IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/1999, Seite 40 ff.


SANITÄRTECHNIK


Projektierungshilfe für die Versickerung von Regenwasser in NRW

Teil 2: Versickerungsmethoden

Rudolph Hanke, Hans-Peter Sproten

Von dezentraler Versickerung spricht man, wenn der Niederschlagsabfluß auf dem Grundstück selbst, auf dem er entsteht bzw. im Bereich von kleinen Grundstücksgruppen (gemeinsam genutzte Anlagen), also in unmittelbarer Nähe, versickert wird. Dagegen handelt es sich um zentrale Versickerung, wenn Niederschläge von größeren Gebieten über ein eigenes Regenwassernetz an einem Punkt gesammelt und dort versickert werden. Die nachfolgenden Hinweise beziehen sich ausschließlich auf dezentrale Systeme.

Bild 4: Flächenversickerung (Quelle: ATV (Hrsg.) "Regenwasserversickerung", ATV-Information, Juni 1997).

Versickerung ohne Speicherung

Flächenversickerung

Die flächenförmige Versickerung des Niederschlagswassers kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Steht genügend Fläche zur Verfügung, so kann eine Versickerung durch unbefestigte, gewachsene Böden, wie z.B. Grasflächen, stattfinden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Flächen mit teilweise durchlässigen Oberflächen, wie z.B. Rasengittersteinen, zu gestalten. Dies bietet sich vor allem dort an, wo eine Fläche sowohl einer Nutzung als auch der Versickerung des auf ihr anfallenden Niederschlags dienen soll.

Bild 5: Wasserdurchlässige Deckschichten und Beläge (Quelle: Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit (Hrsg.), "Entsiegeln und Versickern", Informationen zur durchlässigen Befestigung von Oberflächen und zur Versickerung von Regenwasser, 1996).

Auch eine Versickerung des auftreffenden Niederschlags bei wasserundurchlässigen Flächen, wie z.B. Beton oder Asphaltdecken, ist möglich. Hier wird das Regenwasser in die begrünten, unbefestigten Seitenräume geleitet und dort versickert.

Gemein ist diesen Varianten, daß das Niederschlagswasser in den wasserdurchlässigen Bereichen ohne eine vorherige Speicherung an der Oberfläche versickern sollte. Um einen unbeabsichtigten Aufstau zu vermeiden, muß deshalb gewährleistet sein, daß die Versickerungsfähigkeit des Bodens größer als der zu erwartende Regenabfluß ist.

Die Anforderungen an das zu versickernde Wasser sind aufgrund der langen Bodenpassage und der damit verbundenen hohen Reinigungsleistung, insbesondere bei grasbewachsenen Flächen, gering. Darüber hinaus spricht für diese Art der Versickerung, daß sie mit geringem technischem Aufwand zu errichten ist und einfach gewartet und gereinigt werden kann. Den einzigen Nachteil stellt der verhältnismäßig hohe Flächenbedarf der Anlagen dar.

Bild 6: Muldenversickerung (Quelle: ATV (Hrsg.) "Regenwasserversickerung", ATV-Information, Juni 1997).

Versickerung mit Speicherung

Muldenversickerung

Bei der Muldenversickerung handelt es sich um eine Sonderform der Flächenversickerung. Anders als bei der zuvor behandelten Versickerung kommt es bei dieser Variante in den flachen Bodenvertiefungen der Mulde zu einer zeitweisen oberirdischen Speicherung des Regenwassers, wodurch die Versickerungsrate niedriger als der Niederschlagszufluß sein kann. Die Versickerungsmulde weist aufgrund dieser Speicherwirkung einen geringeren Flächenbedarf als die Flächenversickerung auf. Die Muldenversickerung hat im Vergleich zu den in den folgenden Abschnitten noch zu behandelnden Anlagen entscheidende Vorteile. So erfolgt durch die Passage der meist begrünten, belebten, ca. 20 bis 30 cm dicken Bodenschicht eine hohe biologische Reinigungswirkung, welche hinsichtlich des Grundwasserschutzes von großer Bedeutung ist. Zusätzlich sorgt die Bodenaktivität (Regenwürmer, Pflanzenwurzeln, Pflanzentriebe) für eine dauerhafte Durchlässigkeit der Bodenoberfläche und somit für eine lange Lebensdauer der Anlage. Im Sinne des Grundwasserschutzes ist es auch, daß Verunreinigungen des zufließenden Regenwassers durch grundwassergefährdende Stoffe aufgrund der oberirdischen (sichtbaren) Speicherung leicht erkennbar sind. Weitere Vorteile liegen im geringen technischen Aufwand bei der Errichtung und der einfachen Wartung der Mulden. Zum Einsatz kommt die Muldenversickerung vor allem auf Grundstücken mit ungenutzten Grünflächen, auf Wegen und Parkplätzen sowie in den Seitenräumen von Fuß- und Radwegen.

Bild 7: Rohrversickerung (Quelle: ATV (Hrsg.) "Regenwasserversickerung", ATV-Information, Juni 1997).

Rohrversickerung

Bei der Rohrversickerung wird das Niederschlagswasser durch ein in Feinkies oder Grobsand gebettetes, perforiertes Versickerungsrohr unterirdisch zugeführt und versickert. Das Wasser wird sowohl im Rohr als auch in der Kiesfüllung zwischengespeichert und - in Abhängigkeit von der Versickerungsfähigkeit des umgebenden Bodens - verzögert in den Untergrund abgegeben. Das Sickerrohr dient dabei verschiedenen Zwecken. Einerseits findet in ihm eine Speicherung statt, andererseits entsteht durch das Rohr ein schneller Wasserausgleich und damit eine linienförmige Versickerung, die eine punktuelle Einleitung verhindert. Das Sickerrohr muß einen Mindestdurchmesser von DN 300 besitzen und durch die Vorschaltung einer Absetzeinrichtung vor Feststoffeinträgen geschützt werden. Durch diese Anforderungen unterscheidet sich dieses Verfahren von der in DIN 4261 beschriebenen Untergrundverrieselung.

Tabelle 3: Schadstoffkonzentrationen des fallenden Niederschlages in Düsseldorf im Vergleich

Para-
meter

Einheit

Gehalte des Niederschlags-
wassers

Über-
wie-
gende Grund-
wasser-
gehalte

Grenz werte der TVO

All-
gemeine Güte-
anforde-
rungen für Ober-
flächen-
gewässer

 

 

MIN

MAX

Mittel

 

 

 

pH-Wert

 

4,5

7,2

5,9

6,8 - 7,2

6,5 - 9,5

6,5 - 8,5

Ammo-
nium

mg/l

0,38

3,90

1,57

< 0,01

0,5

1,3

Nitrat

mg/l

< 1

10,0

2,5

~ 25

50

 

Chlorid

mg/l

< 1

8,0

2,5

60 - 90

250

 

Natrium

mg/l

< 1

3,9

1,3

 

150

 

Kalium

mg/l

< 1

2,8

0,6

 

12

 

Sulfat

mg/l

< 1

5,0

3,1

120

240

 

Metalle

 

 

 

 

 

 

 

Eisen ges.

µg/l

< 20

100

44

 

200

2

Mangan

mg/l

< 0,02

0,04

< 0,02

 

0,05

 

Alu-
minium

µg/l

25

130

64

 

200

 

Blei

µg/l

< 1

55

5

2 - 3

40

20

Cad-
mium

µg/l

< 0,2

1,0

0,3

0,1 - 0,2

5

1

Chrom

µg/l

< 2

15

3

1 - 2

50

30

Kupfer

µg/l

< 2

82

11

2 - 3

 

40

Nickel

µg/l

< 2

29

4

3 - 4

50

30

Zink

µg/l

< 20

503

183

10 - 20

 

300

IR-KW H18

mg/l

< 0,01

2,00

0,29

0,01

 

 

AOX

µg/l

11,0

100,0

29,5

10 - 20

 

40

PAK n. EPA

µg/l

0,03

5,05

0,76

 

 

 

PAK n. TVO

µg/l

< 0,05

2,42

0,34

0,20

0,2

 

Quelle: Landeshauptstadt Düsseldorf (Hrsg.) "Alternativen der Niederschlagsentwässerung", Dokumentation des 6. Umweltfachgespräches, März 1995.

Rigolenversickerung

Wie schon bei der zuvor beschriebenen Rohrversickerung findet hier eine unterirdische Speicherung und anschließende Versickerung statt. Das Niederschlagswasser wird in mit Kiespackungen gefüllte Gräben ober- oder unterirdisch zugeleitet.

Bild 8: Rigolenversickerung (Quelle: ATV (Hrsg.) "Regenwasserversickerung", ATV-Information, Juni 1997).

Die Vorteile der Rigolenversickerung und der zuvor beschriebenen Rohrversickerung liegen in ihrer Einsatzmöglichkeit bei beengten Platzverhältnissen, da diese Anlagen durch leichte Bauten überbaut werden dürfen. Außerdem können sie zum Einsatz kommen, wenn schlecht durchlässige, obere Bodenschichten vorliegen und diese umgangen werden sollen, um eine Versickerung in durchlässigen, tieferen Schichten zu ermöglichen. Gerade diese Umgehung der belebten Bodenschicht und ihrer hohen Reinigungswirkung, wie sie bei Flächen- und Muldenversickerung anzutreffen ist, stellen den großen Nachteil dieser Anlagen dar. Es findet lediglich eine (geringe) Filterung des Niederschlagswassers statt. Weitere Nachteile liegen darin, daß weder eine ausreichende Möglichkeit der Wartung besteht, noch daß die Anlagen durch Reinigung regeneriert werden können. Eine Regeneration ist z.B. dann erforderlich, wenn die Anlage durch Selbstabdichtungsvorgänge versickerungsunfähig geworden ist.

Tabelle 4: Verschmutzungspotential verschiedener Dachmaterialien

Dachdeckung,
Fallrohre

Verschmutzungs-
potential

Begrüntes Dach

Kein

Glas

Kein

Tonziegel

Kein

Betonziegel

Gering

Kunststoffe

Gering

Dachpappe

Mittel

Faserbeton

Mittel

Asbestzement

Mittel

Kupfer

Hoch

Zink

Hoch

Blei

Hoch

Quelle: W. Geiger, H. Dreiseitl, "Neue Wege für das Regenwasser", Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten, Oldenbourg Verlag, München 1995.

Schachtversickerung

Bei der Schachtversickerung findet eine unterirdische Zwischenspeicherung und anschließend eine verzögerte Abgabe in den Untergrund statt. Die Abgabe erfolgt dabei über die durchlässig gestalteten Wände und den mit einer Reinigungsschicht aus Sand versehenen durchlässigen Boden. Aufgebaut sind derartige Schächte aus in DIN 4034 normierten Betonfertigteilen. Auf die Versickerungsrate, welche aufgrund des Speichervolumens des Schachtes geringer als der Zufluß liegen kann, wirken sich vor allem die Standardmaße der Brunnenringe und die Höhenlage des Grundwassers begrenzend aus. Die Schachtversickerung kommt vor allem dort zum Einsatz, wo das Niederschlagswasser kleiner Flächen (z.B. Einfamilienhäuser) versickert werden soll und hierzu wenig Fläche zur Verfügung steht oder oberflächennahe, undurchlässige Schichten umgangen werden sollen. Aber auch die Versickerung größerer Niederschlagsmengen ist möglich. Dies geschieht durch sogenannte Sickergalerien, bei denen mehrere Schächte hintereinander angeordnet werden und der Überlauf des einen Schachtes dem nächstfolgenden Schacht als Zulauf dient. Positiver Nebeneffekt solcher Galerien ist die Erhöhung der Betriebssicherheit, da bei nachlassender Versickerungsfähigkeit einzelner Schächte durch den Überlauf das System weiterhin funktionstüchtig bleibt. Der Nachteil der Sickerschächte liegt in ihrem begrenzten Schadstoffrückhalte- bzw. Abbauvermögen. Hierdurch kommt es u.U. zu punktförmigen Einträgen von Schadstoffen in das Grundwasser.

Bild 9: Schachtversickerung (Quelle: ATV (Hrsg.) "Regenwasserversickerung", ATV-Information, Juni 1997).

Kombinationen

Im Prinzip ist es möglich, fast alle der zuvor beschriebenen Verfahren miteinander zu kombinieren. Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ist dies auch häufig notwendig.

Bild 10: Absetzschacht (Quelle: W. Geiger, H. Dreiseitl, "Neue Wege für das Regenwasser", Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten", Oldenbourg Verlag, München 1995).

Vorbehandlung

Bei einem hohen Anteil an absetzbaren Stoffen im Niederschlagswasser empfiehlt sich die Vorschaltung eines Absetzschachtes. Hierdurch wird die Sickerfähigkeit eines Sickerschachtes auf Dauer gewährleistet und die Lebensdauer von Rohr- und Rigolenversickerungen (mit Verteilrohr) erhöht. Absetzbare Stoffe setzen sich durch Sedimentation ab, und durch die Tauchwand werden Schwimmstoffe zurückgehalten. In einem solchen Schacht werden allerdings, aufgrund von Turbulenzen im Sedimentationsbereich, nur gut absetzbare Stoffe zurückgehalten. Eine bessere Reinigungsleistung erhält man bei Versickerungsschächten durch den Einbau eines Filtervlieses (Geotextil, vergleiche Bild 11). Das Filtervlies besitzt ein hohes Rückhaltevermögen, welches sich mit der Einlagerung von Partikeln sogar noch erhöht. Durch den Sprengring läßt es sich zwecks Reinigung und Erneuerung einfach ein- und ausbauen.

Tabelle 5: Verschmutzungspotential und Reinigungswirkung bei Materialien für Wege und Plätze

Deckbelag

Verschmutzungs-
potential

Reinigungs-
wirkung

Gras- und Pflanzbereiche

Kein

Reinigung durch mineralischen Abbau

Schotterrasen

Kein

Rasengitter

Kein

Mit organsicher Verarbeitung

Rindenhäcksel

Kein/gering

Wassergebundene Decke

Kein

Mechanische Reinigung

Pflasterdecke

Kein

Asphalt

Gering

Keine

Quelle: W. Geiger, H. Dreiseitl, "Neue Wege für das Regenwasser", Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten, Oldenbourg Verlag, München 1995.

Bei Flächen wie z.B. Garagen und Stellplätzen, auf denen Kraftfahrzeuge betankt, gewartet oder gewaschen werden, reichen die zuvor genannten Vorbehandlungsmaßnahmen nicht aus. Bei den in diesen Bereichen in das Niederschlagswasser gelangenden Stoffen (Treibstoff, Mineralölprodukte) handelt es sich im Sinne des § 19g Abs. 5 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) um wassergefährdende Stoffe, die über Abscheider für Leichtflüssigkeit nach DIN 1999 (siehe Bild 12) zurückgehalten werden müssen. In diesen Fällen wird die Vorschaltung einer Kombination von entsprechenden Abscheidern nötig.

Tabelle 6: Beurteilung der Beschaffenheit des Niederschlagswassers

Fläche/Gebietsdefinition

Bewertung des Nieder-
schlags-
abflusses

Fuß-, Rad- und Wohnwege

unverschmutzt

Sportfreianlagen (Naturrasen-, Tennen-, Kunststoff- und Kunststoffrasenflächen sowie bitumengebundene Beläge)

Hofflächen (ohne Kfz-Verkehr) in Wohngebieten, wenn das Fahrzeugwaschen dort unzulässig ist

Dachflächen in Wohn- und Mischgebieten

Garagenzufahrten bei Einzelhausbebauung

Befestigte Flächen mit schwachem Kfz-Verkehr (fließend und ruhend), z.B. Wohnstraßen mit Park- und Stellplätzen;
Zufahrten zu Sammelgaragen; sonstige Parkplätze, soweit nicht unter "stark verschmutzt" aufgeführt

gering
verschmutzt

Einkaufsstraßen, Marktplätze, Flächen auf denen Freiluftveranstaltungen stattfinden

Zwischengemeindliche Straßenverbindungen, Wegeverbindungen

Dachflächen in Gewerbe- und Industriegebieten

Hof- und Verkehrsflächen in Mischgebieten, Gewerbe- und Industriegebieten mit geringem Kfz-Verkehr, ohne Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und ohne sonstige Beeinträchtigungen der Niederschlagswasserqualität

Landwirtschaftliche Hofflächen, soweit nicht unter "stark verschmutzt" aufgeführt

Start- und Landebahnen von Flughäfen ohne Winterbetrieb (Enteisung)

Flächen auf denen mit wassergefährdenden Stoffen i.S. des § 19g Abs. 5 WHG sowie mit Jauche und Gülle, Stalldung oder Silage umgegangen wird, z.B. Lager-, Abfüll- und Umschlagplätze für diese Stoffe

stark
verschmutzt

Flächen mit starkem Kfz-Verkehr (fließend und ruhend), z.B. Hauptverkehrs- und Fernstraßen sowie Großparkplätze als Dauerparkplätze mit häufiger Frequentierung

Hof- und Verkehrsflächen in Misch-, Gewerbe- und Industriegebieten, soweit nicht unter "gering verschmutzt" aufgeführt

Flächen mit großen Tieransammlungen, z.B. Viehhaltungsbetriebe, Reiterhöfe, Schlachthöfe, Pelztierfarmen
Start- und Landebahnen von Flughäfen im Winterbetrieb (Enteisung) sowie Flächen, auf denen eine Betankung, Enteisung oder Wäsche der Flugzeuge erfolgt

Befestigte Gleisanlagen

Verkehrsflächen von Abwasserbehandlungs- und Abfallentsorgungsanlagen, z.B. Deponiegelände, Umschlaganlagen, Kompostieranlagen, Zwischenlager

Flächen zur Lagerung und Zwischenlagerung industrieller Reststoffe und Nebenprodukte, von Recyclingmaterial, Asche

Der im Wasserhaushaltsgesetz geforderte Schutz von Grundwasser und Boden muß bei der Versickerung von Niederschlagsabflüssen gewährleistet sein. Dies setzt voraus, daß das Niederschlagswasser weitestgehend unverschmutzt ist, so daß Schadstoffe nicht in das für die Trinkwasserversorgung genutzte Grundwasser gelangen können.

Bewertung des Niederschlagswassers

Das Niederschlagswasser wird durch verschiedene Einflüsse verunreinigt. Noch bevor der Niederschlag auf die Erdoberfläche trifft, hat er sich bereits mit Schadstoffen aus der Atmosphäre angereichert. Je nach Standort, d.h. der Nähe zu Emissionsquellen wie Industrie, Gewerbe und Verkehr, vergrößert oder verkleinert sich die in der Luft befindliche Schadstoffkonzentration (siehe Beispiel Düsseldorf in Tabelle 3).

Bild 11: Geotextiler Filtersack für Versickerungsschächte (Quelle: W. Geiger, H. Dreiseitl, "Neue Wege für das Regenwasser", Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten", Oldenbourg Verlag, München 1995).

Insbesondere die hier über den Grenzwerten liegenden Konzentrationen an Blei, Kupfer und PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) sind im Sinne des Grundwasserschutzes bedenklich, wobei das hier gewählte Beispiel der Stadt Düsseldorf noch vergleichsweise geringe Belastungen aufweist. Untersuchungen der Umweltbundesämter in Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg ergaben teilweise noch höhere Belastungen mit organischen Verbindungen.

Zu einer weiteren Verunreinigung kommt es beim Auftreffen des Niederschlags. In Abhängigkeit von Standort, Art, Beschaffenheit und Nutzung der Fläche lagern sich Schadstoffe ab, die durch den Regen abgewaschen werden. Hinzu kommt die Schadstoffbelastung, die durch die Materialart der Flächenbefestigung entsteht. Werden beispielsweise Kupfer, Zink oder Blei als Dachbefestigung gewählt, bedeutet dies ein hohes Verschmutzungspotential und damit eine weitere Belastung für das Regenwasser. Eine Übersicht von Materialien und deren Verschmutzungspotential geben die Tabellen 4 und 5.

Tabelle 7: Vorgeschriebene Versickerungsverfahren in Abhängigkeit vom Verschmutzungsgrad des Niederschlagswassers

Einzusetzendes Verfahren

Kategorie

Großflächige Versickerung über die belebte Bodenzone

unverschmutzt

Flächenversickerung

Oberirdische Versickerungsanlage (Versickerungsbecken) mit mind. 20 cm starker belebter Bodenzone

Muldenversickerung

Mulden-Rigolen-Versickerung

Rigolen- und Rohrversickerung

Schachtversickerung

Großflächige Versickerung über die belebte Bodenzone

gering
verschmutzt

Flächenversickerung bei Straßen, Wegen und Plätzen

Großflächige, oberirdische Versickerungsanlage (Versickerungsbecken) mit mind. 20 cm starker belebter Bodenzone

Mulden-Rigolen-Versickerung, Rigolen- und Rohrversickerung oder Muldenversickerung mit jeweils mind. 20 cm starker belebter Bodenzone (ohne Schächte, Überläufe o.ä.)

Großflächige Versickerung über die belebte Bodenzone

stark
verschmutzt

Großflächige, oberirdische Versickerungsanlage (Versickerungsbecken) mit mind. 20 cm starker belebter Bodenzone

Mulden-Rigolen-Versickerung oder Muldenversickerung mit jeweils mind. 20 cm starker belebter Bodenzone (ohne Schächte, Überläufe o.ä.)

In obiger Tabelle ist zu beachten, daß das Niederschlagswasser der Kategorie "stark verschmutzt" nicht versickert werden darf, sondern gesammelt und einer geeigneten Behandlungsanlage zugeführt werden muß. Die dort aufgeführten Verfahren stellen lediglich Ausnahmen dar und dürfen nur eingesetzt werden, wenn das Niederschlagswasser von folgenden Flächen stammt:

- Befestigten Gleisanlagen (ohne Güterumschlag und Pestizideinsatz),
- Hauptverkehrs- und Fernstraßen außerörtlich,
- Start- und Landebahnen mit Winterbetrieb, sofern eine geeignete Vorbehandlung stattfindet.

Zusätzlich sind der Versickerung Anlagen vorzuschalten (Ölabscheider, Sedimentfang, Filterbecken), die den Schadstoffeintrag minimieren.

Wie zu erkennen ist, hängt die Verschmutzung des Niederschlags von vielen Faktoren ab. In diversen Untersuchungen wurde versucht, die Inhaltsstoffe des Niederschlages zu bestimmen, wobei sich herausstellte, daß eine Einstufung zumindest für den Planer oder Errichter von Versickerungsanlagen nicht möglich ist.

Um entscheiden zu können, welches Verfahren in NRW bei der entsprechenden Fläche zum Einsatz kommen soll, ist der Rd-Erlaß vom 23.6.98 des MURL heranzuziehen. In diesem wird unterschieden zwischen den Bereichen unbelastet (unverschmutzt), schwach belastet (gering verschmutzt) und stark belastet (stark verschmutzt). Die im Rd-Erlaß aufgeführten Erläuterungen zu den einzelnen Flächen sind in der Tabelle 6 zusammengefaßt.

Stellt man die Vorschriften zur Beseitigung des Niederschlagswassers außerhalb von Wasserschutzgebieten gemäß Rd-Erlaß in Tabellenform dar, erhält man eine Entscheidungsmatrix, die eine konkrete Arbeitshilfe darstellt (siehe Tabelle 7).

Bild 12: Leichtstoffabscheider (Quelle: W. Geiger, H. Dreiseitl, "Neue Wege für das Regenwasser", Handbuch zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser in Baugebieten", Oldenbourg Verlag, München 1995).

Bei der Wahl der Versickerungsverfahren ist zu beachten, daß diese unterschiedlich stark das Grundwasser gefährden können. Die oberirdischen Verfahren wie Flächen- und Muldenversickerung sowie die Kombinationen Mulden-Rigolen-Element und das Mulden-Rigolen-System sind dabei positiver zu bewerten als die unterirdischen Verfahren der Rohr-, Rigolen- und Schachtversickerung. Der Grund liegt darin, daß das Niederschlagswasser bei den unterirdischen Verfahren die Bodenpassage umgeht und direkt in den Untergrund geleitet wird, wohingegen bei den oberirdischen Verfahren der Boden durchsickert wird. Wichtig ist die Durchsickerung deshalb, weil in der Bodenschicht durch Reaktionen wie Fällung, Filtration, Ionenaustausch und Adsorption die Niederschlagsabflüsse gereinigt und sogar Schwermetalle (z.B. Blei) und organische Stoffe (z.B. PAK) zurückgehalten werden.

Aufgrund dieser Rückhalte- und Reinigungsfunktion des Bodens sollten aus Grundwasserschutzgründen, wenn flächenmäßig möglich, vorzugsweise Versickerungsverfahren eingesetzt werden, bei denen der Niederschlagsabfluß durch die belebte, bewachsene Bodenzone in den Untergrund versickert.

Dementsprechend findet im Rd-Erlaß eine Einteilung der Verfahren nach dem von diesen ausgehenden Gefährdungspotential statt. So geht von der Schacht-, Rohr- und Rigolenversickerung eine größere Gefahr aus als von der Mulden- oder Flächenversickerung, weshalb letztere auch vorzugsweise anzuwenden sind. Die Schachtversickerung stellt hier einen besonderen Fall dar. Sie ist zwar grundsätzlich bei der Versickerung von unverschmutztem Niederschlagswasser erlaubt, sollte aber zum Schutz des Grundwassers nur eingesetzt werden, wenn alle anderen Methoden ausscheiden. Mit Blick auf die hohen im Niederschlagswasser gemessenen Schadstoffkonzentrationen an Blei, Kupfer und PAK (hier für Düsseldorf) ist dies auch gerechtfertigt, da der Sickerschacht hinsichtlich seiner Schadstoffrückhalteeigenschaften nicht mit einer belebten Bodenschicht vergleichbar ist. Vielmehr stellt er eine punktförmige, mögliche Eintragsquelle für Schadstoffe in das Grundwasser dar.

Fortsetzung folgt


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