten bei Schläuchen im Einsatzbereich von Armaturenanschluss und Spinnenverteilern. Letztere wurden in Ostdeutschland vor allem bei der Sanierung von Plattenbauten vielfach eingebaut. Mittlerweile sind bereits einige hundert solcher Schadensfälle bekannt. In zunehmendem Maße sind auch Heizkörperanschlussschläuche von dieser Problematik betroffen. "Es braut sich was zusammen", konstatierte Franz-Josef Heinrichs, stv. Geschäftsführer Technik im ZVSHK, anlässlich des Expertentreffens Ende Juni dieses Jahres in Sankt Augustin.

Armaturenanschlussschläuche.

Ursachenforschung

Alterungsprozesse als Schadensursache können ausgeschlossen werden, darüber sind sich die Experten weitgehend einig. Ausflockungen gleich welcher Art zeigen sich entweder im Zeitraum von acht Monaten bis etwa 2,5 Jahren nach der Installation oder gar nicht, wie Erik Debertshäuser (FV SHK Land Brandenburg) und Thorsten Rabe (FV SHK Mecklenburg Vorpommern) übereinstimmend berichten. Für die gerissenen Schläuche kann diese Aussage allerdings nicht getroffen werden, da die Schadensursachen nach Meinung der anwesenden Hersteller nicht endgültig geklärt sind.

 

Biofilm auf der Innenseite eines Panzerschlauches. Bei den dunklen Partikeln handelt es sich um abgelöste Teilchen vom Schlauchinnern. Foto: Institut Fresenius Angewandte Festkörperanalytik GmbH, Dortmund

 

Hintergrund: Prüfgrundlage für Schlauchleitungen

Schlauchleitungen werden nach DVGW-Prüfgrundlage VP 543 geprüft. Sie sind wie folgt definiert:

Gruppe A: Schlauchleitungen für den Anschluss von Armaturen und Apparaten für sichtbare oder zugängliche Installationen. Im Abschnitt 4.1 der VP wird dazu ausgeführt: Druckfeste flexible Schlauchleitungen dieser Bauart sind als Anschlussstück Bestandteil von Sanitärarmaturen (z. B. Einlochbatterien mit druckfesten flexiblen Schlauchleitungen für Waschtisch, Bidet, Spüle und Wannenwulstmontage) oder zum Anschluss von Apparaten. Mit den Schlauchleitungen wird die Verbindung zwischen der Installation und den Armaturen oder Apparaten hergestellt. Druckfeste Schlauchleitungen dieser Bauart werden auch als sichtbares oder zugängliches Verbindungsstück in der Trinkwasser-Installation vorgesehen. Die Länge ist auf max. 2 m begrenzt.

Gruppe B: Schlauchleitungen für den Anschluss von Wasch-, Geschirrspülmaschinen und Trommeltrocknern.

Gruppe C: Schlauchleitungen für unzugängliche Installationen. Nach Abschnitt 6.1 sind die Schlauchleitungen der Gruppe C Bestandteil der Trinkwasser-Installation. Unabhängig von der Installationsart unterliegen diese Komponenten der Schlauchleitungen den gleichen Anforderungen wie eine Rohrleitung, und es sind ausschließlich nach DVGW-Arbeitsblatt W 534 geprüfte Verbinder zulässig. Die maximale Länge darf 4 m betragen.

Hinweis: Bislang gibt es keine Schlauchleitungen, die die in der VP 543 geforderten Prüfungen nach Gruppe C erfüllen.

Organische oder anorganische Wasserinhaltsstoffe, die zu einer Zerstörung des wasserführenden Werkstoffes (Material: EPDM) führen könnten, scheiden nach Ansicht der Fachleute ebenfalls aus. Keine der Wasseranalysen habe diesbezüglich Auffälligkeiten gezeigt. Fest steht nur, dass die Zusammensetzung des Schlauchwerkstoffes den üblichen Betriebsbedingungen (Druck, Temperatur, Betriebszeit) nicht standhalten kann. Keine für Anwender zufriedenstellende Erkenntnis, in Anbetracht der Dringlichkeit der Situation. Doch die Problematik ist wesentlich breiter gestreut als sie auf den ersten Blick vermuten lässt. Beispiel Ausflockungen: Dabei kann es sich sowohl um Partikel aus dem Schlauchmaterial (Abrieb und/oder Auflösung), um schleimigen Biofilm (unzulässige Vermehrung von Mikroorganismen) oder um einen kupferhaltigen Belag (entstanden durch chemisch-katalytische Vorgänge) handeln. Allein dieses Beispiel verdeutlicht die Komplexität dieser Thematik. Für Dr. Olaf Günnewig vom Institut Fresenius, der zahlreiche Schadensfälle untersucht und analysiert hat, spielen deshalb gleich "mehrere Faktoren eine Rolle". Der Diplom-Physiker kommt aber nach seinen Analysen zu dem Schluss, dass Kupfer - in jeder Installation in Form von Messing oder Rotguss vorhanden - zumindest einen entscheidenden Einfluss auf die Schadensmechanismen hat. "Gelöstes Kupfer ist in der Lage, einen Kunststoff zu schädigen", erklärt der Experte. Eine Schlussfolgerung, der sich Dr. Peter Arens vom Deutschen Kupferinstitut so recht nicht anschließen kann. Schließlich stelle sich die Frage, woher die dafür notwendigen hohen Kupferkonzentrationen stammen. Teilweise waren die Trinkwasserinstallationen aus Kunststoffwerkstoffen, und trotzdem traten Schäden auf. Aus den Schlauchverbindungen, die aus Messing oder Rotguss bestehen, "könnten derartig schädigende Kupferkonzentrationen unmöglich herausgelöst worden sein". Eher schon sieht der promovierte Biologe in einem unzulässigen Bakterienbewuchs einen Beitrag zur Schadensursache und erfährt dabei die Unterstützung von Prof. Dr. Dirk Schoenen (Hygiene Institut der Universität Bonn). Seine Aussage, Flexible Schläuche aus EPDM seien durch die Inhaltsstoffe wie Paraffine und Wachse "besonders geeignet, Bakterienwachstum zu fördern", fand breite Zustimmung seitens der Wissenschaftler und deckt sich im Übrigen mit einem kürzlich vom Umweltbundesamt veröffentlichten Bericht zur Kontaminierung des Trinkwassers durch Schlauchleitungen (erschienen im Bundesgesundheitsblatt 6/2002). Dort heißt es: "Generell neigen Elastomere, wie z.B. Schlauchleitungen, eher als harte Kunststoffe dazu, die mikrobiologische Trinkwasserqualität zu beeinträchtigen. Häufig sind übermäßig aufgewachsene Biofilme feststellbar. Die Ursache dafür liegt in der Rezeptur der elastomeren Schlauchmaterialien. Hierbei ist vor allem an Paraffine (Weichmacher) und mikrokristalline Wachse (Ozonschutzwachse) zu denken, die mikrobiell gut abbaubar sind".

Dr. Wilhelm Erning: "In vielen Fällen ist es einfach schlechtes Material."

Schoenen warnt allerdings vor einer Pauschalisierung der Schadensursache: "Die Selektierung der unterschiedlichen Schäden ist unbedingt erforderlich."

Ohnehin kann die Besiedlung durch Mikroorganismen nicht als alleinige Ursache und für die vielschichtigen Schadensfälle in Frage kommen. Zu unterschiedlich stellen sich die Schadensbilder dar. Außerdem ist nach Herstelleraussage insgesamt nur ein sehr geringer Prozentsatz der installierten Schläuche von den geschilderten Phänomenen betroffen. Dennoch: Durch den Einsatz von Millionen von Schläuchen zeichnet sich eine besorgniserregende Entwicklung ab. Es gibt aber noch weitere Erklärungsversuche.

Dr. Ivo Wagner: "Wir brauchen keine flexiblen Schläuche."

Meinungen prallen aufeinander

So macht ein anderes Gutachten - erarbeitet von Dr. Wolfgang Ruth (Uni Rostock, Fachbereich Chemie) - vagabundierende Kriechströme aus der häuslichen Elektroinstallation für die Zerstörung der Gummimatrix verantwortlich. Vereinfacht ausgedrückt, sollen sich durch elektrochemische Prozesse in der häuslichen Wasserinstallation freie Hydroxinradikale bilden, die dann zur Zerstörung des Schlauchmaterials führen. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass bei Schadensfällen zunächst einmal die Elektroinstallation hinsichtlich der Wirksamkeit des Nullleiters überprüft werden müsse. Ein bloßes Auswechseln der Panzerschläuche würde "nur für kurze Zeit den optischen Effekt einer guten Trinkwasserqualität vermitteln."

Franz-Josef Heinrichs: "Schläuche müssen für den Verwendungsbereich uneingeschränkt einsetzbar sein."

 

Erik Debertshäuser, Charles Bittrich, Thorsten Rabe (v.l.): "Hunderte von Schadensfällen."

 

Teilnehmer der Expertenrunde

Dr. Peter Arens, Deutsches Kupfer-Institut
Charles Bittrich, Innung SHK Berlin
Erik Debertshäuser, Fachverband SHK Land Brandenburg
Dr. Wilhelm Erning, Bundesanstalt f. Materialforschung u. Prüfung
Dr. Olaf Günnewig, Institut Fresenius
Detlev Hagenah, Gebr. Meibes GmbH
Franz-Josef Heinrichs, Zentralverband Sanitär Heizung Klima
Falk Höhne, Lindner Armaturen GmbH
Günther Klauke, Redaktion IKZ-HAUSTECHNIK
Dr. Klaus Musaick, Rhenag AG
Jens Mühlheim, Rossweiner Armaturen und Messgeräte GmbH
Thorsten Rabe, Fachverband SHK Mecklenburg-Vorpommern
Sonja Richter, Richter GmbH
Hans Schaefer, Gienger München KG
Uwe Schmidt, Bär & Ollenroth
Helmut S. Siemssen, DG Haustechnik e. V.
Markus Sironi, Redaktion IKZ-HAUSTECHNIK
Prof. Dr. Dirk Schoenen, Hygiene Institut der Universität Bonn
Dr. Ivo Wagner, DVGW

Doch auch diese, mittlerweile bei vielen Schadensfällen von betroffenen Herstellern herangezogene These, konnte die anwesenden Experten nicht überzeugen. "Wir finden solche Potenziale im Milliampere-Bereich in beinahe jeder Installation", kommentierte Heinrichs das Gutachten. "Physikalisch ist das unmöglich" meint gar Dr. Wilhelm Erning von der Bundesanstalt für Materialforschung und Prüfung. Er stellt fest: "In vielen Fällen ist es einfach schlechtes Material." Eine Meinung, die auch Dr. Ivo Wagner vom DVGW vertritt. Fertigungsfehler beim Vulkanisieren oder nicht richtig gewählte oder vermischte EPDM-Rezeptoren seien die wahren Gründe für die Schadensfälle, meint der Korrosionsexperte und beruft sich dabei auf seine mehr als 30-jährige Berufserfahrung.

Beide Experten vertraten außerdem die Meinung, dass eine verdeckte Installation der Schläuche (wie z.B. bei der Spinneninstallation) zum damaligen Zeitpunkt nicht zulässig gewesen sei.

Expertenrunde: Kontroverse Meinungen zu den Schadensursachen.

Handlungsempfehlungen

Trotz der vielen Analysen und Untersuchungen seitens der Experten bleibt also der fade Beigeschmack, dass sich die Schadensmechanismen zumindest derzeit noch ziemlich diffus darstellen und zudem erst wenige nach aktuellem DVGW-Regelwerk zertifizierte Produkte vorliegen (Anmerkung der Red.: Gemeint sind die Regelwerke DVGW VP 543 sowie das DVGW-Arbeitsblatt W 270). Dem verarbeitenden Handwerk seien deshalb nachfolgende Handlungsempfehlungen, die im Rahmen des Expertengesprächs diskutiert und für gut befunden wurden, an die Hand gegeben:

Abschließend stellte Heinrichs die Forderung an die Hersteller, dem Handwerk kurzfristig Armaturenanschlussschläuche für die uneingeschränkte Anwendung in Trinkwasserinstallationen bereitzustellen. Darüber hinaus sollte Sinn und Zweck zukünftiger Gutachten und Schadensforschung sein, die Ursachenfindung marktpartnerschaftlich auszurichten.

Mögliche Ursachen von Materialschäden an Panzerschläuchen. Quelle: Institut Fresenius Angewandte Festkörperanalytik GmbH, Dortmund


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