IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/1999, Seite 105 ff.


RECHT-ECK


Verkürzte Verjährungsfrist nach §13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B

Die verkürzte Verjährung für maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagen bzw. Teile solcher Anlagen

RA Friedrich-W. Stohlmann Teil 2

Im Fall 1, Heft 19 IKZ-HAUSTECHNIK wurde die verkürzte Verjährung für maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagen dargestellt und zwar insbesondere bezogen auf die Wartungsproblematik. Im weiteren Teil soll auf die Frage eingegangen werden, ob § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B auch dann gilt, wenn in den Bauverträgen - wie das vielfach in der Praxis zu finden ist - eine Verlängerung der Verjährung auf 5 Jahre nach BGB vorgesehen ist."

Zeitverzögerte Beauftragung der Wartung

Entschließt sich der Auftraggeber (zunächst), keinen Wartungsvertrag mit dem Auftragnehmer zu schließen, verkürzt sich die Gewährleistung auf ein Jahr. Fraglich ist jedoch, wie bei einem Meinungswandel des Auftraggebers zu verfahren ist. Während im Bauvertrag zunächst keine Wartung vorgesehen ist, entschließt sich der Auftraggeber - gegebenenfalls sogar erst nach Abnahme, als er die Wartungsintensität einschließlich der Mangelanfälligkeit der Anlagenteile erkennt - zur Erhaltung seiner Gewährleistung, dem Auftragnehmer die Wartung nachträglich zu übertragen. Hier streiten inzwischen die Gelehrten, ob es dann zu einer Gewährleistung von zwei Jahren kommt, oder ob es endgültig bei einer einjährigen Gewährleistung für diese maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Teile bleibt.

Verlängerung der Gewährleistung auf fünf Jahre

Viele Bauverträge sehen eine über die VOB-Regelverjährung von zwei Jahren hinausgehende längere Gewährleistung von - wie heute sehr häufig vorzufinden - fünf Jahren vor. Bei einer Nichtübertragung der Wartung stellt sich hier die Frage, ob sich die Gewährleistungsfrist bei maschinellen und/oder elektrotechnischen/elektronischen Anlagen oder Teilen davon entsprechend § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B neuer Fassung gleichwohl verkürzt. Einige Baujuristen verneinen dies und argumentieren, die Verlängerung auf fünf Jahre gelte dann für alle Leistungsteile. Diese Auffassung ist höchst fraglich. Richtig ist zunächst, daß einer ausdrücklichen Individualvereinbarung Priorität zukommt. Problematisch sind allerdings schon die Fälle, in denen die Parteien ausschließlich an die Verlängerung der Regelverjährung, nicht aber an die jetzt neu geregelten Verjährungsfristen bei maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen gedacht haben.

Hier dürfte vielfach unklar sein, ob eine solche Individualvereinbarung der Vertragsparteien überhaupt die maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen mit umfaßt. Im Ergebnis dürfte zumindestens bei einer AGB-Klausel einiges dafür sprechen, daß bei einer Verlängerung der Regelverjährung von zwei auf fünf Jahre ohne besondere weitere Vereinbarungen zu den maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B anwendbar bleibt. Sinn und Zweck der Neuregelung ist es unter anderem, dem Auftragnehmer eine Haftung für Gewährleistungsschäden an den vorbezeichneten wartungsintensiven Anlagenteilen nach einem bestimmten Zeitraum nur dann aufzuerlegen, wenn er wenigstens die Möglichkeit hatte, Einfluß auf eine der Hauptschadensursachen (mangelhafte oder gar nicht durchgeführte Wartung) zu nehmen. Insoweit trägt § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B dem Ausgangsproblem Rechnung, daß gerade der Zeitablauf nach Abnahme von Tag zu Tag die Schadensanfälligkeit der wartungsintensiven Teile erhöht. Wenn aber nach der VOB/B schon eine Verkürzung der Verjährung auf ein Jahr angezeigt ist bei einer ansonsten geltenden zweijährigen Verjährungsfrist, muß dies im Ergebnis erst recht gelten, wenn die Gewährleistungsfrist fünf Jahre beträgt. Dies liegt auf der Hand, da sich in einer fünfjährigen Gewährleistungsphase mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem bei wartungsintensiven Teilen fast alle Risiken in einem Mangel niederschlagen werden, wenn diese Teile nicht oder nicht ordnungsgemäß gewartet werden. Daher ist es mehr als gerechtfertigt, daß die Gewährleistungsfrist nach Sinn und Zweck der Regelung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B auch oder gerade dann auf ein Jahr begrenzt wird, wenn die Parteien im Bauvertrag die allgemeine Gewährleistungsfrist auf fünf Jahre verlängert haben. Aus Sicht des Auftraggebers heißt das: Es bestehen keine Bedenken, dem Auftragnehmer eine fünfjährige Gewährleistung aufzuerlegen. Soll diese verlängerte Gewährleistung aber auch für die maschinellen, elektrotechnischen/elektronischen Anlagen gelten, muß er - ähnlich wie bei der Regelgewährleistung - einen Wartungsvertrag abschließen. Anderenfalls verkürzt sich die Verjährung auf diese Teile auf ein Jahr.

Von der genannten Fallgestaltung zu unterscheiden ist die Lage, wenn die Parteien mit einer Individualvereinbarung oder mit AGB nicht nur die Regelverjährung, sondern ausdrücklich auch die Verjährung von Leistungen an maschinellen und elektronischen/elektrotechnischen Anlagen oder Teilen davon ohne Wartungsvertrag abweichend von § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B auf fünf Jahre verlängert haben.

Eine solche Vereinbarung hat immerhin den Vorteil, daß sie die soeben oben geschilderten Unsicherheiten beseitigt. Wirksam dürfte eine solche einheitliche Verlängerung der Verjährungsfristen gleichfalls sein, wobei allerdings zweifelhaft ist, ob der in § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B enthaltene Vereinbarungsvorbehalt auch für die in Absatz 2 geregelten Anlagenteile gilt. Eine Gefahr bei der verlängerten Gewährleistung für Bauleistungen an maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen ohne Wartungsvertrag droht jedoch von anderer Seite. Wird nämlich von dieser Regelung abgewichen, dann droht zu Lasten des Verwenders einer solchen Vertragsbestimmung, daß allein durch die beabsichtigte Verlängerung der Verjährung für diese wartungsintensiven Anlagenteile ein Eingriff in die VOB als Ganzes gegeben sein könnte. Auf die damit verbundenen weiterreichenden nachteilhaften Folgen für die Auftraggeberseite wurde schon mehrfach an verschiedensten Stellen hingewiesen. Die gesamten AGB des Auftraggebers unterliegen dann gegebenenfalls der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes mit allen aus der Rechtsprechung bekannten Folgen, daß nämlich verschiedenste andere VOB-Bestimmungen dann möglicherweise unwirksam sind.

Wartung als Einflußfaktor auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit

Wurde nach vorstehenden Erläuterungen die Wartung nicht übertragen, führt dies nach § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B allein noch nicht zur Verkürzung der Gewährleistungsfrist. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, daß die Wartung überhaupt "Einfluß auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit" der betreffenden Anlagenteile hat. Andere Gesichtspunkte für die Übertragung der Wartung, z.B. optische Gründe bleiben demnach außer Betracht. Im übrigen wird die Gewährleistung für diese Anlagenteile bereits auf ein Jahr verkürzt, wenn eine Wartung zumindest einen hypothetischen Einfluß auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit dieser Anlagenteile hat. Alternativ käme zwar in Betracht, daß die Gewährleistungsfrist nur für solche Schäden ausgeschlossen ist, die nach Jahresfrist aufgetreten sind und die durch einen Wartungsvertrag konkret hätten vermieden werden können. Der Wortlaut des neu eingeführten § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B spricht jedoch eindeutig für die erste abstrakte Alternative, wonach die Gewährleistungsfrist allgemein - unabhängig von einem späteren Schaden - verkürzt wird: Anderenfalls trüge der Auftragnehmer für jeden Schaden nach Jahresfrist die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß konkret dieser Schaden durch einen Wartungsvertrag hätte verhindert werden können - ein Streitpunkt, der durch die Neuregelung gerade vermieden werden soll.

Schadensfall

Tritt innerhalb der Gewährleistungsfrist ein Schaden auf und besteht neben dem Bau- ein eigenständiger Wartungsvertrag, soll dies nach Auffassung einiger Baujuristen zu Lasten des Auftragnehmers, nämlich zu einem Einwendungsausschluß führen. Der sonst beachtliche Einwand, daß das Werk nicht ordnungsgemäß gepflegt oder gewartet worden sei und dies die Ursache für den Mangel bilde, ziehe dann nicht. Diese Schlußfolgerung ist insoweit richtig, als dem Auftragnehmer gerade das Entlastungsargument einer vom Auftraggeber fehlerhaft bzw. nicht durchgeführten Wartung abgeschnitten wird. Ungeachtet dessen sollte jedoch nicht aus den Augen verloren werden, daß der Abschluß eines Wartungsvertrages nach § 13 Nr. 4 VOB/B zunächst nur über die Dauer der Gewährleistung entscheidet, d.h.: Selbst bei einem Wartungsvertrag kann und wird es bei einem Schadensfall auch in Zukunft sehr wohl darauf ankommen, ob ein Gewährleistungsschaden oder eine mangelhafte Wartung vorliegt. Offensichtlich wird dies, wenn der Wartungsvertrag im Einverständnis mit dem Auftragnehmer an einen Dritten vergeben wurde. Hier spielt aus der Sicht der Beteiligten - wie stets bei Einschaltung eines Drittunternehmers - eine wichtige Rolle, wer den konkret eingetretenen Schaden verursacht hat. Ein Einwendungsausschluß führt hier hingegen nicht weiter: Trotz der in diesem Fall verlängerten Gewährleistung muß der Auftraggeber die Schadensursache (Herstellungsfehler oder Wartungsmangel) selbst aufspüren und nachweisen - eine Konfliktlage, die stets besteht, wenn er mehrere Auftragnehmer an einer Baumaßnahme beteiligt.

Selbst wenn man eine Drittvergabe des Wartungsvertrages zur Verlängerung der Gewährleistung ablehnt, wird gleichwohl häufig zwischen Herstellungsschaden und Wartungsmangel zu unterscheiden sein. Dies liegt bereits auf der Hand, wenn der Auftragnehmer einen Subunternehmer mit der Herstellung und/oder Wartung beauftragt hat. Der Verweis auf einen Einwendungsausschluß reicht hier nicht aus. Statt dessen ist vor allem in diesem Falle zwischen Herstellungs- und Wartungsmangel zu unterscheiden: Anderenfalls hätte der Auftragnehmer größte Schwierigkeiten, Schäden hierzu an seine Subunternehmer (etwa in einem gerichtlichen Verfahren durch Streitverkündung) weiterzureichen. Umgekehrt muß auch der Auftraggeber ein elementares Interesse an der eindeutigen Klärung der Schadensursache haben.

Zusammenfassung

Die Neuregelung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B ist, auch wenn Fragen offen bleiben, dem Grunde nach zu begrüßen. Sie löst praxisnah einen wesentlichen Konflikt bei der Abwicklung von Gewährleistungsmängeln bei maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagenteilen. Wird einem Auftragnehmer nicht die Wartung übertragen, verkürzt sich die Gewährleistungsfrist für diese Anlagenteile auf ein Jahr. Diese Verkürzung gilt auch dann, wenn die Gewährleistung für die übrigen Bauleistungen in dem Vertrag auf fünf Jahre verlängert wurde. Soll diese Verlängerung allerdings gleichzeitig für Bauleistungen an den maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen (Teilen) gelten, ohne die Wartung zu übertragen, droht allein hierdurch ein Eingriff in die VOB als Ganzes mit den bekannten Folgen der umfassenden AGB-Kontrolle der gesamten VOB/B. Dasselbe gilt, wenn die VOB/B zwar als Ganzes unter alleiniger Abbedingung des neu eingeführten § 13 Nr. 4 VOB/B vereinbart wird. Im übrigen hat es der Bauherr einseitig in der Hand, sich die volle Regelgewährleistungsfrist dadurch zu erhalten, daß er die Wartung auch noch nach Vertragsabschluß als zusätzliche Leistung im Sinne des § 1 Nr. 4 S. 1 VOB/B an den Unternehmer überträgt. Soweit Einvernehmen zwischen den Parteien besteht, kann zur Erhaltung der Regelgewährleistung sogar ein Dritter mit der Wartung beauftragt werden.

Schließlich und endlich wird allerdings erst die höchstrichterliche Rechtsprechung den angesprochenen Problemkreis einer Lösung zuführen, die dann in berühmten Nachschlagewerken des Bundesgerichtshofes ihren Niederschlag findet.


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